Byzanz
so entsetzlich müde. So langsam verstand er seinen Vater, wenn der auch zwanzig Jahre älter gewesen war, als ihn diese Stimmungen heimzusuchen begannen. Wahrscheinlich hatte er die Nacht damit zugebracht, an seine verstorbene Frau zu denken, vermutete Loukas.
»Die Dinge sehen schwieriger aus, als sie sind.« Der Großadmiral hatte nur eine Chance, nämlich überlegen aufzutreten, wie jemand, der alles im Voraus kommen sah und demzufolge auch alles auf ruhige Art und Weise zu lösen verstand. »Wir hatten einen guten Frieden mit den Türken. Wladislaw hat ihn ohne Grund gebrochen und uns alle in eine schwierige Lage gebracht. Auch hat er uns nicht gefragt, sondern ohne unsere Meinung einzuholen entschieden. Dennoch müssen wir ihm helfen. Allein, wir können es nicht. Oberbefehlshaber, gibt es einen Mann, den Ihr entbehren könnt, wenn diese Stadt angegriffen wird?«
»Nein, wir müssten sogar Söldner anwerben«, antwortete Kantakuzenos.
»Wir haben nicht einen Dukaten in der Staatskasse übrig, um Söldner anzuwerben. Der Herr Papst hat dem ungarischen König Geld gegeben, damit der ein Heer aufstellen kann – uns hat er keines gegeben.« Er blickte in die Runde und erntete zustimmendes Nicken. Glücklich darüber, dass Fürst Angelos nicht in der Runde saß, der jetzt die Frage aufgeworfen hätte, weshalb nicht reiche Griechen, wie Loukas Notaras, dem Staat Mittel für den Kauf von Söldnern vorstrecken würden, ging der Großadmiral dazu über, den Anwesenden für die Entscheidung ein gutes Gewissen zu verschaffen. »Von der Peloponnes kann kein einziger Mann König Wladislaws Heer verstärken, weil Euer Bruder Konstantin von Mistra aus begonnen hat, Griechenland zurückzuerobern, mit großem Erfolg übrigens. Also leisten wir schon unseren Beitrag.« Loukas hielt kurz inne.
»Nur weiter«, forderte ihn der Kaiser auf, der aufmerksamer geworden war.
»Murad ist mit seinem Hauptheer in Anatolien und kann mit seinen Truppen wegen der Blockade nicht nach Rumelien übersetzen. Da dürfte es für Wladislaw ein Leichtes sein, die rumelischen Truppen der Türken zu schlagen.«
»Recht so«, pflichtete ihm der Oberbefehlshaber bei.
Johannes erhob sich. Er ging zum Fenster und blickte auf die Kuppeln der alten Stadt, die schon so manchen Sturm überstanden hatte. Nach einer Weile wandte er sich um.
»So soll es sein«, verkündete er. »Wladislaw wird die Türken schlagen. Wir helfen, indem wir mit der venezianischen, der burgundischen, genuesischen und päpstlichen Flotte die Überfahrt blockieren. Außerdem befindet sich der Fürst Alexios Angelos mit seinen Leuten beim Kreuzfahrerheer. Damit haben wir das Beste beigesteuert, was wir zu bieten haben.« Johannes nickte den Anwesenden zu, dann verließ er den Raum. Er sehnte sich danach, sich in seine Erinnerungen zurückzuziehen. Selbst Loukas Notaras empfand den Hinweis auf Alexios Angelos als zynisch, war sich aber nicht ganz sicher, ob der Kaiser es wirklich zynisch gemeint oder nur einfach gedankenlos dahingeworfen hatte.
Wie so häufig hatte Nikephoros eine Weile mit Eirene gesprochen, als sei er das Kind und sie seine Mutter. Dann wurde er müde und schlief ein. Als er die Augen wieder aufschlug, überraschte er sie mit einem klaren Satz. »Es geht zu Ende, Schwiegertochter.« Eirene wollte noch etwas einwenden, doch er wehrte mit einer Geste ab. »Raub nicht meine Zeit und hör mir gut zu, aber zuvor nimm meine Hand – auch wenn ich weiß, dass unser Herrgott bereits auf mich wartet, habe ich doch etwas Angst.« Sie erfüllte seinen Wunsch. Er schaute sie aus seinen runden Augen an, die so sehr den Augen ihres Mannes glichen. »Kümmert euch um Thekla, auch wenn sie manchmal schwierig ist. Sie ist besser als ich, und ich hatte das große Glück in meinem Leben, in ihrem Schatten Platz nehmen zu dürfen. Du musst zu deinem Mann halten, Eirene. Ihr seid füreinander geschaffen. Das wusste ich schon, als du in meinen Palast gestürmt kamst und unbedingt meinen schwer verwundeten Sohn zu sehen wünschtest. Auch wenn man sich noch so sehr übereinander ärgert, wenn es auch noch so schwierig wird, wenn fast jedes Gespräch in einem Streit endet, den niemand gewollt hat, und man meint, dass man an einem Punkt ist, wo man sich nur noch missverstehen kann …«
»Woher weißt du?«, fragte Eirene erstaunt, doch er hob erneut die Hand, die Bitte im Blick, ihn nicht zu unterbrechen.
»… das alles gehört zur Welt, die nichts taugt. Das andere aber ist
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