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Byrne & Balzano 4: Septagon

Titel: Byrne & Balzano 4: Septagon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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aber in einem dunklen, kalten Flügel auf Faerwood ein.
    Die Ermittler gingen davon aus, dass Karl Swann Faerwood danach nie wieder verließ. Er verbrachte die letzten zwanzig Jahre größtenteils in dem Zimmer im zweiten Stock. Offenbar kochte sein Sohn für ihn, pflegte ihn, wusch ihn, machte ihn sauber. Manchmal führte sein Geisteszustand Karl Swann in die Fünfzigerjahre zurück. Sein Dahinvegetieren wurde hin und wieder durch Gespräche unterbrochen, die sein Sohn mit ihm führte. Im Fernsehen verfolgte er alles, was sich unten auf Josephs geheimer Bühne abspielte.
    Ebenso wie Eve Galvez von der Aufklärung des Mordes an Caitlin O’Riordan besessen war, war Joseph Swann besessen von den Facetten seines Wahnsinns – Magie, Puzzles und die dunkle Geschichte von Faerwood.
    In den Tagen nach dem verheerenden Brand entdeckten die Ermittler die sterblichen Überreste sechs weiterer Opfer auf dem Grundstück des Herrenhauses. Bisher war keines von ihnen identifiziert. Alle waren in bunten Kisten vergraben worden.
    Brandsachverständige berichteten, dass das Feuer, das sich in dem alten Gebälk ohnehin wahnsinnig schnell ausbreitete, durch die Explosion des kleinen Ölofens im Keller zusätzlich angefacht wurde.
    Joseph Swanns verkohlter Leichnam wurde im Ostflügel auf dem Dachboden gefunden. Offenbar wollte er sich erhängen, doch der Gerichtsmediziner vermutete, dass das Feuer ihn vorher überrascht hatte.
    Sein Vater, Karl Martin Swann, Great Cygne – der große Zauberkünstler –, wurde in seinem Zimmer im zweiten Stock tot aufgefunden.
    In der Hand hielt er einen wunderschönen Zauberstab aus Mahagoni.

108.
    S IE VERLIESSEN DEN F RIEDHOF gegen Mittag. An Eve Galvez’ Beerdigung hatten nur Familienangehörige und Kollegen teilgenommen. Ihre Familie war klein, doch aus dem Büro des Bezirksstaatsanwalts waren fast einhundert Personen gekommen.
    Jessica und Graciella standen am Flussufer. Es war erst Anfang September, doch die Luft kündigte bereits den nahenden Herbst an.
    »Haben Sie Ihre Mutter gut gekannt?«, fragte Graciella.
    »Nein«, erwiderte Jessica. »Sie starb, als ich fünf Jahre alt war.«
    »Fünf? Wow, da waren Sie aber noch sehr klein.«
    »Ja.«
    Graciella schaute auf den Fluss. »Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Mutter? Woran erinnern Sie sich besonders?«
    Jessica dachte kurz nach. »Ich glaube, an ihre Stimme. Sie hat immer gesungen. Daran erinnere ich mich.«
    »Was hat sie gesungen?«
    »Alles Mögliche. Alles, was gerade im Radio gespielt wurde.« Jessica wurde schwer ums Herz, als sie daran dachte.
    »Ich erinnere mich an die Handschrift meiner Mutter«, sagte Graciella. »Sie hat mir immer Pakete geschickt. Zum Geburtstag, zu Weihnachten und zu Ostern. Ich habe die Pakete nie geöffnet. Ich war schrecklich wütend auf sie. Ich kannte sie nicht mal, aber ich habe sie gehasst. Bis zu der Nacht, als sie mich anrief und mir alles erklärte. Sie war sechzehn, als ich geboren wurde. Ich bin auch sechzehn. Puh, ich kann mir das gar nicht vorstellen.«
    Jessica erinnerte sich an die Bilder in dem Fotowürfel in Eves Wohnung – das Foto aus Eves Highschoolzeit, auf dem sie ein wenig pummelig aussah. Sie war kein Pummel gewesen, sondern schwanger.
    »Als ich in jener Nacht nach dem Gespräch mit meiner Mutter aufgelegt hatte, habe ich alle Pakete geöffnet, die ich von ihr bekommen hatte. Das hier hat sie mir auch geschickt.« Graciella zeigte Jessica eine hübsche Kette mit einem silbernen Anhänger, einem Engel.
    »Das ist sehr schön.«
    »Danke.« Graciella zog sich die Kette über den Kopf und legte den Engel genau auf ihr Herz. Dann schaute sie einen Moment auf den Fluss und in Richtung Camden. »Könnten Sie mich vielleicht wohin fahren?«
    »Klar«, sagte Jessica. »Wohin du willst.«
    »Ich würde mir gerne den Ort ansehen, wo meine Mutter gefunden wurde.«
    Jessica warf der jungen Frau einen Blick zu. Sie schien in den letzten Tagen gereift zu sein. Ihr Haar war gekämmt und ihre Haut makellos sauber. Sie trug ein weißes Baumwollkleid. Graciella hatte Jessica erzählt, dass sie seit Jahren nur schwarze Kleidung getragen habe und nie mehr Schwarz tragen wolle. Sie hatte bei der Polizei eine umfassende Aussage gemacht über die letzten Augenblicke, die sie auf Faerwood verbracht hatte. Doch sie konnte sich nicht erinnern, was passiert war, nachdem sie die Bühne betreten und den Feuerkäfig erblickt hatte. Die gesamte Videoanlage war von den Flammen vernichtet worden. Es gab

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