Byzanz
reizte und er es immer weniger missen wollte. Die Signale der Königin waren eindeutig uneindeutig oder uneindeutig eindeutig. Kein Zweifel, sie spielte mit ihm Katz und Maus. Höchste Zeit, dass er anfing, mit ihr zu spielen! Aber wie spielte man mit einer Königin, deren Mann ein mächtiger König ist, mächtiger als Kaiser Manuel? Und vor allem, wer war hier die Katze und wer die Maus?
Als er seine Unterkunft betrat, nahm er den Leuchter wahr, um den sich eine Karaffe mit Wein und zwei Becher gruppierten. Das Bett, das in der Tiefe des Raumes stand, knarkste. Er schaute hin und entdeckte ein junges Mädchen, das nur mit einem Hemd bekleidet war. Eine Aufmerksamkeit der Königin, dachte er. Zugleich ärgerte er sich darüber, dass er so leicht zu durchschauen war.
»Wer hat dich geschickt?«, rief er dem Mädchen zu.
»Ich bekomme meine Befehle von der Ersten Zofe der Königin.«
»Wie heißt die Erste Zofe?«
»Clara von Eger.«
»Steh auf und geh!« Das Mädchen erhob sich unsicher.
»Warte. Wusstest du, dass ich komme?« Der einfältige Gesichtsausdruck des Mädchens zeigte Alexios, dass er es überforderte. Er gab es auf. Wenn er nur wüsste, was Barbara im Schilde führte.
»Mach endlich, dass du rauskommst«, sagte er in freundlicherem Ton. Das Mädchen stand auf und verließ leichtfüßig die Kemenate. Er blickte ihr nach und wunderte sich darüber, dass er sie fortschickte, denn sie war hübsch. War es sein Stolz? Wohl kaum. Er ließ sich auf den Schemel fallen, goss den Becher voll und trank. Die Aromen des kräftigen Rotweins explodierten in seinem Mund und weckten das Verlangen nach mehr. Der Wein beruhigte ihn.
Er hatte schlecht geschlafen. Ihm brummte der Schädel. Die Mundhöhle war trocken. Ein Blick in den Krug belehrte ihn darüber, dass er den Wein ausgetrunken hatte. Alexios nahm einen kräftigen Schluck von dem Wasser, das in der Holzschüssel auf einem Tisch an der Wand stand, und wusch sich dann prustend Gesicht und Oberkörper. Nachdem er sich angekleidet hatte, begab er sich zu den Gemächern der Königin, erfuhr aber nur von ihrem Vikar, dass sie noch in der Nacht zu ihrem Jagdschloss in die Karpaten aufgebrochen war. Er fühlte sich wie vor den Kopf geschlagen.
»Wollte sie heute Morgen nicht mit Meister Urban Tau sammeln?«
Der Vikar zuckte die Achseln. »Niemand kann vorhersagen, was die Königin im nächsten Moment entscheidet.«
Alexios überlegte kurz, ob er zu König Sigismund reisen sollte, doch so schnell ihm der Gedanke gekommen war, so rasch verwarf er ihn auch wieder. Selbst wenn Barbara ihm nicht weiterhelfen würde, blieb ihm die Möglichkeit, nach Süden in die Walachei zu reiten und dort mit Johann Hunyadi zu sprechen. Mochte es auch noch so mühselig sein – er würde die Allianz gegen die Türken schmieden! Sein Bauchgefühl, das über allen Zweifeln stand, trieb ihn, der Königin zu folgen. Sein Instinkt oder seine Leidenschaft? Er ließ es auf sich beruhen. Für die banale Erkenntnis, dass sie ihm nicht mehr aus dem Kopf ging, bedurfte es wahrlich keiner Seelenforschung.
Energisch forderte er einen Führer, und eine Stunde später folgte er ihr bereits. Auf einmal genoss der Fürst die angenehme Empfindung, sich in ein Abenteuer zu stürzen. Er spürte deutlich die Gefahr, die von dieser Frau ausging, und genau das reizte ihn. Am liebsten hätte er seinem Begleiter die Sporen in die Seite gestoßen, um ihn zur Eile anzutreiben, denn der schien alle Zeit der Welt zu haben. Der Fürst nicht.
29
Kaiserpalast, Konstantinopel
Mit langen Fingern hielt die Unruhe Eirene gefangen und trieb mit ihr ein grausames Spiel zwischen Angst und Hoffnung. In Tagträumen und Nachtmahren jagte die Prinzessin als Eirenaios verkleidet auf einem schnellen Araber ihrem Bräutigam hinterher. Immer schlimmere Visionen suchten sie heim. Oft entdeckte sie ihn in Gefangenschaft. Auf einem Sklavenmarkt, der seltsamerweise dem in Konstantinopel glich, bot man ihn stets aufs Neue halb nackt, so wie es üblich war, zum Verkauf an. Bestürzend real fühlte sie in diesen Momenten, wie ihr Herz im Traum zersprang und jeder Splitter ihr inwendig in Leib und Seele schnitt. Ein türkischer Grundbesitzer erwarb nach langem Feilschen den jungen, kräftigen Mann. Das Entwürdigende des sich hinziehenden Handels peinigte sie. Aber darauf folgte der Teil des Traumes, auf den sie sich so sehr freute, dass sie die vorangegangenen Qualen geduldig ertrug. Wie eine Amazone fiel sie mit gezogenem
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