Byzanz
zu lösen versucht«, sagte er.
Sie zogen sich mit einem Krug Tokaier in die Armstühle zurück und entließen die Diener für diesen Abend. Endlich kamen sie auf das Thema, das Alexios zu dieser weiten und beschwerlichen Reise getrieben hatte: eine christliche Allianz gegen die Osmanen zu schmieden. Hunyadi bat den Fürsten ohne Umstände, frei und offen zu sprechen. Und Alexios berichtete über seine Gespräche mit Stephan Lazarowitsch und dem Ban von Bosnien.
»Stephan ist ein alter Fuchs! Er steht dort, wo er sich den größten Vorteil verspricht, kein Mann, dem man vertrauen kann«, warf Hunyadi kurz ein, hörte dann aber weiter konzentriert zu. Schließlich erkundigte er sich, welche Truppenstärke der byzantinische Kaiser aufzubringen in der Lage sei. Alexios räumte ein, dass er das nur schwer einschätzen könne. Die Frage lautete, ob die Despoten von Thessaloniki und der Morea mitmachen würden, die dem Kaiser zwar unterstanden, sogar seine Söhne waren, doch zuallererst ihre eigenen Interessen im Auge hatten. Hinzu kam die Ungewissheit, ob die Lateiner, die Besitzungen wie Athen auf der Peloponnes hatten und denen auch einige Inseln in der Ägäis gehörten, im Falle eines Krieges versuchen würden, ihre Besitzungen auf der Peloponnes auf Kosten des Kaisers zu vergrößern. Aus der Antwort auf diese Fragen ergab sich, wie viele Truppen die Despoten mit Rücksicht auf ihre eigene Sicherheit entbehren könnten. »Im besten Fall bringen wir vielleicht fünfzigtausend Mann zusammen«, schloss Alexios.
»Das ist wenig«, sagte Hunyadi enttäuscht. Offensichtlich hatte er mit einer größeren Streitmacht der Rhomäer gerechnet. Alexios erklärte ihm, dass die Rhomäer bei allem, was sie beisteuern konnten, die beste Unterstützung leisten würden, wenn sie den Bosporus sperrten. Dann würden die beiden türkischen Reichshälften, Anatolien und Rumelien, voneinander getrennt sein, und der Sultan wäre von seinem Nachschub abgeschnitten.
Alexios Angelos hatte weniger zu bieten, als Johann Hunyadi erwartet hatte. Er schwieg und trank nachdenklich seinen Wein. Von fern hörte man ein Käuzchen rufen. Er bat Alexios, ihn kurz zu entschuldigen, dann verschwand er, und der Fürst blieb allein mit sich und seinen Gedanken zurück.
Nach einer langen Weile beschloss Alexios, des Wartens auf Hunyadi überdrüssig, zu Bett zu gehen. Kaum jedoch war er eingeschlafen, weckte ihn Clara von Eger. Zum ersten Mal nahm er sie bewusst wahr. Ihre schwarzen Augen, mehr aber noch der große rote Mund, der ihrem Gesicht ein lustiges Aussehen verlieh, gefielen ihm. Doch die Zofe ließ ihm keine Zeit für Gedanken, sondern drängte: »Kommt, kommt, die Königin erwartet Euch!«
Wenige Minuten später stand Alexios im Rittersaal der Königin, Johann Hunyadi, dem Beichtvater und dem Anführer der Kuriere gegenüber.
»Schwört Ihr bei Eurem Leben und bei Eurer Ehre, über alles, was Ihr jetzt erfahrt und was mit Euch geschehen wird, Stillschweigen zu bewahren, niemanden darüber in Kenntnis zu setzen, ja, Euch auch selbst vager Andeutungen zu enthalten?«, fragte Barbara.
»Ich schwöre bei der Jungfrau Maria und bei Christos, unserem Herrn!«
»Gegen die Osmanen hilft nur ein Mittel, der Kreuzzug«, sagte Hunyadi. »Nur, wenn alle christlichen Herrscher sich dran beteiligen, muss keiner Verrat befürchten. Wer nicht beim Kreuzzug mitmacht, wird exkommuniziert. Aber ein Kreuzzug benötigt Geld und Zeit für seine Vorbereitung. Herr Sigismund führt derzeit den Kreuzzug gegen die Ketzer in Böhmen, dort sind seine Kräfte gebunden. Er muss erst die Hussiten besiegen und diesen Krieg erfolgreich abgeschlossen haben, bevor er einen neuen Kreuzzug beginnen kann.«
»Sollen wir so lange warten?«, entfuhr es Alexios.
»Es gibt genug zu tun. Ihr kennt die Voraussetzung für einen gemeinsamen Waffengang.« Der Fürst wusste, dass Papst Martin V. nur unter der Bedingung bereit war, Konstantinopel zu helfen, wenn zuvor die Kirchenunion vollzogen worden war. Und er würde von seiner Forderung, dass sich die orthodoxe Kirche dem Papst zu unterwerfen hatte, nicht ein Jota abrücken. Hinzu traten ein paar theologische und liturgische Fragen, die Alexios nicht interessierten. Auch die kirchliche Unterordnung unter den Primat des Papstes schreckte Alexios nicht, denn sie hatte auf die Herrscher nur bedingt Auswirkungen, wie man an der Machtvollkommenheit des französischen oder des römischen Königs studieren konnte. Doch niemand durfte die
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