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Byzanz

Byzanz

Titel: Byzanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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nur einen Oberton: Bemüht Euch um mich, wenn Ihr hier etwas erreichen wollt!
    Das Nachtmahl im Kreis der königlichen Höflinge erwies sich als wenig ergiebig. Es wurde gescherzt und getratscht. Da Alexios die meisten Menschen nicht kannte, um die es in den oft üblen Nachreden ging, ließen ihn diese Gespräche kalt, zumal er auch nicht alles verstand. Denn wie um ihn zu ärgern, wechselte die Königin zuweilen ins Ungarische. Zumindest nahm Alexios an, dass es ungarisch war, vielleicht sprach sie aber auch böhmisch oder deutsch. Jedenfalls war es ein Gebrabbel und Gebelle, das er eigentlich nicht als Sprache bezeichnen wollte. Sprachen, das waren Latein und die fünf Formen des Griechischen.
    Barbara richtete weder das Wort noch eine Frage an Alexios. Wie einen Almosenempfänger ließ man ihn an der Tafel der Königin mitspeisen, nahm aber keine Notiz von ihm. Zum Abschied fiel ihr der Ring an seinem Finger auf.
    »Blutrot wie die Liebe«, sagte sie eine Spur nachdenklich.
    »Oder wie der Kampf«, erwiderte er.
    »Oder wie die Macht«, verblüffte sie ihn.
    »Wie kommt Ihr darauf?«
    Barbara setzte das geheimnisvolle Lächeln einer Sphinx auf. »Der Rubin gilt als Stein des Lebens. Er steht als Symbol für alle anderen Steine. Deshalb verleiht er seinem Träger Macht. Die Hohepriester haben ihn getragen. Ihr wisst doch, dass die Hohepriester zwölf Steine auf ihrem Priestersturz trugen, jeder Stein symbolisierte einen der zwölf Stämme. Der Rubin verwies auf Juda, den Stamm, aus dem die großen Könige David und Salomon kamen. Seid Ihr eher ein David oder eher ein Salomon, kräftig, skrupellos und triebgesteuert oder keusch und weise?« Alexios wollte antworten, doch sie hob ihre Hand zum Zeichen, dass sie keiner Antwort bedurfte. »Da der Rubin im Dunkeln leuchtet, steht er auch für das Wort Gottes, deshalb vergleicht unser Gelehrter Alkuin ihn auch mit Christus.« Sie nahm seine Hand und schaute mit immer größerem Begehren auf den Ring. »Rubin ist nicht gleich Rubin, und dieser ist ein ganz eigener, ein wirklicher Rubin, weil er im Farbton frischen Blutes, gerade vergossenen Blutes glüht.«
    Zur Überraschung des Fürsten beugte die Königin sich über seine Hand und fuhr geschwind mit ihrer Zunge wie eine Katze über den Ring. Dann ließ sie seine Hand los und betrachtete ihn wieder mit ihrem entwaffnenden Blick, in dem kühler Spott lag.
    »Gute Nacht, David, achtet auf Euren Ring. Wer ihn kennt, begehrt ihn.«
    Ein verlorener Abend, dachte Alexios ärgerlich, als er gut gesättigt und nach ordentlichem Weingenuss von einem Diener in seine Kemenate geführt wurde. Außer Geschwätz, ein wenig Geheimnistuerei und ein paar Anzüglichkeiten hatte er bisher nichts erlebt. Durfte er mehr erwarten? War die Königin wichtig oder tat sie nur so, um sich darüber hinwegzutrösten, dass sie offensichtlich von ihrem Gatten so wenig beachtet wurde? Sollte er lieber zum König weiterreiten oder besser mit der Königin im Gespräch bleiben? Vergab er sich womöglich etwas, wenn er nicht mit Sigismund, sondern mit ihr verhandelte?
    Plötzlich fiel ihm auf, dass sie Treppen benutzten und in die untere Etage des Palastes wechselten, obwohl seine Unterkunft auf der Ebene des Bankettsaals lag. »Wo führst du mich hin?«
    »Keine Angst, Herr, der Abend hat gerade erst begonnen.« Kein Fragen half weiter, mehr bekam er aus seinem Führer nicht heraus.
    Dafür nahm sein Staunen kein Ende. Fünf Stufen führten in eine Halle, deren hohe Fenster vermauert worden waren. Unzählige Kerzen, die in drei großen eisernen Rädern steckten und vom Tonnengewölbe hingen, spendeten ein warmes Licht. Der flackernde Schein fiel auf Tische, auf denen Tiegel, Destilliergefäße, Phiolen unterschiedlicher Größe und bauchige Gläser mit schmaler Öffnung standen. Dazwischen befanden sich kleine Becken mit glühenden Kohlen. Es roch rußig und scharf. Ein runder, gemauerter Ofen, der an einen Brunnen erinnerte, erhob sich in der Mitte des Saals. Darauf stand ein Dreibein aus Eisen, auf dem sich wiederum ein kürbisförmiger Kolben mit langem Hals befand. Aus dem Brodeln der grünblauen Flüssigkeit schloss Alexios, dass der Ofen beheizt war. Daneben lag ein Blasebalg. An der Wand wechselten sich drei Kamine ab, über deren Feuer sich Gestänge befanden, an denen verschieden große Kessel hingen. In einem kleinen Käfig liefen Mäuse hin und her. Sie fühlten sich hier offenbar unwohl. Sein Blick fiel auf ein großes Wasserbad mit

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