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Byrne & Balzano 4: Septagon

Titel: Byrne & Balzano 4: Septagon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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gab es überall kleine Gedenkstätten für Verstorbene. Einige bestanden nur aus der mit Farbspray aufgesprühten Abkürzung »RIP«, Ruhe in Frieden, über dem Namen oder Spitznamen des Opfers. Andere waren kunstvoll angefertigte Porträts, oft in wohlwollender Pose, manchmal mit dem Symbol einer Straßengang, manchmal in zwei- oder dreifacher Vergrößerung. Fast alle diese Porträts ehrten Opfer von Gewaltverbrechen, die in den Straßen Phillies verübt worden waren.
    Die kleine Gedenkstätte, vor der Jessica und Byrne nun standen, war einem Kind gewidmet. In einer Nische des Eingangs stand ein kleiner, verschrammter Nachttisch, der mit Teddybären, Kaninchen, Enten und Vögeln aus Plüsch überhäuft war. Jessica wunderte sich immer wieder, dass man an Gedenkstätten in den Straßen Nord-Philadelphias Gegenstände ablegen konnte, die täglich im Wal-Mart und bei Rite Aid geklaut wurden. Aus einer Gedenkstätte wurden sie nie geklaut. Gedenkstätten waren heilig.
    Ein Stück Sperrholz war über die Tür genagelt und mit den Worten Descanse en Paz bemalt. Ruhe in Frieden. Die Wand links von der Tür zierte ein hübsches, mit einer Spritzpistole angefertigtes Porträt eines lächelnden spanischen Mädchens. Silberne Weihnachtsgirlanden umrahmten das Bild. Darunter stand eine rote Saftkaraffe aus Plastik, die mit verstaubten seidenen Tulpen gefüllt war. Über dem Kopf des Mädchens stand:
    Florita Delia Ramos, 2004 – 2008
    Vier Jahre alt, dachte Jessica. Wenn die Stadt nicht einschritt und die Wand überstrich – was eher unwahrscheinlich war, denn die Gedenkstätte war das einzig Hübsche in diesem heruntergekommenen Häuserblock –, würde das Bild viel länger existieren als die Person, die es zeigte.
    Byrne hatte die Hände in die Hosentaschen gesteckt und schaute in die andere Richtung. Jessica verstand es. Manchmal musste man den Blick abwenden.
    Ruhe in Frieden, Florita.
    Zwanzig Minuten später betrat Byrne mit vier uniformierten Polizisten das Gebäude, um es systematisch zu durchsuchen. Währenddessen überquerte Jessica die Straße und kaufte in einem Coffeeshop sechs Becher starken Kaffee. Als Byrne wieder aus dem Gebäude kam, reichte Jessica ihm einen Kaffee. Die anderen fanden ihre Becher und die einzeln verpackten Gebäckstücke auf der Motorhaube des Streifenwagens.
    »Was gefunden?«, fragte Jessica.
    Byrne nickte. »Ja, ein ganzes Haus voll Müll.«
    »Irgendwas, das wir uns ansehen müssen?«
    Byrne überlegte kurz und trank einen Schluck Kaffee. »Wahrscheinlich.«
    Jessica dachte über die Verkettung der Ereignisse und die Problematik nach. Sie standen vor einem Dilemma: Sollte man Beamte von anderen Ermittlungen abziehen, um in einem Haus nach der Stecknadel im Heuhaufen zu suchen? Jagten sie ein Phantom, oder gab es tatsächlich eine Verbindung zwischen diesem Haus und dem Mord an Caitlin O’Riordan?
    Mein Name ist Jeremia Crosley.
    »Was meinst du, Detective?«, fragte Byrne.
    Jessica hob den Blick zum zweiten Stock. Sie dachte an die tote Caitlin, die sie in einem Haus gefunden hatten, das sich nicht allzu sehr von diesem hier unterschied. Sie dachte an das Herz in dem Glasgefäß. Sie dachte an all das Böse, das sie schon gesehen hatte und das immer an einen Ort ewiger Dunkelheit führte. Einen Ort wie diesen.
    Trügerisch ist das Herz, mehr als alles, und unheilbar ist es.
    Sie riefen die Spurensicherung.
    Als Byrne eine Stunde später ins Roundhouse zurückkehrte, um das Foto des dunkelhaarigen Mädchens mit den jüngsten Vermisstenmeldungen zu vergleichen, stand Jessica im stickigen Eingang des Hauses in der Shiloh Street und schaute in die Küche.
    Byrne hatte nicht übertrieben. Das Haus glich einer Müllkippe. In den drei kleinen Zimmern im ersten Stock wie auch in den Ecken des Badezimmers, des Esszimmers und der Küche, in der sich volle Mülltüten stapelten, lagen Abfälle und Gerümpel.
    Seltsamerweise war das Erdgeschoss fast leer. Hier gab es nur ein paar Kisten und einen verschimmelten unechten Perser auf dem Boden, vielleicht ein Versuch in den Achtzigern, sich in gehobenem Stil einzurichten. Jessica machte von jedem Zimmer Aufnahmen.
    Im Haus gab es zehntausend Fliegen, vielleicht noch mehr. Das Summen im Hintergrund konnte einen schier verrückt machen. Jessica, die nur damit beschäftigt war, die Fliegen zu verscheuchen, konnte kaum einen klaren Gedanken fassen. Allmählich glaubte sie, dass die Durchsuchung des Hauses eine völlig sinnlose Aktion war.
    »Detective

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