Byzanz
Francesco war mit der Prinzessin Maria Palaiologina verheiratet. Warum, fragte sich Alexios, ist es nur so schwer, ein Bündnis zu schmieden, wo wir doch alle mehr oder weniger miteinander verwandt sind?
Im Gespräch bei Tisch entdeckten Stephan und Alexios sehr bald ihre gemeinsame Leidenschaft für die Jagd, und so lud der Hausherr seinen Gast für den nächsten Tag zur Beizjagd ein.
Alexios war überrascht, als der Despot zwei Steinadler bringen ließ. Mit Falken ja, aber mit einem Adler hatte Alexios noch nie gejagt. Doch er nahm das Tier gern auf seinen lederbewehrten Arm. Es wog ordentlich. Stephan musterte ihn listig lächelnd.
»Zu schwer?«
»Nein.«
»Wir gehen auf Fasane und Rebhühner«, erklärte Stephan, dann ließen sie ihre Adler sich in die Lüfte erheben und folgten ihnen.
»Jetzt sind wir unter uns. Niemand hört uns zu. Was führt Euch zu mir, Fürst?«
»Wir Christen haben den gleichen Feind.«
»Der Ban von Bosnien würde Serbien genauso gern unterwerfen wie der König von Ungarn, der Kaiser oder der Sultan.«
»Der Kaiser gibt Euch Garantien. Der Ban ist zu schwach, um Euch zu überfallen, mein Herr Despot. Ihr habt Tvrtko doch schon vor Jahren eine Lektion erteilt, von der er sich bis heute nicht erholt hat. Aber wessen Renner und Brenner fallen auf Beutezug regelmäßig in Eure Länder ein und berauben Euch? Wer will Tribut von Euch, mehr und immer mehr?«
»Und der Ungar? Was ist mit Sigismund?«
»Ich habe noch nicht mit ihm gesprochen, aber auch ihm wird klar sein, wie sehr ihn die Osmanen bedrohen.«
»Hätten wir denn ein Heer?«
»Würdet Ihr Euch einem Heer anschließen?«
»Ich habe zu Mehmed immer gute Beziehungen unterhalten. Er ist ein Ehrenmann.«
»So denkt auch der Kaiser.«
»Aber Ihr nicht?«
»Ich denke, dass er kein Christ ist.«
»In meinem Volk gibt es ein Sprichwort. Der tapfere und edle Ritter Miloš Obilić hatte auf dem Amselfeld den Sultan Murad erschlagen und wurde dafür selbst zusammengehauen. Der bauernschlaue und durchtriebene König Marko hat sich immer mit den Türken arrangiert und wusste sich in jeder Lebenslage zu helfen. Das Volk sagt nun: Mit Miloš überlebt man, mit Marko aber lebt man. Ich werde Mehmed nicht verraten. Wir kommen gut miteinander aus.«
»Das verlangt auch niemand, aber lasst die Zeit nicht ungenutzt verstreichen. Wir werden schwächer und sie immer stärker.«
»Wenn alle dabei wären – der Papst, die Genuesen, die Venezianer, die Johanniter, Herr Sigismund von Ungarn, Tvrtko, der Woiwode der Walachei und der Burgunder, der Kaiser und natürlich der junge Hunyadi –, dann gäbe es viele Gründe, die mich zwängen, darüber nachzudenken. Aber ich fürchte, Ihr werdet nicht einmal die Hälfte der guten Christen zum Bündnis gegen den Muslim zusammenbekommen.«
»Angenommen das Heer wäre groß genug, alle wären dabei, und nur der Ban würde fehlen?«, fragte Alexios und warf dem Despoten einen verschwörerischen Blick zu.
»Dann würde ich Euch beistehen, aber nur um Bosnien vom Ban zu retten.«
Die beiden Männer traten auf eine Lichtung und beobachteten, wie einer der Adler seine eisernen Krallen in den Rücken eines Fasans grub, um kurz darauf seinen Schnabel in dessen Kopf zu treiben. Stephan hob den Arm und pfiff. Der Adler flog mit blutigem Schnabel auf und setzte sich wieder auf den Arm des Serben. Zwei Diener, die ihnen im Abstand gefolgt waren, warfen den toten Fasan in einen Sack.
»Ich weiß, was ich bekomme. Wisst Ihr das auch?«
Ein Diener stürzte auf die beiden Fürsten zu. »Kommt, rasch!«
Er führte Stephan und Alexios auf eine Wiese, auf der eine Schafherde gegrast hatte, die sich aber in Auflösung befand. Der Adler des Fürsten hatte ein Lamm gerissen.
»Da werden wir den guten Schäfer wohl entschädigen müssen. Das Jagen mit Adlern will gelernt sein, mein Herr«, sagte Stephan.
Alexios blieb eine ganze Woche am serbischen Königshof. Er nahm sogar an einem Turnier teil, in dem er gegen den Despoten antrat. Der erfahrene Ritter warf den jungen Fürsten beim siebenten Gang aus dem Sattel, ohne ihn zu verletzen.
Doch trotz ihres freundlichen Umgangs bei Jagd und Turnier gelang es Alexios nicht, dem serbischen König eine Zusage zu entlocken. Stephan lehnte weder ab noch erklärte er sich zu irgendetwas bereit. Am Ende schieden sie freundschaftlich, doch ohne Vereinbarung, und Alexios machte sich unzufrieden auf den Weg nach Bosnien.
Tvrtko II. war ein mürrischer Mensch, der in
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