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Byrne & Balzano 4: Septagon

Titel: Byrne & Balzano 4: Septagon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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liebsten einen Faustschlag verpasst. Er zwang sie, immer wieder nachzuhaken. Vielleicht war das die Strafe für ihre Fragerei. »Und was heißt das genau?«
    »Das Wie, Wo und Was. Ich habe ihm die Wahrheit gesagt, Jessica. Ich hatte seit Monaten keinen Kontakt mehr zu Eve Galvez.«
    »Hat Cahill dich nach deinen Vermutungen gefragt, als du mit ihm gesprochen hast?«
    »Ja. Ich habe ihm von meiner Befürchtung erzählt, dass Eve möglicherweise nicht mit ihrem Leben klargekommen sei. Ich weiß, dass sie zu viel getrunken hat. Ich glaube aber nicht, dass sie ernsthafte Alkoholprobleme hatte. Außerdem hatte ich selbst oft genug die Hucke voll. Ich habe nicht das Recht, mir ein Urteil darüber zu erlauben.«
    »Wie kommt es, dass ich nichts von alledem weiß?«, fragte Jessica. »Ich wusste, dass eine Ermittlerin des Staatsanwalts vermisst wurde, aber ich hatte keine Ahnung, dass du sie gekannt hast. Ich wusste auch nicht, dass du befragt worden bist. Warum hast du mir das nicht gesagt?« Jessica hoffte, dass es nicht wie ein Vorwurf klang. Andererseits war es ihr egal. Sie hatte eine Verpflichtung.
    Byrne schwieg fast eine volle Minute. »Ich weiß nicht. Es tut mir leid, Jess.«
    »Okay«, sagte Jessica, anstatt ihm eine passende Antwort zu geben. Sie überlegte, welche Fragen sie ihm noch stellen konnte. Ihr fiel keine ein. Wahrscheinlich war es sowieso besser, das Verhör an dieser Stelle abzubrechen. Jessica gefiel nicht, in welcher Lage sie sich befand. Mein Gott – sie hatte fast alles, was man in ihrem Job wissen musste, von Kevin Byrne gelernt, und jetzt brachte sie ihn in Verlegenheit.
    In diesem Augenblick verließen zwei Polizisten das Büro und steuerten auf die Aufzüge zu. Sie warfen Jessica und Byrne einen kurzen Blick zu, murmelten »guten Morgen« und gingen weiter. Sie wussten, warum die beiden auf dem Gang standen.
    »Wir reden nachher weiter, okay?«, sagte Jessica.
    »Ich habe heute einen halben Tag frei, schon vergessen?«
    Sie hatte es tatsächlich vergessen. Byrne hatte vorgestern um diesen halben freien Tag gebeten und sich ziemlich bedeckt gehalten, was den Grund dafür betraf. Deshalb hatte sie ihm keine Fragen gestellt.
    »Dann morgen«, sagte sie. »Okay?«
    »Okay. Was ich dich fragen wollte – haben wir schon die Laborergebnisse über das Leichenteil vorliegen, das wir in dem alten Kühlschrank gefunden haben?«
    »Die vorläufigen Ergebnisse«, sagte Jessica. »Das Herz stammt vermutlich von einer Frau im Alter zwischen zwölf und fünfundzwanzig Jahren.«
    »Wie lange lag es in dem Glasgefäß?«
    »Da müssen erst weitere Untersuchungen vorgenommen werden. Konserviert ist konserviert, nehme ich an. Der Gerichtsmediziner geht aber davon aus, dass das Herz noch kein Jahr in dem Gefäß lag. Außerdem meint er, dass es ziemlich dilettantisch herausgeschnitten wurde und deshalb vermutlich nicht aus dem Labor einer medizinischen Fakultät stammt. Bis wir die dazugehörige Leiche finden, liegt der Fall erst mal auf Eis.«

18.
    S IE KAMEN AUS S CRANTON , Erie und Wilkes-Barre, aus York und State College, aus Orten im Süden, Westen, Osten und Norden. Sie kamen mit der Absicht, das große Los zu ziehen oder um für immer zu verschwinden, oder mit gar keiner Absicht. Außer vielleicht die Liebe zu finden, vor der sie flohen und die sie gleichzeitig suchten. Sie kamen mit Taschenbüchern und Cola light in der Hand, mit kleinen Bic-Feuerzeugen in den Münztaschen ihrer Jeans, mit geheimnisvollen weiblichen Schätzen, die sie in die Fächer ihrer Rucksäcke und Handtaschen gestopft hatten – Utensilien, die den aufgewecktesten Vertretern des männlichen Geschlechts unbekannt waren und sie verwirrten. Sie stiegen in Cleveland und Pittsburgh, in Youngstown, Indianapolis und Newark in einen Bus oder einen Zug. Sie fuhren von Baltimore oder D. C . oder Richmond per Anhalter. Sie rochen nach Straße. Sie rochen nach Daddy und Zigaretten und billigem Essen und noch billigerem Parfum. Sie waren ausgehungert und voller Sehnsucht.
    Sie hatten sich den verschiedensten Szene-Stilrichtungen verschrieben – von Grufti bis Grunge, von Barbie bis Babydoll –, und doch schlug nur ein Herz in ihrer Brust, und es gab nur eines, das sie trotz aller Unterschiede einte: Sie alle brauchten jemanden, der sich um sie kümmerte. Sie alle brauchten Zuwendung.
    Einige mehr als andere.
    Joseph Swann saß in der Hauptstelle der Stadtbibliothek in der Nähe des Lesezimmers. Es gab in der Stadt vierundfünfzig

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