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Byzanz

Byzanz

Titel: Byzanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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unbeeindruckt aß und trank, wurde hellhörig. »Trinkt denn der Sultan?«
    Die Kaufleute wurden auf den Griechen aufmerksam. »Säuft wie ein Loch!«, beschied ihm der im grünen Samtmantel, der scheinbar der Wortführer der kleinen Runde war.
    »Wirklich? Seid Ihr Euch sicher?«, fragte Loukas nach. Es schien sich wirklich viel verändert zu haben.
    »Wenn ich es Euch doch sage. Wer seid Ihr überhaupt?«
    Der Kapitän wandte sich der Gesellschaft zu. »Andreas Kritobulos, Kaufmann aus Monemvasia«, log der Kapitän.
    »Was wollt Ihr hier?«
    »Handelsbande knüpfen.«
    Jede Antwort, die er gab, erhöhte das Misstrauen des Italieners. »Ich bin Giovanni Longo aus Genua. Und ich habe das Gefühl, dass Ihr, Andreas Kritobulos, Kaufmann aus Monemvasia, uns etwas verheimlicht.«
    »Wie kommt Ihr darauf?«
    »Ihr führt drei Männer mit Euch, mit denen man keine Händel anfangen möchte. Seeleute vielleicht.« Für einen normalen Kaufmann achtete Longo zu genau auf seine Umwelt. Loukas Notaras bemühte sich nicht einmal darum, verbindlich zu wirken, sondern setzte eine undurchdringliche Miene auf. »Es ist ganz einfach. Hört gut zu. Ich sag es nur einmal. Den ersten Mann stellte mir mein Vater, damit ich in der Fremde nicht mit den falschen Männern spreche, den zweiten Mann gab mir meine Mutter mit, dass niemand mich anzurühren wagt, den dritten, das ist der finsterste, schickte meine Frau mit, dass ich keine andere anfasse und die italienische Krankheit mit nach Hause bringe.« Die Kaufleute, die es verstanden, lachten, und die anderen auch, um sich nicht zu blamieren.
    »Ihr macht Euch über mich lustig, Andreas Kritobulos, Kaufmann aus Monemvasia!« Die Heiterkeit war aus Longos Gesicht verschwunden.
    »Wozu? Ich lache nicht gern. Aber was treibt Ihr hier, Giovanni Longo aus Genua?«
    »Was schon? Die Alaungruben pachten!« Der Genuese schien sich seiner Sache sehr sicher zu sein, sonst würde er damit nicht herumprahlen, dachte Loukas. Es konnte nicht schaden, etwas Unsicherheit zu streuen. »Da sind Euch die Venezianer leider zuvorgekommen!«, sagte er mit breitem Grinsen. »Armer Tropf! Glaubt, einen Krug Gold nach Hause zu tragen, und hat nur den Krug in der Hand!« Giovanni Longo starrte den Kapitän geradezu an. Offen wie ein Buch lagen die Gedanken des Kaufmanns vor ihm. Er fragte sich, ob sein Geschäft wirklich in Gefahr war oder ob der Grieche nur bluffte.
    »Die Venezianer? Ihr habt ja von nichts eine Ahnung! Wie sollten sie?«, rief Longo eine Spur zu sicher aus.
    »Wollen doch mal sehn, wer hier von nichts eine Ahnung hat. Wusstet Ihr nicht, dass Badoer mit dem Großwesir im Bunde ist?«
    »Ach Unfug, Halil Pascha steht auf meiner Rechnung!«
    »Vielleicht steht der kluge Türke auf vieler Herren Rechnung?«
    »Nennt Ihr mich einen Dummkopf?«
    »Ich nenne auch die anderen nicht Dummköpfe.«
    »Woher wisst Ihr überhaupt so gut Bescheid?«
    »Ich weiß gar nichts. Ich kenne den Großwesir nicht, aber denkt doch einmal nach. Weshalb soll der Mann nur eine Kuh melken, wo sich viele mit vollen Eutern auf seine Weide drängen?« Es war still geworden. Longo musterte den Griechen verunsichert. Man sah ihm die Ratlosigkeit an. In die unangenehme Stille platzten sechs Frauen, die der Hausdiener geholt hatte. Die erste, eine dicke Rothaarige, glotzte verdutzt in die Runde. »Sind wir hier auf einer Beerdigung? Na, macht nichts, durch uns wird das tote Fleisch schon seine Auferstehung feiern.« Die Kaufleute wieherten in einer Mischung aus Belustigung und Vorfreude. Loukas stand auf und stieg die Treppe hoch. In seinem Nacken fühlte er den Blick von Giovanni Longo.

8
    Gasthaus in Edirne, Anatolien
    Mitten in der Nacht wurde Loukas unsanft geweckt. Zwei Männer, deren brutale Physiognomien das Licht der Kerze, die Giovanni Longo in der Hand hielt, nur noch widerwärtiger hervorhob, zerrten ihn aus dem Bett und zwangen ihn in die Knie. Der eine der beiden, dessen Atem faulig roch, hielt ihm mit leichtem Druck ein Messer an die Kehle, dass Loukas kaum zu atmen wagte.
    »So, Andreas Kritobulos, Kaufmann aus Monemvasia, jetzt erzähl mir doch mal, wer du wirklich bist. Ich kenne die örtliche Kaufmannschaft. Ein Kritobulos ist nicht darunter.« Weil die Ursprünge seiner Familie in Monemvasia lagen, hatte Loukas aus einer Laune heraus diesen Ort gewählt. Sentimentalität tat eben selten gut, sagte er sich. Doch er musste nicht lange darüber nachdenken, was er dem Genuesen preisgeben wollte oder welche neue

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