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Byrne & Balzano 4: Septagon

Titel: Byrne & Balzano 4: Septagon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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Fall?«
    »Ob ich mich dafür interessiere?«, wiederholte Jessica. Was für eine blöde Frage. Das musste ihm doch klar sein. Natürlich interessierte sie sich für den Fall – und der Grund dafür lag auf der Hand. Warum sie sich aber ganz besonders dafür interessierte, wusste sie selbst nicht.

20.
    D IESER T EIL DER V ORBEREITUNGEN gefiel Swann am besten. Das Umhegen. Das Herausputzen. Die sorgfältige Pflege.
    Bei diesem Mädchen hatte es nicht die geringsten Probleme gegeben. Es klappte fast schon zu gut. Hatte er einen Fehler gemacht? War es seine Mühen gar nicht wert? Nachdem das Mädchen die Bibliothek verlassen hatte und die Vine Street entlanggelaufen war, war er ihr ein Stück mit dem Wagen gefolgt. Als der Verkehr hinter ihm ihn dazu zwang, schneller zu fahren, fuhr er zweimal um den Block. Da er auf der mittleren Spur feststeckte, konnte er nicht anhalten. Einen Augenblick war er beunruhigt, weil er glaubte, er hätte sie verloren, doch als er Richtung Norden in die Sechzehnte Straße einbog, sah er sie. Sie stand mit erhobenem Arm am Straßenrand, den Daumen nach oben, und suchte eine Mitfahrgelegenheit zum Vine Expressway.
    Er hielt am Gehsteig und konnte sein Glück kaum fassen, als sie bei ihm einstieg. Einfach so.
    Sie hatte keine Angst. Sie war in dem Alter, wo alles neu und unbekannt war, wo allem noch der Hauch des Abenteuers anhaftete, wo alles ein aufregendes Erlebnis war. Ein Alter, in dem das Leben noch nicht von Angst und Misstrauen geprägt war.
    Ob jemand sie gesehen hatte? Er wusste es nicht. In einer Stadt wie Philadelphia war alles möglich. In einer solchen Stadt konnte man völlig unsichtbar sein, oder man fiel auf wie eine Perle in einem Misthaufen, um es mit Thomas Jeffersons Worten zu sagen.
    Sie hieß Patricia Sato und stammte aus Albany, New York. Sie unterhielten sich über Musik und Filme. Patricia schwärmte für einen Schauspieler namens McAvoy.
    »Ich finde, er hat in Abbitte einfach super gespielt«, sagte Swann. »In Der letzte König von Schottland vielleicht sogar noch besser.«
    Patricia staunte, dass er jemals von James McAvoy gehört hatte.
    Natürlich wusste Swann ziemlich gut, was in der Popkultur angesagt war – Musik, Filme, Fernsehen, Mode. Er machte intensive Recherchen und hatte es deshalb noch jedes Mal geschafft, Gespräche über solche Themen in Gang zu halten.
    Als sie die Auffahrt zum Schuylkill Expressway erreichten und Patricia schockhaft erkannte, dass er sie gar nicht in Old City absetzen würde, wie sie ihn gebeten hatte, geriet sie in Panik. Sie riss am Türverschluss und schlug gegen die Fenster.
    Swann hob eine Hand vor ihr Gesicht. »Gomen nasai« , entschuldigte er sich.
    Patricia Sato fuhr zu ihm herum, als sie die japanischen Worte hörte. In diesem Moment brach er die Spitze der Glasampulle mit dem Chloroform genau unter ihrer Nase ab.
    Sekunden später verlor Patricia das Bewusstsein.
    Das Badezimmer im ersten Stock, das unmittelbar neben dem großen Schlafzimmer lag, war 1938 erbaut worden. Die naturfarbenen Kacheln an den Wänden hatten einen gräulichen Ton. Der Boden war mit schwarzen und weißen Fliesen ausgelegt, die wie ein Schachbrettmuster angeordnet waren. Das Waschbecken mit Sockel und die frei stehende Badewanne waren schneeweiß und mit glänzenden Nickelarmaturen versehen.
    Swann ließ Wasser in die Wanne laufen und schüttete zwei Kappen Vanilla Shimmer von L’Occitane hinein.
    »Welches sind die sechs grundlegenden Methoden, um Wirkung zu erzielen?«
    Swann ignorierte die Stimme. Er versuchte, den Augenblick zu genießen und atmete den intensiven Vanilleduft tief ein. Bald würde es nach einem warmen Mädchenkörper riechen.
    »Joseph?«
    Swann drehte den Wasserhahn zu und trocknete sich die Hände ab. Er versuchte, sich auf die Musik zu konzentrieren, die Stücke einer neuen Platte, die er sich gekauft hatte – eine Telarc-Aufnahme von Tschaikowskis Pathétique , gespielt vom Symphonieorchester Cincinnati.
    »Joseph Edmund Swann!«
    Swann schloss kurz die Augen. Er spürte den kalten Stahl der Ketten auf seiner Haut. Er roch den schrecklichen Lakritzgeruch des Absinths. Die Stimme würde keine Ruhe mehr geben. Das tat sie nie. Er wusste, dass er um eine Antwort nicht herumkam.
    »Die sechs Methoden, um Wirkung zu erzielen, sind folgende ...«, begann er.
    Swann ging zum Wäscheschrank auf der anderen Seite des Badezimmers. Schon vor langer Zeit hatte er nur für diesen Tag ein paar pfirsichfarbene Frotteehandtücher

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