Byzanz
fiel ihm der Kapitän ins Wort.
»Denn für einige Griechen, wir mögen es kaum glauben, ist unser Todfeind auch ein Handelspartner, mit dem sie Geschäfte auf Kosten unserer Sicherheit machen!«, fuhr Alexios ungerührt fort. Loukas zuckte. Wusste der Fürst etwas von den Waffenlieferungen?
Der Kapitän erhob sich in dem Bewusstsein, dass Angriff die beste Verteidigung ist. »Wenn der Fürst Mitglieder des Geheimen Rates des Verrats beschuldigt, dann soll er Namen nennen und Beweise vorlegen.« Er setzte sich wieder.
Alexios Angelos ließ sich jedoch nicht beirren. Er kannte inzwischen die Taktik seines Widersachers, Verwirrung zu stiften, indem er vom Thema ablenkte, Nebensächlichkeiten oder nicht zur Sache Gehörendes in den Vordergrund schob, um so die Diskussion zu verhindern.
»Liebe! Wahrheitsstreben! Gerechtigkeit! Zucht und Maß! Das alles ist aus der Mode. Konstantinopel versinkt in Habsucht! In Herrschsucht! Und in sexuellen Ausschweifungen …«
»Für diese Predigt seid Ihr genau der Richtige, Fürst Angelos«, höhnte Loukas und schlug genüsslich ein Bein über das andere.
»Die Wahrheit fragt nicht nach dem, der sie ausspricht, sie will nur ausgesprochen sein. Ich mag kein Gerechter sein, Loukas Notaras, aber ich bin zumindest nicht selbstgerecht, nur ein armer Sünder, der sich redlich müht.«
»Ein armer Sünder! Nicht so bescheiden …«
»Meine Herren! Ich darf doch sehr bitten«, rief der Kaiser ärgerlich dazwischen. »Und du, Alexios, komm zur Sache!« Unmut verschattete das kaiserliche Gesicht. Auf diese Auseinandersetzungen konnte er inzwischen warten. Er hasste diese Hahnenkämpfe, sie langweilten ihn entsetzlich. Eigentlich hätte er einen von beiden aus der Runde entfernen müssen, weil ihr ständiger Streit inzwischen die Arbeit im Geheimen Rat lähmte. Er wusste nur nicht, welchen.
»Wenn wir dem Feind widerstehen wollen, müssen wir unseren Staat reformieren, ihn auf ein neues Gesetz stellen«, fuhr Alexios fort. »Die Monarchie ist die beste Regierungsform, vorausgesetzt, der Herrscher steht unter einem eisernen Gesetz und wird von einer größeren Gruppe der weisesten Männer des Landes beraten.«
Loukas zog die Augenbrauen hoch. Auch er wünschte ja, dass der Rat durch kluge Leute erweitert wurde.
»An wen denkt Ihr da?«, fragte der alte Metochites lauernd. Den Vorschlag musste der Erste Minister als Angriff auf seine Macht empfinden, denn umso größer der Rat, umso geringer das Gewicht der einzelnen Stimme.
»An Georgios Plethon …«, und jetzt sah er mit leichtem Spott um die Mundwinkel Loukas Notaras an, »… an Euren Freund Bessarion, an Argyroupoulos. Meine Liste wäre lang und ich bitte Euch, ehrenwerte Herren, alle selbst eine Liste aufzustellen, über die wir dann beraten können. Aus dem Geheimen Rat sollte besser ein Staatsrat werden. Sodann sollten wir die Byzantiner in drei Klassen einteilen, in die Handarbeiter, also Bauern und Handwerker, in die Dienenden, also die Kaufleute, und in die Regierenden …«
»Das ist unerhört, Ihr wollt den Kaufmannsstand, der zum wirtschaftlichen Aufstieg unseres Gemeinwesens wie kein zweiter beiträgt, erniedrigen und entmündigen …«, rief Loukas erzürnt, denn er versuchte auf leisen Sohlen, die griechischen Händler und Bankiers zu den eigentlichen Herren des Landes zu machen. Unruhe entstand. Doch Alexios redete unbeirrt weiter. »Soldaten und Steuerzahler sollten strikt getrennt werden. Wenn der Staat die Soldaten bezahlt und nur Griechen ins Heer aufnimmt, dann sollten diejenigen unserer Mitbürger, die ihr Leben gefährden für unser Gemeinwesen, nicht noch Steuern bezahlen müssen! Außerdem ist es absurd, Männern Geld zu geben, das wir zu einem bestimmten Prozentsatz wieder von ihnen zurückverlangen.«
»Wir sind mit den Söldnern bisher gut gefahren«, hielt Loukas gegen.
»Nein, sind wir nicht! Söldner kämpfen nur für Geld, nicht für ihre Familien, nicht für ihr Land, sie sind höchst unzuverlässig. Heldentaten sind von ihnen nicht zu erwarten, und unterlegene Kräfte haben nur eine Chance auf den Sieg, wenn in ihren Reihen Helden kämpfen. Denkt an Sparta, denkt an die Thermopylen!«
»Wir sind in Konstantinopel, nicht in Sparta. Als wir vor zehn Jahren gegen die Türken vor den Mauern der Stadt kämpften, haben die Söldner uns gute Dienste geleistet«, wandte Loukas ein.
»Da Ihr bei der Schlacht nicht gesehen wurdet und Eure Kenntnisse aus dritter Hand schöpft, darf ich Euch ein
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