Byzanz
drohend: »Die Frechheit Eurer Tochter wird Euch ein hübsches Sümmchen kosten.«
»Wenn es dem großen Ehrenmann nur ums Geld geht, lieber Vater, ich bitte Euch, dann gebt ihm das Doppelte, und nie wieder soll vom Heiraten die Rede sein. Er kann sich von der einen Hälfte eine Braut kaufen und von der anderen einen neuen Waffenmeister zulegen. Sein Verbrauch an derlei Kreaturen ist immens, wie man hört.«
»Was ist mit meinem Waffenmeister?«, fragte der Fürst, hellhörig geworden.
»Den einen verliert Ihr auf einer Reise, den Nächsten bei einem Auftrag. Mehr muss ich Euch nicht sagen! Ihr wisst es doch selbst am besten.«
Alexios beschlich ein ungutes Gefühl, doch sein Instinkt verriet ihm, dass er von Eirene, die offensichtlich gut unterrichtet war, nicht mehr erfahren würde. Gleich nach seiner Rückkehr in seinen Palast würde er nach Jacques le Lame schicken. Etwas schien schiefgelaufen zu sein.
Dann wandte er sich nur noch dem Despoten von Thessaloniki zu, als wäre Eirene nicht anwesend. »Lieber Vater, ich darf Euch doch so nennen?«
Andronikos nickte leicht.
»Ich schwöre Euch, Eure Tochter zu einer guten Ehefrau zu machen«, sagte Alexios, verneigte sich vor Andronikos und rauschte ab mit all seiner Bedeutung und seinen Vorfahren im Schlepptau.
Als Vater und Tochter allein waren, gingen sie hinüber zur Ottomane. Eirene kuschelte sich an ihren Vater und erzählte ihm von Loukas Notaras, was sie für ihn empfand und was Alexios Angelos getan hatte. Sie schloss ihren Bericht mit einem eindringlichen Appell, wobei sie seine Hand nahm. »Wenn du willst, dass deine Tochter glücklich wird, dann zwinge mich nicht, diesen Mann zu heiraten! Er hat keine Ehre! Und keine Achtung vor mir, wie ich auch nicht vor ihm!«
»Woher willst du das wissen?«
»Du weißt es doch auch, Vater.«
»Schön, er ist vielleicht etwas laut und grob, aber …«
»Er ist laut, er ist grob, er ist hochmütig, wo Christus doch will, dass wir Demut empfinden, und er hat keine Ehre. Ich bleibe dabei!«
»Du bist jung und hast Angst vor der Ehe …«
»Glaubst du das wirklich von deiner Tochter, guter Vater?«, fiel sie ihm ins Wort. »Dann gib mir Loukas Notaras zum Bräutigam, und du wirst sehen, wie die Furcht vor der Ehe wie Eis in der Sonne schmilzt.«
Andronikos stöhnte auf. Das, was er gesehen und gehört hatte, stimmte ihn ohnehin nachdenklich, denn mehr als alles andere lag ihm das Glück seiner Tochter am Herzen – nicht nur, weil er seiner Frau am Sterbebett geschworen hatte, dafür zu sorgen.
»Ich werde Alexios Angelos nicht heiraten«, wiederholte Eirene. »Mir stehen genügend Mittel zu Gebote, um das zu verhindern, und dabei ist die Möglichkeit, ins Kloster zu gehen, die harmloseste. Lieber steige ich in den Sarg als in Alexios’ Brautbett. An der Seite dieses Mannes leben zu müssen wäre der wahre Tod. Willst du das, Vater?«
Sie hatte ruhig, fast zärtlich gesprochen. Andronikos küsste die Hand seiner Tochter. »Auch wenn es eine Sünde ist, so will ich nicht gegen deinen Willen handeln.« Er konnte ihr nichts abschlagen und wollte sie nicht verlieren.
»Ich werde Loukas Notaras heiraten. Ich weiß es, seit ich ihn das erste Mal gesehen habe.«
»Ein tüchtiger Mann ohne Zweifel«, brummte Andronikos, der den Ärger ahnte, der auf ihn zukam. »Geh zu deiner Großmutter! Sprich mit der Kaiserin. Es wird nicht leicht, aber tu es!«, riet er seiner Tochter. Und er wusste sehr gut, worüber er redete, denn er hatte Angst vor seiner Mutter – noch immer.
16
Kaiserpalast, Konstantinopel
Im Geheimen Besprechungssaal empfing Manuel II. Nikephoros Notaras. Melancholisch kam er dem Dolmetscher entgegen und tätschelte dessen Schulter, als könne er dadurch alles Ungemach vertreiben. »Wir werden langsam alt, mein Lieber, und die Jungen werden unseren Platz einnehmen. Aber das ist auch gut so. Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als die schwere Bürde des Regierens abzulegen. Man muss entweder dumm oder geisteskrank sein, wenn man zu herrschen wünscht, denn der Herrscher ist Sklave und Verbrecher in einem!«
Mit einer freundlichen Geste bot der Kaiser seinem Gast einen Platz in einem der Lehnstühle an, dann setzte er sich ihm gegenüber. Welch ein Unterschied zum steifen Zeremoniell der öffentlichen Audienzen, dachte Nikephoros.
Ein Weilchen plauderten sie über ihre Söhne. Wäre Konstantin nicht erst siebzehn Jahre alt gewesen, hätte ihn der Kaiser zum Nachfolger bestimmt, weil er der
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