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Byzanz

Byzanz

Titel: Byzanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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bei Hof ermöglichen.«
    »Wer sagt das? Antonio Cavalcanti, Guido Fieschi, Alberto Spinola, Giannettino Doria oder Francesco Draperio?«, fragte Giovanni Bonasera mit undurchdringlicher Miene.
    »Nimm an, dass es alle gesagt haben. Aber ändert das etwas an deiner Fähigkeit?« Den tief hängenden Blick des Wirtes zogen plötzlich die schweren Augensäcke wie Zentnergewichte nach unten. Wie eine Robbe sah der Genuese in diesem Moment aus. »Eure Geheimnistuerei gefällt mir nicht. Ich will in nichts hineingezogen werden.«
    »Ich bin nur ein Kaufmann, der mit Gewürzen handelt und der seiner Tochter versprochen hat, den Großtürken zu sehen.«
    »Wie heißt denn Eure Tochter?«, fragte der Wirt lauernd.
    »Anna«, antwortete Loukas mit verborgener Sehnsucht in der Stimme. Der Kapitän liebte seine Kinder abgöttisch, aber Anna besonders. Obwohl er über diese Bevorzugung tief im Herzen ein schlechtes Gewissen empfand, vermochte er es dennoch nicht zu ändern. Für seine Kinder hätte er sich foltern und totschlagen lassen, aber für Anna würde er zudem auf das Himmelreich verzichten.
    »Anna, wie meine Mama, Gott hab sie selig!«, antwortete der Rundliche versonnen. »Sei’s drum. Ich werde Euch nicht weiter mit Fragen malträtieren, signore .«
    »Meldet, der Kapitän Loukas Notaras wünscht, dem Großherrn seine Aufwartung zu machen.«
    Der Wirt kratzte sich am Kopf. »Aber Ihr heißt doch …«
    »Im Gasthof, für die anderen, für das Gesinde, für die Gäste, ganz recht. Ich will kein Aufsehen und bitte Euch, meinen wahren Namen für Euch zu behalten.«
    »Ich sagte ja schon, dass Eure Geheimniskrämerei mir nicht zusagt.« Das Misstrauen des Wirtes erhielt neue Nahrung.
    »Und ich habe Euch geantwortet, dass ich meine Gründe habe, die Euch weder in Schwierigkeiten bringen werden noch etwa angehen! Schlimmstenfalls schlagen sie Euch zum Vorteil aus.«
    »Also gut. Ich kümmere mich um Eure Audienz, es wird Euch hundert Golddukaten kosten. Im Voraus, mein Herr.«
    Loukas klappte die Kinnlade herunter. »Wofür so viel?«
    »Für Geschenke. Alle halten sie die Hand auf, vom Wesir bis zum kleinsten Torwächter. Sie alle verlangen Präsente, Präsente, Präsente.«
    »Wieso die Torwache auch?«
    »Nehmen wir an, Ihr werdet zur Audienz geladen. Was, wenn Euch die Torwächter, weil sie für ihre Gunst nichts erhalten haben, nicht passieren lassen, dann gelangt Ihr nicht bis zum Sultan! Und keiner würde danach krähen, weil so viele im Saal darauf warten, dass der Großherr ihnen Gehör schenkt. So viele! Glaubt mir, Herr, würde man allen, die nicht aufgrund ihrer Verdienste, sondern nur vermöge ihrer Stellung die Hand, die sie aufhalten, abhacken, liefe die Hälfte der Menschheit einhändig herum. Es heißt, der Ehrliche ist der Dumme, das mag sein, aber der Korrupte muss vielleicht eines Tages begreifen, dass ihn das Gift zersetzen wird, das er in die Welt spritzt. Warum erschlagen wir eigentlich die Heiden und nicht die Korrupten, die Höflinge, die Geldverleiher und Wucherer, Vieh auf zwei Beinen, das mehr Tote auf dem Gewissen hat als die Kriegshorde? Zahlt die hundert Golddukaten, und Ihr sollt Eure Audienz bekommen. Aber versprecht Euch nicht zu viel davon, denn Ihr werdet nur ein kurzatmiges Schwein erleben, das banale Fragen stellt, Euch aber keine Antwort auf Euer Begehr erteilt. Die Audienz ist nur ein Zirkus, die Politik findet anderswo statt, da kann ich aber nicht helfen!«
    Loukas traute seinen Ohren nicht. Viel schien sich seit den Tagen, in denen er als Gefangener im Serail gesessen hatte, verändert zu haben. Aus dem schlanken jungen Mann, den er vor zehn Jahren in Amasia kennengelernt hatte, sollte ein »kurzatmiges Schwein« geworden sein? Er schüttelte den Kopf und zählte die Geldstücke auf den Tisch.
    »Lass dir nicht einfallen, mich zu betrügen!«
    »Ach, Herr«, sagte der Wirt nur im Aufstehen.
    Kaum hatte Bonasera das Zimmer verlassen, trat Christos ein. Er berichtete, dass er bis zum Untersekretär des Wesirs vorgedrungen sei. Dann habe er eine Weile warten müssen, bis ihm Folgendes ausgerichtet wurde: Der Wesir bedanke sich für die Geschenke, bedauere jedoch, dass er in den nächsten Tagen keine Zeit zu einem Gespräch mit seinem Freund finden würde. Er bäte aber den Kapitän abzuwarten, bis er ihn rufen lasse.
    »Danke, Christos. Du kannst jetzt gehen.« Nachdenklich legte sich der Kapitän angezogen auf das Bett. Wenn ihn Halil Pascha nicht in den nächsten Tagen zu sehen

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