Byzanz - Konstantinopel - Istanbul
den Sassaniden.
In ihrem ursprünglichen Zustand trug die Säule auf den Köpfen der Schlangen einen goldenen Dreifuß, auf dem eine ca. 3 m hohe,
ebenfalls goldene Vase stand. Erhalten ist nur noch der knapp 5,50 m hohe Mittelteil mit den Schlangenkörpern. Dreifuß und
Vase fehlten bereits, als sie im Hippodrom aufgestellt wurde; nach Pausanias fielen sie den phokischen Plünderungen des Heiligtums
zum Opfer. Die Köpfe der Schlangen wurden vermutlich während Plünderungen im 17. Jh. abgeschlagen, wobei im 19. Jh. ein Exemplar
vor der Hagia Sophia wiederentdeckt wurde.
Dass ein Denkmal, wie es eigentümlicher kaum sein könnte, schon immer größte Aufmerksamkeit auf sich zog und sich um dieses
die unterschiedlichsten Legenden ranken, |37| liegt auf der Hand. In den osmanischen Gründungslegenden etwa wird die Schlangensäule wesentlich öfter genannt als alle übrigen
Denkmäler, die im Hippodrom ihren Platz fanden. So ist z. B. eine Darstellung auf einer Miniatur im
Hünernâme
(Buch der Heldengedichte, gegen Ende des 16. Jhs.) äußerst beliebt: Mehmet II. traf mit seiner sechsblätterigen Wurfkeule
einen Schlangenkopf, der durch die Wucht abgeschlagen wurde und zu Boden fiel. Doch nicht auf ihn alleine fällt der Verdacht
der »Denkmälerschändung«. Der Schriftsteller Evliya Çelebi (1611 bis nach 1683) z. B. gab hierfür Selim II. die Schuld, wohingegen
Mustafa Ali um 1600 für die Zerstörung Ibrahim Paşa verantwortlich machte. Von einer gänzlich anderen Begebenheit erzählt
uns der Chronist Silihdar Fındıklılı Mehmed Ağa (1658–1723): Am achten Tag im Jahre 1700, zur Zeit des Abendgebets, brachen
mit einem lauten Krach, als knicke ein Baumstamm um, alle drei Schlangenköpfe der bis dahin die Zeit unversehrt überstanden
habenden Säule am Hals ab und stürzten zu Boden, angeblich ohne jede Fremdeinwirkung.
Bei all den zum Teil abenteuerlich anmutenden Spekulationen scheint zumindest eines sicher: Heute sind in Istanbul nur noch
höchst selten Schlangen anzutreffen …
Als würden sich bronzene Schlangen aus der Tiefe emporwinden: Das Bodenniveau lag in der Antike an dieser Stelle etwas mehr
als zwei Meter unter dem heutigen.
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|38| Valens-Aquädukt
Wasser in zwei Stockwerken
Wer heute in einem der zahlreichen Luxushotels von Istanbul weilt, wird sich kaum mehr die Frage stellen, woher das Wasser
beim Duschen kommt. Die hydrogeologischen Bedingungen machten schon in der Antike den Bau von technisch aufwendigen Fernwasserleitungen
nötig. Ein im Stadtbild auffallender Beleg hierfür ist ein imposantes Monument, |39| das zwischen dem dritten und vierten Stadthügel auf der Länge von einem Kilometer das Tal überspannt – der Valens-Aquädukt.
Diesen bis zu 29 m hohen Aquädukt aus grob behauenen Quadern ließ Kaiser Valens in den Jahren von 368 bis 373 errichten. Im
Türkischen wird er als »Bogen des grauen Falkens« (
Bozdoğan Kemeri
) bezeichnet. Er bildete einst die Verlängerung einer streckenweise unterirdischen, mehrere Kilometer langen Wasserleitung.
Das Wasser, mit dem die Stadt versorgt wurde und das als das beste galt, stammte von den Höhen auf der Wasserscheide zwischen
dem Marmarameer und dem Goldenen Horn und wurde auf dem zum Teil zweistöckigen Aquädukt durch zwei Kanäle in eine große Brunnenanlage
am
forum tauri
geführt. Von dort aus, am heutigen Universitätsplatz, wurde es über weitere Leitungen verteilt. Während es unter Justinian
I. wohl zu Versorgungsengpässen gekommen war, ohne dass sich der Kaiser um die Reparatur der Aquädukte gekümmert hätte, wurde
der Valens-Aquädukt unter Justin II. (565–578) im Jahre 576 repariert, nachdem er vermutlich bei einem Erdbeben beschädigt
worden war. Bei der Belagerung durch die Awaren 626 wurde ein Teil des Zuleitungsnetzes zerstört und damit die Wasserzufuhr
unterbrochen. Die Bedeutung dieses Bauwerks zeigt sich darin, dass sich sowohl die nachfolgenden Kaiser als auch später die
Sultane der Instandhaltung annahmen. In osmanischer Zeit diente der Valens-Aquädukt fast nur noch dazu, den Eski-Palast und
den Topkapı-Palast mit Frischwasser zu versorgen, während die einfachen Häuser Zisternen besaßen, um Regenwasser zu sammeln.
Im 16. Jh. erweiterten die Sultane Beyazıt II. (1481–1512) und Süleyman I. (1495–1566) das Versorgungsnetz und ließen auch
Reparaturen am Aquädukt ausführen. Durch seinen guten Erhaltungszustand (immerhin stehen noch
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