Byzanz
mit dem Körper seiner Frau in Berührung. Er fühlte sich knochig an. Sie wollte sich wieder hinsetzen, da griff er nach ihrer Hand. Ihr Mann hatte Tränen in den Augen, das erschütterte sie. Der Fürst schluckte, als müsse er die Worte herauswürgen. »Er ist ein Opfer meiner Geilheit! Wie Clara ein Opfer meiner Geilheit ist. Wie du in deiner Einsamkeit ein Opfer meiner Geilheit bist. Hätte Hunyadi den König doch damals nicht daran gehindert, mir das Teil herauszureißen.« Ioanna erblasste und begann zu zittern. Alexios begriff, dass er seine Frau, die fern von der Welt in diesem Palast lebte, überforderte. Mit dem Handrücken wischte er sich die Tränen aus den Augen.
»Rufe bitte den Schreiber, und komme mit ihm zurück, du sollst hören, was ich diktiere, du sollst an meinem Leben Anteil haben.« Ioanna stand auf und kehrte nach wenigen Minuten zurück. Der Schreiber, ein Eunuch unbestimmbaren Alters, schließlich wollte er seine Frau in seinen langen Abwesenheiten nicht in Versuchung führen, trug ein Brett wie ein Bauchladen vor der Brust, auf dem sich Papier, ein Tintenfass und ein Gänsekiel befanden.
»Schreib: Meinen Gruß und meine Ehrerbietung entrichte ich meinem Bruder Iancu Hunyadi. Ich habe dir eine traurige Mitteilung zu machen. Auf mich wurde ein Giftanschlag verübt, dabei hat man unseren treuen Înger getötet. Es ist meine Schuld. Ich kann es auch vor dir nicht rechtfertigen. Wer hinter dem Anschlag steht, kannst du dir denken. Das gekrönte Hurenstück hat einen serbischen Meuchelmörder namens Andreas und seine Metze Emilija beauftragt. Andreas ist tot. Gott hat es gefallen, dass ich ihm den Stahl in die Leber rammte. Die Metze hingegen ist auf der Flucht. Wenn du über sie oder über Mittelsmänner etwas in Erfahrung bringen kannst, teile es mir mit. Ich will sie zur Rechenschaft ziehen. Ihr Tod löscht nicht meine Schuld, aber ich will ihr Herz auf dem Grab meines treuen Hundes verbrennen, damit das meinige Ruhe findet.
So sei Gott befohlen,
Alexios Angelos.« Der Fürst befahl dem Schreiber, einen vertrauenswürdigen Kurier auszuwählen, der Hunyadi die Nachricht überbringen sollte.
»Gott will, dass wir uns in Vergebung üben«, mahnte Ioanna.
»Vergib mir, dass ich nicht vergeben kann«, antwortete Alexios leise.
*
Aus Ahnungen, die sie nicht zu deuten vermochte, gefiel es Anna überhaupt nicht, dass ihr Vater sie zu Bessarion begleitete. Sie hatte vor ihrem Vater keine Geheimnisse, und sie liebte ihn von ganzem Herzen, sogar etwas mehr als ihre Mutter, was sie für eine Sünde hielt, gegen die sie jedoch nichts tun konnte, dennoch warnte sie etwas in ihrem Herzen.
Bessarion staunte, diesmal Vater und Tochter zu begrüßen. »Willst du auch in Philosophie unterrichtet werden?«, fragte er scherzend.
»Wenn es meine Zeit erlaubte, nur zu gern«, erwiderte der Admiral etwas wehmütig. Loukas Notaras erfreute sich an dem Erfolg seiner Unternehmungen und an seiner stetig wachsenden Familie, zuweilen aber in stillen Momenten empfand er eine gewisse Trauer über das begrenzte Maß seiner Bildung. In diesen melancholischen Augenblicken suchte er sich mit dem Argument, dass man nicht alles haben konnte, zu trösten.
»Anna erzählte mir, dass du Besuch von einem Lateiner namens Nikolaus von Kues hattest.«
Bessarions Gesicht erhellte ein breites Lächeln. »Da du sicher gehört hast, dass er den Fürsten Angelos gerettet hat, fragst du dich, was den wackeren Mann, der bei mir und beim Fürsten verkehrt, nach Konstantinopel treibt?«
»In der Tat!«
Bessarion bot beiden Platz an, stöhnte und ließ sich auf einen Schemel nieder. »Ihr solltet endlich eure Feindschaft begraben. Sie ist nicht gut für die Stadt und für euch auch nicht.«
»Du hast leicht reden, dich wollte er nicht töten lassen. Hätte ja auch beinah geklappt.« Anna spitzte die Ohren, dass Alexios Angelos ihrem Vater einst nach dem Leben trachtete, wusste sie bisher noch nicht. Ihr ach so vertrauter Vater schien ein Mann mit Vergangenheit zu sein. Die Zeit vor ihrer Geburt kannte sie natürlich nur aus den Erzählungen ihrer Eltern, doch nie wäre es ihr in den Sinn gekommen, dass Vater wie Mutter wichtige Episoden aussparten.
»Das ist lange her, Loukas«, versuchte der Abt dem Freund ins Gewissen zu reden, doch der machte ein Gesicht, das Bessarion verriet, dass der Admiral darüber nicht weiter reden wollte. Mit ihm nicht und auch nicht mit Anna, deren Neugier er damit weckte.
»Gut, zurück zu Nikolaus
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