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Byzanz

Byzanz

Titel: Byzanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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Glücksspiel. Was zum Teufel warf sie ihm eigentlich vor? Warum brachte sie nicht ein einziges Lob über die Lippen? Hatte er sie etwa zu wenig an seinem Traum teilnehmen lassen? War es das? Heftig schüttelte er den Kopf. Eirene wusste mehr über seine Geschäfte als andere Ehefrauen über die Geschäfte ihrer Männer. Eigentlich war es doch ein schöner Tag für ihn gewesen, und nun dies. Womit hatte er das verdient? Er musste sich eingestehen, dass er Eirene nicht mehr verstand.

36
    Residenz des ungarischen Königs, Buda
    Alexios kannte den Saal in der Burg von Buda. Hier war er das erste Mal Barbara begegnet. Wie er gehört hatte, lebte sie zurückgezogen im tschechischen Melnik, beschäftigte sich wieder mit Alchemie und versuchte durch Intrigen Einfluss auf die Politik in Ungarn und auf dem Balkan zu nehmen. Die Hobbys einer ehemals verführerischen Frau, dachte Alexios nicht ohne Bosheit.
    In einem Lehnstuhl saß der junge König Wladislaw. Mit seinen wallenden Locken und dem verwegenen Vollbart erinnerte er in seiner Erscheinung an die Ritter der Tafelrunde, zumindest, wie man sie sich vorstellte. Was allerdings gar nicht zu seinem heldenhaften Aussehen passte, war sein verdrossener Blick. Wie ein aufgeregtes Männchen sprang der kleine Kardinal Cesarini vor ihm auf und ab und las ihm gehörig die Leviten, während Johann Hunyadi stumm mit grimmigem Blick auf einem Schemel hockte.
    »Wie konntet Ihr nur nach einem so erfolgreichen Kreuzzug ein Friedensabkommen mit diesem Heiden beschwören, ja, sogar beeiden? Die Venezianer, die Genuesen, auch die Burgunder kreuzen vor Konstantinopel, damit der Sultan mit seinen Truppen nicht übersetzen kann, und Ihr blast hier den ganzen Kreuzzug ab! Ja, seid Ihr noch bei Sinnen?«
    »Wir haben doch unsere Ziele erreicht«, warf der vor allem schöne König ein.
    »Wenn es Euer Ziel war, in der Hölle zu schmoren, dann habt Ihr Euer Ziel wahrlich erreicht!«, fuhr ihn der Kardinal an. Der König zog unwillkürlich die Schultern hoch und hielt abwehrend die Handflächen nach vorn.
    »Soviel ich weiß, stehen noch viele Türken zwischen hier und Konstantinopel«, bemerkte Hunyadi trocken. Wladislaw schaute von einem zum anderen wie ein großer Junge, der wusste, dass er eine Dummheit begangen hat. »Was soll ich denn jetzt tun?«
    »Den Kreuzzug fortsetzen«, beschied Hunyadi seinen König knapp.
    »Aber mein Eid!« Wladislaw stand auf und hob theatralisch die Hände. »Meine Herren, das … geht … nicht, dass … ich als … eid … brüchig … in die Geschichte … eingehe!«
    Cesarini zog die tiefschwarzen Augenbrauen hoch, winkte ab und sagte wie nebenbei: »Der Papst hat Euch längst vom Eid entbunden.«
    »Wie das?« Dem König blieb der Mund offen stehen. Er setzte sich wieder.
    »Heiden gegenüber gelten keine Eide christlicher Könige. Ihr könnt dem Sultan schwören, was Ihr lustig seid – es hat kirchenrechtlich keinen Bestand. Der Dispens dürfte in den nächsten Tagen hier eintreffen.«
    »Ja, meine Herren, was sitzt Ihr da noch herum, trommelt das Heer zusammen! Wir wollen unseren Kreuzzug fortsetzen«, warf sich Wladislaw in Pose, als läge es nur an den anderen, dass sich das Heer noch nicht in Bewegung gesetzt hätte.
    »Gut gemacht, Kardinal«, rief Alexios beim Hinausgehen Cesarini zu.
    »Ich hoffe, dass die Streitmacht des Kaisers bald von Konstantinopel aufbricht«, sagte er trocken.
    »Das wird sie, mein Wort darauf!«
    *
    Tagelang hatte der alte Seeräuber, dem es von Tag zu Tag besser gelang, die schwere Zunge zu bewegen, wirr geredet, wollte ständig mit seinen Freunden spielen, versuchte sogar einmal, das Bett zu verlassen, stürzte aber nur und trug eine Schramme, die von der Schläfe abseits über die Wange lief, davon. Seitdem teilten sich Thekla, Demetrios, Eirene und Theodora mit der Zofe die Zeit am Bett des alten Mannes. Eine Erkältung, die der September mitbrachte, schwächte ihn. Eines Morgens, als Eirene Thekla ablösen wollte, hielt sie der Anblick der beiden alten Leute an der Tür fest. Es rührte sie, wie die beiden, die ein ganzes Leben miteinander verbracht hatten und zwischen denen wohl kein Satz ungesagt und keine Geschichte unerzählt geblieben war, sich in einem munteren Gespräch verloren hatten, als lernten sie sich gerade kennen und sprachen zum ersten Mal miteinander. Nikephoros lag fast sitzend, weil man ihm die Kissen im Rücken aufgestellt hatte, und hielt Thekla, die es sich auf der Bettkante bequem machte

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