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Byzanz

Byzanz

Titel: Byzanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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der Admiral mit dieser Meinung nicht allein stand. Die Mönche, die ihn geschlagen hatten, dachten ähnlich. Lieber wollten sie von den Türken geduldet, als vom Papst beherrscht werden. Seine Brüder! In diesem Moment begriff Bessarion, dass diese Männer nicht mehr seine Brüder waren. Pflichtgemäß hatte er bei der Abfahrt von Venedig Heimweh verspürt, aber in Wirklichkeit Wehmut, weggehen zu müssen, empfunden, denn er hatte sich im Westen wohlgefühlt.
    »Ich kehre nach Italien zurück«, sagte der Patriarch.
    »Der Kaiser wird dir das Patriarchat von Konstantinopel anbieten«, testete Loukas den Entschluss des Freundes. Doch der lächelte nur, dieses halb verwunderte, halb wissende Lächeln, das Loukas so sehr an ihm mochte.
    »Auch dann nicht. Ich dringe hier nicht mehr durch. Was auf der schiefen Ebene steht, rutscht. Ich könnte nicht unter dem Turban des Sultans leben!«
    Johannes saß in seinem Lehnstuhl und blickte auf Konstantinopel. Wenn er von hier zur Stadt sah, fühlte er sich als der einsamste Mensch der Welt. Immer hatte er Kaiser werden wollen, nun war er es, und eigentlich schon viel zu lange. Was galt es schon, Kaiser einer heruntergekommenen Stadt zu sein? Das erstarrte Hofzeremoniell stellte nur noch den Abglanz eines einst großen Reiches dar. All die tönenden Titel! Das einzige Glück, das sich in all den Jahren bei ihm eingestellt hatte, war die Ehe mit Maria gewesen, mit dieser wunderschönen Prinzessin aus Trapezunt. Von Anfang an hatten sie sich gemocht, gespürt, dass sie zu Gefährten ausersehen waren. Und nun gab es sie nicht mehr. Seine Gefährtin war nicht mehr bei ihm und hatte einen einsamen Mann in einem einsamen Reich zurückgelassen. Johannes kniete nieder und betete, dass ihn Gott von seinem Leben erlösen möge.
    Ioanna deckte gerade persönlich den Tisch, als Alexios den Palast betrat. Der Diener wollte ihn begrüßen, doch Alexios fragte ihn stürmisch: »Wo ist meine Frau?«
    »Im Speisezimmer.« Gott sei Dank, sie lebt, dachte er. Mit diesem Gedanken rannte der Fürst die Treppen hinauf. Ioanna, die seine Schritte erkannte, stürzte aus der Tür. Von jäher Freude wie vom Blitz getroffen, verharrten beide – sie auf der Türschwelle, er auf der obersten Treppenstufe.
    »Du bist zu früh! Ich wollte dir so gern einen kleinen Empfang bereiten«, scherzte sie nach einer kleinen Weile, nachdem sie die Worte wiedergefunden hatte.
    »Soll ich noch einmal gehen?«
    »Untersteh dich!«, sagte sie mit einem ungewohnten Nachdruck in der Stimme, über den sie selbst erschrak. Er machte ein paar Schritte auf sie zu, dann nahm er sie vorsichtig in die Arme, als wäre sie zerbrechlich wie dünnes chinesisches Porzellan.
    »Du stinkst«, sagte sie.
    »Soll ich …«
    »Nein«, mehr vermochte sie nicht zu sagen, doch er verstand sie auch so. So nah waren sie einander noch nie gekommen.
    Bessarion ging einige Wochen mit sich zurate. Die Bitte des Kaisers, das Patriarchat von Konstantinopel zu übernehmen, lehnte er ab. Mit diesen Leuten, die es für Glauben und für Gottesdienst hielten, wenn sie sich nur möglichst kulturlos verhielten, mit dieser Einfalt wollte er nichts mehr zu tun haben. Ihr Anblick ekelte ihn an, ihre Worte stießen ihn ab. Er wollte nur noch fort, zurück nach Italien.
    Loukas hatte den Freund zurückhalten wollen, doch Eirene überzeugte ihn schließlich davon, dass es das Beste für Bessarion sein würde. So besorgte er ihm eine Passage auf einem venezianischen Schiff.
    Vor seiner Abreise blieb für Bessarion nur noch ein Problem, das ihm Alexios zu lösen half. Persönlich begleitete ihn der Fürst mit einigen Bewaffneten zum Kloster, damit er ungehindert seine Kleidung, seine Bücher und Manuskripte holen und in der Bibliothek ein paar Kisten mit Büchern packen konnte. Zuvor hatte Anna ihn in die Ordnung der Bibliothek eingeweiht. Wütend stand der Bibliothekar daneben, doch konnte er gegen die Leute des Fürsten nichts unternehmen.
    Ein Vierteljahr später landete Bessarion wieder in Venedig. Im Gepäck hatte er eine kostbare kleine Bibliothek, auf die italienische Gelehrte bereits begierig warteten. Nie wieder sollte er nach Konstantinopel zurückkehren.

31
    Residenz des Sultans, Amasia
    Lange hatte sich Jaroslawa dagegen gewehrt, sich einzugestehen, dass ihre Lebenskräfte sie verließen. Als sie schließlich anfing, Blut zu spucken, blieb ihr nichts mehr, als der Wahrheit ins Auge zu blicken. Sich selbst durfte sie belügen, nicht aber ihren Sohn. So

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