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Byzanz

Byzanz

Titel: Byzanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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gegeben, dir, einer guten muslimischen Frau! Der Junge ist verwildert. Er weiß nichts über unseren Glauben. Kann er überhaupt lesen und schreiben?« Die Amme, die merkte, dass sie sich in höchster Gefahr befand, witterte die Chance, sich gleichzeitig an Jaroslawa und an dem Eunuchen zu rächen. Sie brach in Tränen aus und bat den Großherrn um Verzeihung. Dann erzählte sie, wie der Eunuch Hasan ihr Leben bedroht und Jaroslawa dadurch das Kind in ihre Gewalt bekommen hatte. Sie berichtete von heidnischen Bräuchen und von Intrigen. Konnte es sein, dass die Russin im Bunde mit einigen Eunuchen die Beweise gefälscht hatte? Und sein guter Sohn unschuldig starb? Der Sultan stürmte aus dem Raum. Zog sich in den Harem zurück und verbrachte dort fünf Tage im Dunst der Wasserpfeife, trank Wein, ließ sich von seinen Konkubinen verzaubern. Dann schlief er zwei Tage und ging danach in den Hamam. Am Abend rief er Chidr Pascha und Halil Pascha zu sich. Halil befahl er, einen strengen Lehrer für seinen Sohn zu suchen. Die Wahl der Mittel stelle er dem Lehrer anheim, Hauptsache, er würde den verwilderten Jungen kultivieren. Chidr Pascha aber sollte die Russin und den Eunuchen verhören, um ihre Verbrechen aufzudecken. Vor allem wünschte Murad zu erfahren, ob sie ein Komplott gegen seinen Sohn geschmiedet hatten.
    Chidr Pascha erfuhr natürlich nichts, er kannte ja die Wahrheit. Jaroslawa traf er nach einem Blutsturz tot an, und Hasan hatte Gift getrunken. So berichtete er zumindest.
    Für Mehmed aber fand man einen Erzieher, den Kurden Professor Ahmed Kurani. Er stellte sich dem Jungen, der gerade vom Tod seiner Mutter erfahren hatte, mit den Worten vor: »Dein Vater hat mich zu dir zum Unterricht, aber auch zur Züchtigung gesandt, falls du mir nicht gehorchen solltest.« Darauf lachte der Junge laut und höhnisch auf. Voller Wut darüber, nun für immer von seiner Mutter getrennt zu sein, voller Trauer über ihr Schicksal. Doch Kurani nahm seinen Stock und verprügelte Mehmed, dass er mehrere Tage das Bett hüten musste. Dann begann er mit dem Koranunterricht. Nur ein weltliches Buch ließ er gelten, Nisamis »Alexanderroman«, denn auch Mollah Kurani wollte, dass Mehmed ein großer Herrscher würde.

35
    Konstantinopel
    Das ganze Frühjahr 1444 ging über Friedensverhandlungen hin. Jeder sprach über Unterhändler, oftmals auch die gleichen, mit jedem. Der Sultan verhandelte mit dem ungarischen König und den serbischen Despoten, Johannes VIII. mit dem ungarischen König und dem Sultan.
    Loukas Notaras war tief in alle Verhandlungen verstrickt, denn ihm lag sehr am Frieden. Schließlich konnte er dem Kaiser und seinen Kollegen im Geheimen Rat Anfang August berichten, dass nach dem Sultan nun auch der ungarische König Wladislaw einen zehnjährigen Frieden beschworen hatte. Der Großadmiral musste seine ganze Selbstdisziplin aufbringen, um nicht zu jubeln und zu tanzen. Er hatte sein Ziel erreicht! Politisch stand nun zumindest für die nächsten zehn Jahre der Status quo fest. Diese Zeit wollte er nutzen, um Konstantinopel als Handelsmacht und die Bande unter den Regierenden zu stärken. »Ich bitte, nicht mit diesem Satz zitiert zu werden. Aber wir richten das Reich der Rhomäer nicht durch Landgewinne wieder auf, sondern indem wir eine Handelsmacht werden, so etwas wie Venedig, nur größer und stärker. Das Reich der Rhomäer wird auf dem Meer erstehen.« Er hatte kaum geendet, da brandete Beifall auf. Vor ein paar Jahren hätten die adligen Herren im Rat über seine Worte noch die feinen Nasen gerümpft, stellte er zufrieden für sich fest. Nun aber, wo sie alle in irgendeiner Weise mit den Handelsfirmen verbunden waren und inzwischen mehr Profit aus dem Handel als aus dem Ackerbau und der Viehzucht zogen, stimmten sie ihm zu.
    Als er später bei Tisch über seinen Erfolg berichtete, freute sich die ganze Familie, nur Eirene hielt sich zurück. Sie äußerte zwar keine Skepsis, legte aber auch keine Begeisterung an den Tag.
    Nach dem Essen besuchte Loukas seinen Vater, der in seinem Bett lag. Die rechte Seite des alten Seeräubers war gelähmt, und die Zunge entzog sich seiner Beherrschung. Loukas nahm die Hand seines Vaters und erzählte ihm, was er erreicht hatte. Eine kleine Träne, eine Freudenträne rann dem Alten aus dem linken Auge. So schmerzlich es für ihn war, seinen Vater in dieser Verfassung zu sehen, so sehr freute es ihn, dass Nikephoros Notaras diese Entwicklung noch erleben durfte.
    Dann bat

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