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Byzanz

Byzanz

Titel: Byzanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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Loukas Eirene zu sich ins Arbeitszimmer.
    »Die letzte Zeit war für uns alle sehr anstrengend«, begann er.
    »Du hast mich aus allem ausgeschlossen«, sagte sie ohne Vorwurf, beiläufig, wie eine Feststellung.
    »Dafür will ich mich entschuldigen.«
    »Meinst du das ernst, oder ist es nur Diplomatie? Entschuldige, dass ich frage, aber ich bin ja mit einem Staatsmann verheiratet.« Sie sah ihm an, dass er sich beherrschte, und hoffte, dass er einmal die Fassung verlor und sie endlich einmal wieder seine Gefühle zu sehen bekam, anstatt mit kalkulierten Sätzen abgefertigt zu werden.
    »Eigentlich wollte ich mit dir über etwas anderes sprechen.« In seinem Gesicht zeigte sich keine Regung, nur seine Augen blickten müde.
    »Dann haben wir ja den ersten Punkt schon abgehakt, obwohl ich nicht weiß, ob du dich entschuldigen wolltest oder es schon getan hast und du keine Kenntnis darüber besitzt, ob ich im letzteren Fall die Entschuldigung annehme.«
    »Nimmst du die Entschuldigung an?«
    »Nein.«
    »Gut, dann können wir fortfahren, vorausgesetzt, du bist bereit, mit mir über Anna zu reden.« Eirene nickte und lehnte sich zurück.
    »Jemand muss nach Genua und Venedig reisen, unsere Depots bei den Banken prüfen, vor Ort Verhandlungen mit den wichtigen Leuten führen, damit wir nicht mehr auf die genuesische und venezianische Kolonie in Konstantinopel angewiesen sind. Wir müssen eine Dependance in Venedig und Genua errichten und mit den Florentinern ins Gespräch kommen. Ich kann nicht weg, nicht für ein paar Jahre. Demetrios ist ein hervorragender Kontorist, aber kein Handelsherr, kein Unternehmer, kein Politiker.«
    Eirene ahnte, was er vorhatte. Ihr stockte das Herz. »Du willst doch nicht etwa Anna …«, brach es entsetzt aus ihr heraus.
    Er nickte. »Doch. Sie ist jetzt schon so gut wie ich. Sie wird mich eines nicht allzu fernen Tages übertreffen, denn sie hat dazu noch deine Intuition geerbt.« Das Kompliment, das er ernst gemeint hatte, verfing nicht bei ihr. Sie wurde blass, sprang auf und rang nach Atem. »Wie egoistisch und rücksichtslos bist du eigentlich, Loukas Notaras? Sie ist ein Mädchen, und du willst sie in diese unübersichtliche Welt hinausschicken?«
    »Natürlich geht sie nicht allein. Eudokimos und ein paar kräftige, treue und gewitzte Männer werden sie begleiten. Außerdem ist Bessarion in Italien. Er ist sogar Kardinal ihrer Kirche.«
    »Da bin ich aber beruhigt«, verdrehte sie die Augen. Der Gedanke, sich von ihrer Tochter trennen zu müssen, sie vielleicht niemals wiederzusehen, schnürte ihr das Herz ab. Auch Loukas erhob sich und ging zu ihr. Er streckte die Hand nach ihr aus, ließ sie dann aber wieder sinken. »Ich erinnere mich an ein Mädchen aus dem Kaiserhaus, das einen jungen Kapitän überreden wollte, sie mit auf seine Reisen zu nehmen. Eirene, was du wolltest, geht für Anna in Erfüllung. Sie wird Venedig und Genua sehen. Es ist ihr Leben. Meinst du, ich trenne mich gern von meiner geliebten Tochter?«
    »Ach«, stöhnte sie.
    »Denken wir nicht nur an uns, sondern auch an sie. Ich weiß, es ist ungewöhnlich, aber auch sie ist ungewöhnlich. Sie ist deine und meine Tochter. Ich schwöre dir, sie kann alles, was sie braucht.«
    »Hatte Martina Laskarina ein schönes Leben?«, fragte Eirene und schaute dabei durch Loukas hindurch.
    Er zuckte mit den Achseln. »Sie hatte das Leben, das sie gewollt hatte.«
    Nachdenklich musterte sie ihren Mann. Er bekam bereits die ersten grauen Haare, aber er war noch so schlank wie früher. Sein Gesicht war markanter geworden, und seine Augen lachten viel zu selten mit, wenn er lächelte. Er war nicht mehr der junge Kapitän, in den sie sich einst verliebt hatte. Dieser mit allen Wassern gewaschene Handelsherr und Politiker, der vor ihr stand, liebte sie ihn eigentlich noch? Oder war es nur die Gewohnheit oder die Illusion, dass noch etwas von diesem jungen Kapitän in ihm war? »Manchmal denke ich, wir sind alle nur Figuren in deinem großen Spiel, das mir ob seiner Größe Angst einjagt«, sagte sie leise. Loukas erschrak. Er biss sich auf die Lippen. »Ihr seid keine Figuren für mich, ihr seid der Grund, warum ich lebe und arbeite!«, antwortete er erschüttert.
    »Ich weiß es nicht, Loukas«, sagte Eirene kühl und verließ den Raum.
    In ihm stieg Wut auf sich, auf sie, auf diese ganze Welt hoch. Er betrog sie nicht, er hatte das Familienunternehmen zum Erfolg geführt, er trank nicht, er ließ sich nicht gehen und mied das

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