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Byzanz

Byzanz

Titel: Byzanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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Morgenstunden an. Aus diesem Grund saß der Hausherr, der noch den letzten Gast mit Handschlag verabschiedet hatte, übernächtigt mit tiefen Tränensäcken und schweren Lidern am Frühstückstisch.
    Um seine Müdigkeit zu überspielen, scherzte er über den frischen Teint, den Eirene bekommen hätte. Wenn er jedoch gehofft hatte, sie damit in Verlegenheit zu bringen, sah er sich gründlich getäuscht. Dass Loukas gut für sie war, hatte Eirene schon gewusst, als sie ihm das erste Mal begegnet war, obwohl sie ahnte, dass es sie noch einige Anstrengung kosten würde, bevor er so war, wie sie sich ihn wünschte. Insofern gab sie ihrer Großmutter recht, dass die Aufgabe der Frau darin bestand, den Mann zu kultivieren.
    »Eine spannende und dazu noch selbst ausgewählte Aufgabe erfrischt nun mal eine Frau«, sagte Eirene selbstbewusst.
    »Mein Sohn hat also nicht geheiratet, sondern er wurde geheiratet«, stellte Nikephoros resigniert fest.
    »Und dich, guter Vater, habe ich mir gleich mit ausgesucht. Also benehmt euch, Vater und Sohn, damit ich meine Wahl nicht bereuen muss.«
    »Siehst du, mein Sohn, da sind wir nun beide in die Falle gelaufen und …«
    »… werden da wohl auch nie wieder herauskommen«, ergänzte Loukas.
    »Eine Falle? Wohl eher euer Glück!«, warf Thekla ein. »Was sind Männer doch für sonderbare Wesen – so klug und so einfältig zugleich.«
    »Aber dafür lieben wir sie auch«, sagte Eirene.
    »Oho, wie einig sich die Weiber in diesem Punkte sind!«, rief Nikephoros quer über den Tisch.
    »Sonst wären sie nicht die Frauen, mit denen das Leben zu einem Fest wird«, sagte Loukas galant und erntete zur Belohnung einen Kuss von Eirene.
    »Für einen Schmatzer von dieser Frau erzählst du jeden Unsinn, Sohn«, brummte Nikephoros.
    Alle starrten ihn an. Meinte er seine Äußerung ernst oder im Spaß, wollte er damit eine Distanz zu seiner Schwiegertochter zum Ausdruck bringen? Doch Nikephoros lächelte breit und setzte, die Unsicherheit der anderen genießend, zielsicher die Pointe. »Ich weiß, wovon ich rede. Mir geht es nämlich genauso«, sagte er, küsste seiner Frau liebevoll die Hand und raunte ihr ins Ohr: »In Ewigkeit dein Sklave.«
    »Das will ich erleben«, flüsterte Thekla zurück.
    Loukas und Eirene standen gerade im Begriff, zum Hafen zu gehen, als ein reitender Bote des Kaisers eintraf: Der Kapitän möge sich sofort im Palast einfinden.
    »Können sie uns nicht ein paar Tage Ruhe gönnen? Johannes ist wirklich ein rachsüchtiges Scheusal«, rief Eirene ärgerlich. Doch dann besann sie sich. »Außer, dass mein Onkel ein Scheusal ist, ist er auch der Mitkaiser. Du musst gehen, Loukas.«
    Loukas schaute, obwohl er nichts dafürkonnte, dennoch schuldbewusst zu Boden. Aber Eirene lächelte bereits wieder, und jedes Zorneswölkchen, das ihr Gesicht verdüstert hatte, war der Fröhlichkeit gewichen. »Wir haben ja jetzt ein ganzes Leben lang Zeit füreinander. Drehen wir den Plan einfach um: Fahren wir morgen, und heute kümmere ich mich um die Einrichtung und die Einweisung der Dienerschaft. Natürlich nur, wenn es Euch recht ist, gute Mutter«, fügte sie, an Thekla gewandt, hinzu.
    »Selbstverständlich, meine Liebe«, sagte Thekla, die von Eirenes praktischem Verstand begeistert war.
    Wenig später stand Loukas im Geheimen Besprechungssaal vor Kaiser Manuel und dem Mitkaiser Johannes.
    Johannes eröffnete das Gespräch ohne Umschweife. »Ich weiß, Ihr habt gerade geheiratet, aber Ihr müsst reisen.«
    »Wo geht es hin?«, erkundigte sich der Kapitän neutral.
    »Nach Edirne. Mehmed ist tot«, erwiderte Johannes.
    Loukas sah zu dem schweigenden Kaiser hinüber, dem die Nachricht offensichtlich ans Herz ging.
    »Dabei war er so viel jünger als ich!«, seufzte Manuel. »Wir wollten uns im Herbst treffen, um über einen dauerhaften, über einen großen Frieden zu sprechen. Da hat man endlich einmal einen Muslim, mit dem man ein vernünftiges Gespräch führen kann, vielleicht sogar diesen wuchernden Hass und die üppig treibende Gewalt zurückschneiden kann – und dann stirbt dieser kluge Mann früh. Ach Gott! Warum nur? Soll es denn ewig so weitergehen, dass wir uns gegenseitig die Köpfe einschlagen, im Glauben, dafür in den Himmel zu kommen und den anderen in die Hölle zu schicken? Sind die verschiedenen Konfessionen nicht lediglich unterschiedliche Sprachen, mit denen wir zu dem einen Gott reden, ob wir ihn nun Vater, Allah oder Jahwe nennen? Ist der Islam am Ende nicht

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