Byzanz
Eirene ist nicht Eure Dame. Oder ist uns da etwas entgangen? Hast du die Welt auf den Kopf gestellt – und wir alle haben es nicht bemerkt?«, hielt Sphrantzes süffisant dagegen.
Loukas warf einen kurzen Blick zu Eirene hinüber und sah, dass die Kaiserenkelin das Wortgefecht, das unvermutet aufgelodert war, höchst interessiert verfolgte. Er musste sich also alle Mühe geben.
»Ritter zu sein ist kein Stand, sondern eine Haltung, und die Verpflichtung, seiner Dame zu dienen, fordert keine Belohnung, sondern nur Ehrenhaftigkeit.«
»So ehrenhaft, wie ein Kapitän im Hafenviertel zu verfahren pflegt, wo all die ehrenhaften Damen verkehren?«
»Pfui, Sphrantzes, du wirst vulgär«, warf Eirene ärgerlich ein. Der junge Gelehrte errötete.
»Lasst, Hoheit, ich bitte Euch. Anfangs habe ich gedacht, es wird ein kleines Gefecht mit Säbeln, nicht eine Schlacht mit Schwertern. Aber mir scheint, Georgios kennt die Damen des Hafenviertels besser als ich, denn ich vermag nicht einmal Auskunft darüber zu geben, ob sie ehrenhaft sind oder nicht. Doch will ich es für Georgios hoffen.«
Die kleine Gesellschaft brach in Gelächter aus, und Georgios Sphrantzes verließ glühend vor Zorn die teatra . Eirene wunderte sich, dass ihr gelehrter Freund so weit unter den Möglichkeiten seines brillanten Geistes geblieben war. Wie sollte sie auch ahnen, dass Eifersucht seinen Scharfsinn lähmte. Sie hatte in ihm immer einen Gelehrten, in dem Gelehrten aber niemals einen Mann gesehen. Noch weniger allerdings konnte sie ahnen, dass Georgios Sphrantzes, wie sie später erfahren sollte, umgehend den Mann aufsuchte, der sich ihr Bräutigam nannte.
Georgios hielt den eitlen Angelos wahrlich nicht für den richtigen Mann für eine so kluge Frau wie Eirene. Noch weniger vermochte er aber zu ertragen, Zeuge einer Mesalliance zu werden, mitanzusehen, wie seine Eirene sich an einen Mann verschwendete, der seines Standes war, schlimmer noch, der auch er selbst hätte sein können. Wozu hätte sich Sphrantzes zurückgehalten? Wie sinnlos wäre dann sein Opfer gewesen? Die Gewissheit, Eirene nie in seinen Armen halten zu können, sie nie küssen zu dürfen, niemals mit ihr Kinder zu haben und sie Liebste zu nennen, wurde nur dadurch erträglich, dass es nicht an ihm selbst, seinem Geist, seinem Charme, seiner Statur lag, sondern an seinem Stand, für den ihn Gott bestimmt hatte, dass es vollkommen ausgeschlossen war, dass eine Enkelin des Kaisers, eine Palaiologina einen Gelehrten heiratete. Aber all das galt nicht mehr, wenn sie sich von einem Kaufmann und Seemann betören ließ, dann lag es nicht mehr an Gottes Ordnung, sondern nur an seinem Versagen und seiner Feigheit.
Georgios Sphrantzes störte Alexios beim Fechtunterricht mit seinem neuen Waffenmeister aus Frankreich. Jacques le Lame war ein übler Kerl mit einer braunen Lederklappe über dem rechten Auge, der mit dem Säbel, dem Schwert und dem Messer umzugehen verstand wie der Teufel. Es hieß von ihm, dass er mehr Menschen mit seinem Schwert unter die Erde gebracht hatte, als im letzten Jahr in der Hagia Sophia Messen gelesen worden waren.
»Bei deiner Gesundheit, Federfuchser, hoffe ich, dass es wirklich so wichtig ist, was du mir zu sagen hast«, fuhr ihn Alexios an.
»Es geht um Eure Braut, hoher Herr.«
»Sprich, aber erlaube dir keine Freiheiten.«
»Dieser Kapitän Notaras macht ihr den Hof, plump und anzüglich und ohne Achtung vor ihrem, ja und auch vor Eurem Stand.«
»Werde deutlicher!«
»Er wird ihr Herz verführen, wenn Ihr dem nicht Einhalt gebietet. So viel Zärtlichkeit liegt in ihrem Blick, wenn sie ihn ansieht, wie sie Euch niemals geschenkt hat.« Und damit meinte Georgios auch sich, sodass der Klang seiner Worte an Bitterkeit nicht zu übertreffen war und den Stolz des Fürsten empfindlich traf. Nicht nur den Stolz, denn in seinen Aufstiegsplänen spielte die Ehe mit der Enkelin des Kaisers eine wichtige Rolle. Als Mann von Eirene Palaiologina wäre er nicht nur mit der Enkelin des Kaisers, sondern auch mit der Nichte des Mitkaisers Johannes VIII. verheiratet.
»Bist du sicher?«
»Ja, Euer Gnaden.«
Eigentlich benötigte Alexios keine Bestätigung – er wusste, dass es stimmte. Er hatte die Gefahr bereits gespürt, als er die beiden in der Loggia des Palastes überrascht und Eirene ihn im Beisein des Kapitäns verspottet hatte. Die Beleidigung brannte immer noch auf seinem Stolz. Sie verlangte nach Genugtuung, und der Gefährdung seiner
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