Byzanz
Zwangsabgabe zwingen«, sagte Sphrantzes ebenso düster wie entschlossen.
»Dann finde diese Möglichkeit, aber finde sie geräuscharm. Ich möchte nicht als Letzter von deiner Idee erfahren, in Form einer Beschwerde von Notaras bei mir. Oder über eine Intervention meiner Mutter, mit der er gern gemeinsame Sache macht. Ich weiß nichts von dem, was ihr beide treibt. Solange nicht alles gründlich durchdacht ist, ruht die Reform.« Mit diesen Worten erhob sich der Kaiser, nickte den beiden Männern zu und verließ den Raum.
»Ich finde eine Möglichkeit, dem Kaufmannsklüngel um Notaras das Geld abzugraben, mit dem er halb Konstantinopel besticht, bei allem, was mir heilig ist«, schwor Sphrantzes.
18
Werkstatt des Dionysios, Konstantinopel
Voller Vorfreude klopfte Demetrios Notaras an die Tür des Mönches Dionysios, eine Ikone der Gottesmutter unter dem Arm, auf die er sehr stolz war. Dann betrat er die Malerwerkstatt und genoss den Geruch vom verbrannten Holz für die Kohlestifte, von Borsten für die Pinsel, den feucht-modrigen von Kalk für die Grundierung der Tafeln, den übersüßlichen Duft der Farben. Der alte Mönch, der dabei war, einer Schnecke Speichel abzupressen, blickte blinzelnd auf.
»Ihr wünscht?«, fragte er abweisend.
»Erkennt Ihr mich gar nicht mehr, Meister?« Demetrios trat schmunzelnd näher wie ein Mann, der seine Kindheit besuchte, so viel Nachsicht strahlte er aus. Der Mönch musterte seinen Besucher zwinkernd und bemühte sich, den jungen Mann in seinem Gedächtnis zu finden.
»Wirklich nicht, Meister? Muss ich erst mit Euch beten?« Da hellten sich die ledernen Gesichtszüge des Alten auf. »Demetrios? Bist du es wirklich?«
»Ja, Meister, ich bin es.« Dionysios erhob sich und ging auf seinen Besucher zu. Mit den Augen zeichnete er die Gesichtszüge des jungen Mannes nach. »Ja, du bist es. Ich habe deine Malutensilien aufbewahrt. Und sie nicht verbraucht, die Pinsel, die du hergestellt hast. Willst du sie zurück?«
Demetrios verstand die Frage, die dahinterstand. Statt einer Antwort legte er dem Malermönch die Ikone der Gottesmutter vor, Maria mit dem Jesuskind auf dem Arm, umgeben von Johannes dem Täufer und dem Apostel Petrus.
»Ich habe gehört, dass du nicht mehr malen kannst, weil drei Finger der rechten Hand gelähmt sind.«
»Das sind sie, aber ich habe so lange geübt und mich geschunden, bis ich mit der linken Hand malen konnte.«
»Wie lange hat das gedauert, bis du beim Malen nicht mehr an deine Hand gedacht hast?«
»Sechs oder sieben Jahre, vielleicht auch acht. Es gab eine Zeit des Übergangs, da habe ich nicht mehr an meine Hand gedacht, und dennoch war ich nicht gelöst, oder soll ich sagen, gelassen, weil mich immer noch die bange Frage peinigte, ob es gelingen würde. Was ich sagen will, ist, weit über den Tag hinaus, an dem man es handwerklich kann, über die Technik verfügt, bleibt der Zweifel, ob man es wirklich beherrscht. Der Körper kann es eher, als der Verstand es wahrhaben will. Gott ist schneller.«
»Gott ist schneller«, wiederholte der Mönch, als er sich die Ikone ansah. Es war wie der rasche Wechsel von Sonnenschein und Finsternis in seinem Gesicht, ein erbarmungsloser Kampf der Extreme ohne Mitte. Der knabenhafte Körper des Mönches zitterte. Vor dem Ansturm der Ergriffenheit floh die Farbe aus seinem Gesicht. »Es ist schön, verführerisch schön, und doch ist es Sünde«, brachte er schließlich stammelnd hervor. Liebevoll und mit größter Sorge sah er Demetrios an, wie ein Vater, der seinen Sohn davor warnt, sich in Todesgefahr zu begeben. »Seit Jahrhunderten mühen wir uns darum, das Fleischliche zu reinigen, das Göttliche im Menschlichen erstrahlen zu lassen, wie es im Johannes-Prolog heißt: Das Wort ist Fleisch geworden. Das Wort als Fleisch zu malen, darin sehen wir unsere Aufgabe. Das ist unsere Eucharistie. Aber du, du hast den Menschen zu Gott gemacht, Demetrios! Du hast versucht, das Fleisch als Wort zu malen.« Dionysios wirkte erschüttert. »Deine Menschen sind schöner als Gott, nicht, weil sie in sich das Göttliche tragen, sondern weil sie Menschen sind. Du hast den Leib über die Seele gestellt.«
»Ich habe doch nur gemalt, was ich gesehen habe.«
»Das ist es ja, was mich erschüttert! Auf deiner Ikone sehe ich eine Frau, die Mutter ist und ihr Kind liebt, und das Kind strahlt nicht die Sicherheit des fleischgewordenen Wort Gottes aus, sondern die wundervolle Sicherheit eines Kindes, das sich der Liebe
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