Byzanz
dem Schlafzimmer, und er sah ihrem wippenden Hintern nach, der, obwohl sie sich entfernte, immer größer wurde. Die Welt begann sich um ihn zu drehen. Wie ein Strudel, der ihn in sich hineinzog. Eine Weile begleitete ihn noch das Jaulen des Hundes, das verklang. Und dann hörte er nur noch ein Geräusch, ein fortwährendes Hämmern. Er brauchte eine Weile, bis ihm bewusst wurde, dass jemand mit dem gusseisernen Schlegel unausgesetzt an die Palasttür schlug. Wieso machte keiner auf, fragte er sich. Wo sind die Diener? Er wollte nach ihnen rufen, doch die Zunge gehorchte ihm nicht, ein Stück wuchernden Fleisches in seinem Mund. Wo ist Emilija? Er erhob ich schwankend, dann taumelte er aus dem Zimmer, ging zur Treppe, musste aber den Abstand falsch eingeschätzt haben, jedenfalls stürzte er die Stufen hinunter und wunderte sich darüber, dass er so betrunken war, mehr aber noch über die Tatsache, dass der Sturz ihm keine Schmerzen verursachte. Mühsam stand er auf und schwankte zum Portal. Der Riegel war nicht vorgelegt. Er riss die Tür auf und sah vor sich einen Rücken, einen schwarzen Mantel. Der Besucher schien gerade wieder gehen zu wollen, da offensichtlich niemand öffnete. Er schlug mit seiner Hand den Fremden gegen die Schulter. Der wandte sich um, riss die kleinen Augen auf und rief auf Lateinisch: »Fürst Alexios Angelos? Was ist mit Euch? Wo sind Eure Diener?« Dann griff der Fremde dem Fürsten, dem die Knie weich wurden, unter die Arme und zog ihn ins Haus.
»Diener! Heh! Diener!«, brüllte der Fremde so laut, dass es sogar durch die Watte drang, die Alexios in den Gehörgängen zu haben meinte. Niemand im Haus rührte sich. Alexios spürte, wie die Sinne ihn verließen. Vergiftet, dachte er. Die Schlange, fluchte er in Gedanken. Es blieb unklar, ob der Fluch Barbara oder Emilija galt. Aber die Serbin hatte nicht zu viel versprochen, stellte er bitter fest, ich erlebe wirklich etwas, das vollkommen neu für mich ist. Der Fremde drückte ihm den Unterkiefer herunter und stieß ihm seinen Finger in den Mund, so tief es ging. Der Fürst erbrach sich.
»Wo ist die Küche?«, drang es aus weiter Ferne zu ihm. Alexios ließ seinen Kopf nach links fallen, weil seine Arme ihm den Dienst verweigerten. Der Fremde zog ihn in die angedeutete Richtung. In der Küche nahm er einen Pokal, schüttete Salz hinein und goss Wasser aus dem Fass dazu, dann rührte er, bis sich das Salz einigermaßen aufgelöst hatte.
»Trinken!« Befehlen und Alexios den salzigen Trank einhelfen, waren eins. Der Fürst spuckte. »Trinken!«, brüllte der Fremde. Alexios gehorchte. Kaum hatte er den widerlich schmeckenden Pokal geleert, musste er sich erneut übergeben, wieder und immer wieder. Der Würgereiz kam in rasch aufeinanderfolgenden Wellen. Nachdem er sich beruhigt hatte, gab der Fremde ihm erneut Salzwasser zu trinken. Jetzt spie er die reine Galle aus. Aus den Augenwinkeln erkannte der Fürst, dass einer seiner Diener, Andreas, erschien. Der Domestik wollte gerade auf den Fremden losgehen, weil er bei dem Anblick, den beide boten, wohl nichts anderes denken konnte, als dass der Fremde seinen Herrn töten wollte. Alexios versuchte durch Zeichen seinem Diener verständlich zu machen, dass der Fremde ihm half. Durch das wirre Gestikulieren des Fürsten wurde der Fremde auf den Diener, der auf ihn losging, aufmerksam. Andreas zog ein Messer. Alexios schüttelte den Kopf, doch das interessierte den Diener nicht. Wahrscheinlich, dämmerte es dem Fürsten, steckte der Domestik mit der Giftmörderin unter einer Decke und sollte nur nachsehen, ob der Fürst tot war und wenn nicht, etwas nachhelfen. Andreas gehörte zu den beiden neuen Dienern, die auf Emilijas Wunsch in den Palast gekommen waren.
Soll es das jetzt gewesen sein?, dachte Alexios. Der Fremde wirkte wie ein Gelehrter, nicht wie ein Kämpfer, nicht einmal wie ein Raufbold.
»Heilige Muttergottes«, entfuhr es dem in einer Sprache, die ihn an Otto von Weißenburg erinnerte. Wo der jetzt wohl stecken mochte?, fragte er sich zärtlich und vollkommen unpassend angesichts der Situation, in der er steckte. Er musste sich zwingen, gegen den Druck und die Lähmung anzukämpfen, sich und dem Fremden zu helfen. Seine Instinkte trieben ihn, sich nicht gehen zu lassen. Das Erbrechen hatte ihm etwas Erleichterung verschafft. Geschickt wich der Fremde den Messerattacken des Dieners aus, griff nach dem großen Schaumlöffel und stieß ihn mit aller Gewalt in dessen Mund, dass die
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