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Byzanz

Byzanz

Titel: Byzanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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Katze gesteckt werden und entweder, wenn der Großherr gnädig war, ersäuft. Oder, wenn er seinem Zorn nachgab, würde man so lange auf den Sack einschlagen, bis die Katze wild genug geworden war, um die Frau zu töten. Es gelang Jaroslawa, ohne dass es jemand merkte, das Feuer in dem Pascha zu entzünden, sodass er fortan nur noch darauf sann, wie er sein Verlangen stillen konnte. Als Chidr Pascha versuchte, sich der Dienste Hasans zu versichern, wusste Jaroslawa, dass sie gewonnen hatte.
    Ein halbes Jahr später dünkte sich der Pascha im siebenten Himmel, dabei war er doch nur im Bett der Russin. Kein weiteres Jahr verging, da starb unerwartet Murads ältester Sohn Ahmed Tschelebi in Amasia. Dem Vater in Edirne brach der Tod seines Lieblingssohnes fast das Herz. Der sechsjährige Mehmed wurde unter der Aufsicht von Chidr Pascha zum Landpfleger von Amasia bestellt. Nun hatte Jaroslawas Sohn nur noch einen Rivalen in der Anwartschaft auf die Herrschaft des Osmanenreiches: Murads zweiten Sohn Alâeddin Ali.

19
    Basiliuskloster, Konstantinopel
    An dem Tag, an dem Loukas Notaras endlich zum Admiral ernannt wurde – nachdem er sich beharrlich darum bemüht hatte, den Großadmiral aus privaten Schulden zu befreien, dem Oberbefehlshaber ein Landgut für seinen ältesten Sohn geschenkt und dem Ersten Minister in aufsehenerregendem Maße die Bibliothek vergrößert hatte – und der Kaiser sich bei dem Andrang hochrangiger Fürsprecher nicht länger der Ernennung entziehen konnte, ging die fünfzehnjährige Anna Notaras in Begleitung von vier bewaffneten Dienern in das Basiliuskloster, um bei Bessarion, der nach seiner Rückkehr zum Abt des Konvents ernannt worden war, ihren Unterricht in Philosophie zu nehmen. Anfangs hatte sie sich darüber gewundert, dass statt zwei nun vier Wächter an ihrer Seite sein sollten, aber angesichts der steigenden Kriminalität in der Stadt hatte ihr Vater darauf bestanden. Die Kaiserin dürfte wohl kaum besser beschützt werden, dachte Anna spöttisch. Auf ihrem Weg begegnete sie häufiger Soldaten des Kaisers, die in den Straßen der Stadt patrouillierten. Wie immer freute sie sich auf den Unterricht, denn zum Rechnen gehörte das Denken. Es beruhigte sie, denn so kam Ordnung in die heillos verworrene Welt.
    Der Bruder Pförtner kannte sie schon, und während die Diener an dem rot und sandfarben gestreiften Ziegeltor warteten, schritt sie weiter den Gang entlang, der rechts von einer hohen Mauer mit einer rundbogigen Fensterfront direkt unter dem Tonnengewölbe und links von Arkaden begrenzt wurde. Wie unzählige Pollen wehte das Licht herein und schwebte im Gang. Jenseits der Arkaden begann der eigentliche Kirchenraum. Gleich hinter den Arkaden und dem Kirchensaal lag die kleine Wohnung des Abts. Obwohl herzhaftes Männerlachen ihr offenbarte, dass er nicht allein war, klopfte sie an die Eichenholztür.
    »Herein, herein«, hörte sie die sich mühsam durch das eigene Lachen kämpfende Stimme ihres Lehrers. Die Wohnung bestand aus zwei Räumen; im ersten stand vorn ein kleiner Tisch mit vier Schemeln, rechts an der Wand ein Pult, daneben Regale, an der gegenüberliegenden Seite ebenfalls Regale, im kleinen Schlafgemach, in dem ein einfaches schmales Bett bescheiden Platz fand, wucherten Holzgestelle voller Kodizes. Genaugenommen bestand die ganze Wohnung aus Handschriften. Bessarion saß ein unbekannter Mann ungefähr im Alter ihres Vaters gegenüber. Obwohl dessen Gesicht sich etwas einfältig in die Länge zog, wirkte es nicht asketisch, sondern mit seinen vollen, aber nicht wulstigen Lippen und den wohlgeformten Wangen den Genüssen der Welt durchaus aufgeschlossen. Der Besucher trug ein langes weißes Gewand, darüber einen schwarzen Mantel, einer Toga nachempfunden. Die aschblonden Haare bildeten zu den dunklen, eher kleinen Augen einen Kontrast. Sie wurde nicht schlau aus der Physiognomie des Fremden, machte sie doch einen etwas verschlagenen, gleichzeitig aber auch einen freundlichen Eindruck. Ihrem Lehrer jedenfalls standen Tränen des Vergnügens in den Augen. Er schlug sich mit den Händen auf die Knie und mühte sich redlich, wieder ernst zu werden, was ihm aber nur schwer gelang. Immer wieder unterbrachen Heiterkeitsausbrüche seine Erklärung. »Stell dir vor, Anna, was mir Nikolaus gerade erzählt, es ist unglaublich, eine Posse, ein Schwank, die ganze Konstantinische Schenkung eine einzige Fälschung, von Pfaffen fabriziert. Heiliger Hieronymus, was für eine

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