Byrne & Balzano 3: Lunatic
erfahren. Es kam häufiger vor, als es in der Öffentlichkeit bekannt war.
»Der zweite Grund ist – und es tut mir leid, das sagen zu müssen –, dass kürzlich aus diesem Büro Informationen den Medien zugetragen wurden. Ich will nicht, dass Gerüchte in Umlauf gesetzt werden oder Panik entsteht«, erklärte Buchanan. »Die Bevölkerung soll vorläufig nicht erfahren, dass wir es mit einem zwanghaften Killer zu tun haben. Im Augenblick glauben die Medien, dass wir zwei ungelöste Mordfälle haben, zwischen denen eine Verbindung bestehen kann oder auch nicht. Wir sollten versuchen, sie eine Zeitlang in dem Glauben zu lassen.«
Das Verhältnis zu den Medien war stets ein schwieriger Balanceakt. Es gab viele Gründe, Presse, Radio und Fernsehen nicht zu viele Informationen zu geben, denn Informationen verwandelten sich schnell in Fehlinformationen. Wenn die Medien verbreiteten, dass ein Serienmörder durch Philadelphia spazierte, konnte dies zu unberechenbaren und zumeist negativen Reaktionen führen. Dazu gehörte auch die Möglichkeit, dass ein Killer die Morde nachahmte und die Chance ergriff, sich einer Schwiegermutter, eines Ehemannes, einer Ehefrau, eines Freundes oder eines Chefs zu entledigen. Andererseits war es schon häufig vorgekommen, dass die Presse und die Fernsehsender für die Polizeibehörde ein Phantombild veröffentlicht hatten und der Täter daraufhin binnen weniger Tage oder sogar Stunden geschnappt wurde.
An diesem Morgen, dem Tag nach Weihnachten, hatte die Polizei noch keine Details über das zweite Opfer bekannt gegeben.
»Was haben wir über die Identität des Opfers in Shawmont herausgefunden?«, fragte Buchanan.
»Ihr Name ist Tara Grendel«, sagte Bontrager. »Sie konnte anhand ihres Kfz-Kennzeichens identifiziert werden. Ihr Wagen wurde in einem Parkhaus in der Walnut gefunden. Er stand nur noch halb in der Parkbucht. Wir wissen nicht, ob sie von dort entführt wurde, aber es sieht so aus.«
»Was hat sie in dem Parkhaus gemacht? Hat sie in der Nähe gearbeitet?«
»Sie war Schauspielerin und ist unter dem Namen Tara Lynn Greene aufgetreten. An dem Tag, als sie vermisst wurde, hat sie im Theater vorgesprochen.«
»In welchem Theater?«
»Im Walnut Street Theater«, sagte Bontrager. Er blätterte in seinen Notizen. »Sie verließ das Theater gegen dreizehn Uhr. Der Parkwächter hat ausgesagt, dass sie das Parkhaus gegen zehn nach eins betreten habe und die Treppe ins Untergeschoss hinuntergestiegen sei.«
»Sind in dem Parkhaus Überwachungskameras installiert?«
»Ja, aber es wurde nichts aufgezeichnet.«
Für die Ermittler war es eine niederschmetternde Erkenntnis, dass auf Tara Grendels Unterleib ebenfalls ein »Mond« gezeichnet war. Das Labor arbeitete an der DNA-Analyse, um festzustellen, ob Blut und Sperma mit dem auf Kristina Jakos’ Leichnam identisch waren.
»Wir haben Taras Bild im Stiletto herumgezeigt und es Natalya Jakos vorgelegt«, sagte Byrne. »Tara hat in dem Club nicht als Tänzerin gearbeitet. Natalya kennt sie nicht. Wenn es zwischen ihr und Kristina Jakos eine Verbindung gibt, dann nicht über den Job.«
»Was ist mit Taras Familie?«
»Hier in der Stadt hat sie niemanden. Der Vater ist verstorben, die Mutter lebt in Indiana«, sagte Bontrager. »Sie wurde benachrichtigt. Sie kommt morgen mit dem Flugzeug.«
»Was haben wir an den Tatorten gefunden?«, fragte Buchanan.
»Nicht viel«, sagte Byrne. »Keine Fußabdrücke und keine Reifenspuren.«
»Und die Kleidung?«, fragte Buchanan.
Die Detectives waren sich einig, dass der Mörder seinen Opfern die Kleider anzog. »Beides Kleider von Anno dazumal«, sagte Jessica.
»Könnten sie aus Billigläden stammen?«
»Könnte sein«, sagte Jessica. Sie hatten eine Liste von mehr als hundert Secondhand- und Billigläden erstellt. Leider wechselten sowohl das Sortiment als auch das Personal in diesen Läden sehr schnell. Zudem führte keines der Geschäfte genaue Listen der Waren, die dort abgegeben und verkauft wurden. Sie würden sich die Hacken ablaufen müssen, um an Informationen zu kommen.
»Warum gerade diese Kleider?«, fragte Buchanan. »Stammen sie aus einem Schauspiel? Einem Film? Von einem berühmten Gemälde?«
»Wir arbeiten daran, Chef.«
»Verschaffen Sie mir einen Überblick«, sagte Buchanan.
Jessica begann als Erste. »Zwei Opfer, in beiden Fällen weiße Frauen in den Zwanzigern, beide erdrosselt, beide am Ufer des Schuylkill in Pose gesetzt. Beide Opfer hatten eine Zeichnung
Weitere Kostenlose Bücher