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Byzanz

Byzanz

Titel: Byzanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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Geschichte, was für ein herrlicher Skandal!« Anna hingegen fühlte sich völlig überfordert, sie wusste weder, was es mit dieser Schenkung auf sich hatte, noch, wer dieser Nikolaus war, der ein Gesicht schnitt, als hätte er den besten Witz der ganzen Christenheit erzählt.
    »Also, angeblich hatte Kaiser Konstantin der Große dem Papst Sylvester die geistliche Herrschaft über das Römische Reich eingeräumt. Dass der Papst der Oberherr der ganzen Kirche ist, angeblich verbrieft vom Imperator, der auch unsere schöne Stadt gegründet hat, stellt sich nun als Fälschung von ein paar eifrigen Mönchen heraus.« Bessarion schüttelte den Kopf. »Der Anspruch des Papstes, das Oberhaupt der Christen zu sein, stützt sich auf eine Fälschung, auf eine Chimäre.« Er konnte es immer noch nicht recht glauben, doch Nikolaus von Kues machte Beweise geltend.
    »Wenn du Besuch hast, Bessarion, gehe ich«, schlug Anna vor, enttäuscht, dass der Unterricht ausfallen würde – und das nur wegen dieses Fremden. Die selbstgefällige Art, wie er über seinen eigenen Witz lachte, missfiel ihr. Kurz und gut, sie hielt ihn für einen Wichtigtuer. Man musste auf Bessarion aufpassen, denn wie sagte ihr Vater immer: Bessarion versteht alles von Büchern, aber nichts von Menschen.
    Langsam beruhigte sich der Mönch. »Entschuldige, Anna«, sagte er auf Lateinisch. »Darf ich vorstellen, Nikolaus von Kues. Und das, mein lieber Nikolaus, ist Anna Notaras, die Tochter eines der bedeutendsten Kaufleute von Konstantinopel.«
    »Dann wirst du, liebe Anna, fleißig beten müssen, damit dein Vater in den Himmel kommt«, sagte Nikolaus von Kues lachend.
    In Anna revoltierte alles. Was bildete sich dieser eitle und behäbige Lateiner eigentlich ein? Wie konnte er es wagen, so über ihren Vater zu sprechen?
    »Mein Vater ist ein frommer Mann!«, rief sie auf Griechisch.
    »Das wirst du wohl noch einmal auf Latein wiederholen müssen, unser Gast versteht kein Griechisch. Und nun setz dich, Anna.« Widerstrebend ließ sie sich auf einem freien Schemel nieder und wiederholte den Satz mit der gleichen Leidenschaft auf Lateinisch.
    »Nun, das mag sein, dass er gut betet, aber die Art, wie die Kaufleute Geschäfte aushandeln, stimmt wenig mit den Tugenden eines Christen überein«, sagte Nikolaus von Kues. »Ihr Geschäft ist bei Lichte besehen Sünde. Sie feilschen, sie hauen übers Ohr, sie lügen den Menschen die Geldstücke aus dem Beutel, und einige von ihnen betreiben Wucher, verleihen Geld und nehmen Zinsen wie die ruchlosen Juden.«
    »Was wisst Ihr schon vom Beruf des Kaufmanns!«, gab Anna schnippisch zurück.
    Doch der Lateiner lächelte, und wie sich das Mädchen eingestehen musste, durchaus gewinnend. »Mein Vater war auch Kaufmann, er besaß sogar ein paar Schiffe.«
    »Na, da habt ihr ja etwas gemeinsam!«, legte sich Bessarion ins Mittel, allerdings nicht ohne sanfte Ironie.
    Ich mit dem, nie im Leben, dachte Anna, so wütend, dass ihr das Blut ins Gesicht schoss.
    »Ich habe nicht gesagt, dass ihr deswegen gleich heiraten müsst!«, scherzte Bessarion. Die Mimik des Fremden zog sich zusammen, als hätte er in eine Zitrone gebissen, und in das Rot von Annas Antlitz stürmten weiße Punkte.
    »Was die Ehe betrifft, halte ich es eher mit dem Apostel Paulus«, beschied der Lateiner seinen Gastgeber kühl.
    Ein kurzer Kampf fand in Anna statt. Sollte sie den hochmütigen Gecken fragen, was der Apostel gesagt hatte, oder nicht? Am Ende siegte die Neugier. »Was hat denn der Apostel nun übers Heiraten gesagt?« Herr Neunmalklug, führte Anna die Frage im Gedanken weiter, ärgerlich darüber, ihr Unwissen in diesem Punkte zu verraten.
    »Nun, der Apostel sagt: ›Den Unverheirateten und den Witwen sage ich: Es ist gut, wenn sie so bleiben wie ich‹, nämlich unverheiratet.«
    »Sollen denn nur Bastarde zur Welt kommen? Sieht so die Moral der Lateiner aus?«, fragte das Mädchen spitz. Der Fremde rutschte etwas unsicher auf seinem Schemel hin und her. Anna spürte, dass sie ihn aus seiner Sicherheit gestoßen hatte, und freute sich diebisch über ihren kleinen Erfolg. Auf diesem Gebiet, von dem sie allerdings auch nicht allzu viel wusste, schien er höchst unsicher zu sein. Wer hätte das gedacht?
    Nikolaus von Kues räusperte sich. »Das ist kein Thema, über das man mit einer jungen Dame spricht.«
    Bessarion runzelte die Stirn und nickte.
    Doch Annas Angriffslust war geweckt. »Über das eine sicher nicht, über das andere schon.«
    »Was

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