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Byrne & Balzano 4: Septagon

Titel: Byrne & Balzano 4: Septagon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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dass dieser Ausdruck übersetzt »stolzer Vogel« hieß und dass es sich offenbar um ein Wortspiel mit seinem Nachnamen handelte. Vielleicht war es auch eine Anspielung auf seine Potenz – das hatte er jedenfalls gehofft.
    Swann war gewandt, ohne sportlich zu sein, und viel kräftiger, als man es zunächst vermutet hätte. Meist trug er gut geschnittene, klassische Garderobe, und seine Schuhe waren stets sorgfältig geputzt. In der Öffentlichkeit sah man ihn selten ohne Krawatte, wenn er nicht gerade auf der Jagd war. Dann bereitete es ihm keine Schwierigkeiten, völlig mit der Umgebung zu verschmelzen. Diese Begabung nutzte er auch oft, wenn er als Städter, Gentleman vom Lande, mitternächtlicher Jogger oder spießiger Vater auftrat. Er hatte allen sechzehn kleinen Zimmern seines Hauses eine andere Rolle zugeteilt.
    An diesem Abend war es auf Faerwood unheimlich still. Im Augenblick.
    Um zwanzig Uhr bereitete er sich ein bescheidenes Essen zu: Schweinekotelett mit geschmortem Butternusskürbis und frischem Mango-Chutney. Er überlegte kurz, ob er eine Flasche Wein öffnen sollte, entschied sich dann aber dagegen. Er hatte noch viel zu tun.
    Zum Dessert gönnte er sich ein kleines Stück einer köstlichen Schokoladencremetorte, das er sich aus einer Laune heraus in einer Pâtisserie in der Siebzehnten Straße gekauft hatte.
    Als Swann genüsslich den Kuchen aß, dachte er an Katja. Sie sah krank aus. Natürlich ernährte er sie sehr gut, badete sie, rieb ihre Haut mit der feinsten Lotion ein, die es zu kaufen gab, und erfüllte alle ihre Bedürfnisse. Und doch sah sie blass, resigniert und älter aus.
    Als er den Kuchen verspeist hatte, durchquerte er den großen Raum und betrat die Küche, um den Teller mit der Gabel in die Spüle zu stellen. Anschließend ging er ins Wohnzimmer zurück. Swann wählte eine LP aus dem Regal aus und legte die Nadel behutsam auf die Platte. Kurz darauf erklang Figaros Hochzeit von Mozart. Wenn Veränderungen bevorstanden, spielte er stets die Arie Dove Sono . Dieser Musik haftet etwas von einer Wiedergeburt an, fand Swann, einer Wiedergeburt der Seele.
    Ehe er die Treppe erreichte, dröhnte die Stimme tief aus seinem Inneren.
    »Joseph.«
    Swann blieb stehen. Eine Gänsehaut überlief ihn. »Sir?«
    »Wo sitzt der Effekt, Joseph?«
    »Der Effekt sitzt im Kopf, Sir.«
    »Und die Methode?«
    Einen qualvollen Augenblick lang erinnerte Swann sich nicht an die Antwort. Es war ein einfacher Wortwechsel, der so alt war wie seine Fähigkeit zu sprechen.
    »Joseph?«
    Dann fiel es ihm ein. »Die Methode sitzt in der Seele.«
    Kurz darauf kehrte Swann in die Wirklichkeit zurück und überprüfte den Sitz seiner Frisur und den Knoten der Krawatte. Er wartete ein paar Sekunden und stieg dann die Treppe hinauf, wobei er auf jeder Stufe kurz zögerte. Als er den ersten Stock erreicht hatte, lief er den Gang hinunter, zog den Schlüssel aus der Westentasche und schloss die Tür zu Katjas Zimmer auf.
    Sie saß auf dem Bett und starrte durch das vergitterte Fenster. Ihre dünnen Beine baumelten in der Luft. Sie wurde immer blasser. Ihre Augen blickten ausdruckslos und leer; ihre Handgelenke und Arme waren nur noch Haut und Knochen. Sie trug ein Nachthemd in einem zarten Blau. Ihre Füße waren nackt.
    Swann betrat das Zimmer und schloss die Tür hinter sich ab.
    »Guten Abend, meine Liebe«, sagte er.
    Sie wandte ihm langsam den Kopf zu, öffnete ihre trockenen Lippen, sagte aber nichts.
    Swann schaute auf das Tablett, das auf der Frisierkommode stand. Er hatte Katja zu Mittag ein Salisbury-Steak mit grünen Erbsen und frischem Kartoffelpüree zubereitet. Vor ein paar Wochen hatte sie ihm gesagt, sie äße besonders gerne Kartoffelpüree. Katja hasste Leute, die wie Hungerleider aussahen.
    Und nun hatte sie das Essen nicht angerührt.
    »Du hast nichts gegessen«, sagte Swann.
    Einen Augenblick starrte Katja ihn an, als würde sie ihn nicht erkennen. Er glaubte schon, sie habe nicht einmal gehört, was er gesagt hatte – zum Ende hin war es oft so. Der verschwommene Blick, das beschmutzte Betttuch, das Stottern. Dann aber sagte sie mit kraftloser Stimme: »Ich will nach Hause.«
    »Nach Hause?« Swann versuchte, einen so unschuldigen Tonfall wie möglich anzuschlagen, als käme ihr Wunsch wie aus heiterem Himmel für ihn. »Was willst du denn zu Hause?«
    Katja starrte ihn an, schaute durch ihn hindurch. Ihr Gesicht war vollkommen ausdruckslos. »Es ist ... es ist wegen ...«
    Er setzte sich neben

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