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Byzanz

Byzanz

Titel: Byzanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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eure Liebe, die ein Gottesgeschenk ist. Lasst euch nicht vom Wesentlichen abbringen! Lasst eure Liebe nicht von der Welt vergiften! Die Welt will es nur zu gern, weil sie nicht von der Liebe überwunden werden …« Seine Augen blieben stehen und auch sein Atem. Jetzt wo das Licht aus ihnen wich, wirkten sie traurig, als denke ihr Besitzer noch einmal über sein Leben nach, über all das, was er falsch gemacht oder worin er gesündigt hatte und was er nicht mehr ändern konnte.
    »Ich werde mich mit Loukas vertragen. Ich verspreche es dir. Die Welt wird nicht unsere Liebe überwinden. Das lasse ich nicht zu!«, sagte sie mit fester Stimme. Dann legte sie seine Hände übereinander und begann für ihn zu beten. Demetrios betrat das Schlafzimmer, um seine Schwägerin abzulösen. Das Bild, das sich ihm bot, verriet ihm, dass sein Vater gerade gestorben war. Wie an einem Band aufgefädelt und zügig weitergezogen, gingen ihm die Bilder ihrer Gemeinsamkeit durch den Kopf, besonders die vielen Stunden des Malens und Skizzierens. Er trat ans Bett und drückte seinem Vater mit seinem rechten Daumen und dem kleinen Finger, da die drei mittleren gelähmt waren, sanft die Augen zu.
    »Wir müssen die anderen informieren«, sagte Eirene und nahm Demetrios in den Arm. Sie fühlte sich so allein, und ihr Schwager, dem es ebenso erging, nahm den Halt gern an, den sie sich gegenseitig zu geben vermochten.
    »Ich bin so froh, dass Vater und ich noch so viel Zeit miteinander haben durften. Vieles hätte einfacher sein können«, brach es aus ihm heraus.
    »Ja, aber es ist nie einfach. Was ist das, ein glückliches Leben?« Demetrios antwortete nicht. Stattdessen schlug er vor, dass er mit seiner Mutter und Eirene mit den Kindern reden sollte. Sie nahm es dankbar an. Mit Thekla zu sprechen hätte sie überfordert.
    Als sie gerade in die Zimmerflucht ihrer Familie biegen wollte, kam ihr Loukas von der Treppe her entgegen. Er war in Gedanken versunken und merkte erst, dass etwas geschehen sein musste, als Eirenes Blick länger auf ihm ruhte als üblich.
    »Ist etwas passiert?«, fragte er, als er neben ihr stand.
    »Loukas, dein Vater ist gerade verstorben.« In einer plötzlichen Gefühlsaufwallung, die man bei ihm lange nicht mehr beobachtet hatte, biss er sich in die Faust und zog die Nase hoch, um den Ansturm der Tränen zu bremsen.
    »Weiß es Demetrios schon? Wie nahm er es auf? Die beiden standen sich näher …« Eirene nickte stumm, dann gab sie ihm den Kuss, den ihr Loukas aus einer kurzen Gemütsbewegung heraus am Morgen hatte geben wollen. »Geh jetzt zu deiner Mutter. Ich sage den Kindern, dass ihr Großvater sie von nun an vom Himmel aus beschützen wird.«
    Loukas betrat gerade in dem Moment den Saal seiner Mutter, als Demetrios ihr die traurige Nachricht überbracht hatte. Die alte Frau in dem plötzlich viel zu großen Korbsessel starrte vor sich hin und fragte fassungslos: »Wie kann er denn nur so etwas machen?« Demetrios wandte sich seinem Bruder zu. Loukas war mit vier Schritten bei ihm und legte ihm tröstend die Hand auf die Schulter. »Er hatte ein gutes Leben«, sagte er mit fester Stimme.
    »Dieser Schuft, dieser verdammte Schuft!«, rief Thekla plötzlich.
    Die beiden Söhne schauten verwundert in das zornige Antlitz ihrer Mutter. »Er hat mich nicht mitgenommen, er hat mich hier einfach zurückgelassen!«, schimpfte sie, verzweifelt wie jemand, der auf einer einsamen Insel vergessen worden war.
    »Weil er wusste, dass wir dich noch brauchen, Mutter! Schau dir doch den Kleinen an!«, sagte Loukas und wies auf Demetrios. »Meinst du, er kommt ohne dich aus, und die Enkelkinder, und Eirene? Und ich, Mutter, ich auch nicht!«
    »Ich will zu ihm!« Sie wollte für keinen anderen mehr da sein.

37
    Notaras-Palast, Konstantinopel
    Solange er seine Mutter und Demetrios trösten konnte, schützte ihn das Gefühl, dass nicht ihn, sondern nur die anderen dieser Schlag getroffen hatte und es seine Pflicht war, ihnen den Abschied so einfach wie möglich zu gestalten. Aber als Eirene ihn bei der Hand nahm und ihn fragte, ob er sich nicht von seinem Vater verabschieden wolle, hielt er sich mehr an ihr fest, als dass er sie umarmte, und sagte: »Mein Vater ist tot.« Auch wenn er es als Sünde empfand, konnte sich Loukas nicht dazu durchringen, an das Bett des Toten zu treten. Er fürchtete sich vor dem Abschied. Eirene entdeckte Anna, die gerade vom Hafen zurückkehrte, wo sie mit Eudokimos Schiffsladungen kontrolliert

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