Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Byzanz

Byzanz

Titel: Byzanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
Vom Netzwerk:
seinen lebhaften dunklen Augen unter schweren Lidern und hohen Brauen strahlte Basilius eine ganz eigene, doch natürliche Würde aus.
    Und Loukas berichtete, erzählte von Genua, von der Kathedrale von San Lorenzo, an der die Genuesen nun schon so lange bauten, und von der Kirche San Siro. Vom bunten Licht, das durch ihre Fenster brach, und vor allem von den Bildern der Bleiverglasung, denen die Sonnenstrahlen Leben einhauchten. Eirenes Aufmerksamkeit genügte, um ihn zu immer neuen, noch genaueren Schilderungen anzuspornen. Und plötzlich wünschte er, dass sie dabei gewesen wäre, deshalb wurde er immer präziser, beschrieb immer plastischer und immer intimer die Wirkung, als wollte er mit Worten malen, was sie nicht mit eigenen Augen zu sehen bekommen hatte. Er badete in ihrer Aufmerksamkeit. Das Gefühl erinnerte ihn an seine Empfindung in San Siro. In der Kirche hatte er zu schweben gemeint und war mit etwas in Berührung gekommen, feiner als ein Hauch und alles durchdringend, zart und kraftvoll zugleich. »Vielleicht war es Gott, ich will es zumindest gern glauben«, schloss Loukas nachdenklich.
    »Gott ist Licht«, sagte Basilius.
    Loukas hörte es nicht, er hatte sich längst in Eirenes Augen verfangen, die Tagträume verschleierten.
    »Nimm mich mit. Zeige mir all diese Städte, mein Kapitän«, warf sie gedankenverloren hin. Sie hasste das Leben am Hof, die Falschheit, die Intrigen, wo sich alles um Macht, Geld und Einfluss drehte und man ständig darauf zu achten hatte, nicht benutzt zu werden. Es klang wie die Bitte, einen Wunsch zu erfüllen, von dem sie eigentlich wusste, dass er nicht erfüllt werden durfte.
    »Die ›Nike‹ gehört Euch, hohe Dame!«
    »Die Nike?«, fragte Sphrantzes.
    »Mein Schiff.«
    »Was würde dein Vater dazu sagen? Und wie würde der Kaiser es finden, wenn seine Enkelin, die Gott zur Ehe bestimmt hat und nicht zu einem Vagabundenleben, in fremde Länder reiste?«, entrüstete sich der Gelehrte.
    Georgios Sphrantzes liebte Eirene, hatte sich aber damit abgefunden, dass sie ihn niemals erhören durfte. Er war nur ein Gelehrter und Beamter des Kaisers, aber kein großer Herr und nicht von Adel. So verbarg er seine Liebe im Innern seines Herzens. Und jetzt kam dieser windige Kapitän und Sohn eines Kaufmannes und machte »seiner« Eirene den Hof, ein Mann, der als Ehemann für Eirene Palaiologina genauso wenig infrage kam wie er selbst. In Georgios Sphrantzes erwachte die Eifersucht wie ein wildes, lange niedergehaltenes Tier, zumal er Zeuge wurde, wie Eirene sich Loukas Notaras innerlich zuneigte. Er sah es deutlich wie durch eine Glasscherbe, die ihm noch dazu ins Herz schnitt und in die Augen. Hellsichtig, wie es nur die unerwiderte Liebe ist, erkannte Sphrantzes – noch bevor die beiden es selbst wussten –, dass sie einander anzogen. Eirene schaute den Kapitän herausfordernd an. Wie würde er antworten? Loukas spürte, dass die gesamte Gesellschaft auf seine Entgegnung wartete, um ihn entweder für seinen Scharfsinn zu loben oder für den Schwachsinn auszulachen, den er äußern würde. Der Gleichaltrige im Gelehrtenrock hatte ihm kalt eine Falle gestellt.
    »Dass Gott alle Frauen zur Ehe bestimmt habe, ist doch nur eine bequeme Erfindung von euch Männern!«, wies Eirene Sphrantzes ärgerlich zurecht. »Hat Gott Martina Laskarina dazu etwa bestimmt?«
    Martina Laskarina, die berühmte Ärztin, entstammte wie Eirene dem hohen Adel und hatte es doch durchgesetzt, nicht verheiratet und Medizinerin zu werden.
    »Sie ist eine Ausnahme und lebt fromm wie eine Nonne. Ihr aber wollt in die Welt hinaus, Abenteuer erleben wie ein Mann und seid doch kein Mann. Dich aber, Kapitän, warne ich von ganzem Herzen! Was für unsere hochverehrte Eirene ein mutwilliges Spiel ist, kann für dich zum blutigen Ernst werden!«, erwiderte Sphrantzes. Loukas erkannte die Drohung, und sie machte ihn sehr wütend. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen. Basilius wollte sich ins Mittel legen, doch er kam ihm zuvor.
    »Zu deiner Frage, Sphrantzes. Wenn du Ehre hast, verstehst du es: Was dürfen mich in diesem Fall der Kaiser oder mein Vater angehen? Obwohl beide auf meine Treue vertrauen können und ich mich für beide in Stücke hauen ließe. Aber in Genua habe ich gelernt, dass ein Ritter nur danach fragt, was seine Dame sagt. Sie entscheidet!« Das war kühn und für die jungen Leute spannend. Er hatte die Nichte des Herrn der Welt als seine Dame bezeichnet.
    »Ihr seid aber kein Ritter, und

Weitere Kostenlose Bücher