Byzanz
nur ein Christentum auf Arabisch und das Christentum nicht nur ein Judentum in der Sprache der Griechen und der Lateiner?«
Johannes und Loukas sahen den Kaiser verständnislos an und dachten unabhängig voneinander, dass Manuel Palaiologos auf seine alten Tage wunderlich wurde.
»Wenn es so ist, dann enden wir alle in der Hölle, dann sind wir alle die Söhne Kains. Und niemand von uns wird den Himmel sehen.«
Johannes schämte sich für seinen Vater und nahm sich vor, ihn behutsam, aber konsequent aufs Altenteil zu setzen. Abrupt wandte er sich von Manuel ab und Loukas zu.
»Murad hat die Macht übernommen. Du kennst Murad. Reite als Gesandter zu ihm nach Edirne, überbringe unser Beileid und unsere Glückwünsche, du weißt schon, und alles, was dazugehört, und versuche, in Erfahrung zu bringen, welche Absichten er hegt. Dir wird er sich vielleicht eher öffnen als unseren Diplomaten.«
»Ich breche in der Morgendämmerung auf«, sagte Loukas.
»Gut, als Botschafter stehen dir eine Eskorte und ein paar Diplomaten aus meiner Kanzlei zu. Außerdem lass dir vom Schatzmeister die entsprechenden Geschenke aushändigen.«
»Gutes Gelingen, mein Sohn. Auf dir lastet die große Aufgabe, den Weg zur Verständigung mit dem neuen Herrscher zu ebnen, eine Aufgabe, an der letztlich das Leben vieler Menschen hängt«, gab ihm Manuel mit auf den Weg.
Damit war Loukas entlassen. Und begab sich so schnell als möglich nach Hause, um sich mit seiner Frau und seinem Vater zu besprechen.
35
Jagdschloss der ungarischen Königin, Karpaten
Die beiden Männer, die sich im Turnier fast getötet hatten, wollten gerade den Pallas betreten, als sie das Poltern von Hufeisen auf der Zugbrücke hörten. Alexios fühlte es mit allen Fasern seines Herzens, dass sein Schicksal zu Pferde mit unaufhaltbarer Kraft in den weltabgeschiedenen Ort drang. Nur einen Augenaufschlag später zügelten sieben Reiter ihre Rosse im Hof der Burg. Vom Maul der Tiere troff Schleim. In der Sonne glänzte der Schweiß auf den Leibern wie flüssiges Silber. Alexios hing der Blutgeruch der Pferde sofort in der Nase. Die Reiter trugen Mützen mit einem Totenkopfemblem, Harnische und Schwerter. Dass sie keine Franziskaner auf Wallfahrt waren, daran ließen ihr Äußeres und ihr Gehabe keinen Zweifel. Sie ritten im Auftrag eines hohen Herrn und würden sich, so viel war sicher, durch nichts außer durch ihren Tod aufhalten lassen. Hunyadis Lächeln erstarb auf seinem Gesicht und machte einem ernsten Ausdruck Platz.
»Geht schon vor, ich komme gleich nach«, sagte der Heerführer und wandte sich gefolgt von Înger den Bewaffneten zu. Alexios erkundigte sich noch, ob Hunyadi Hilfe benötigte, doch der winkte nur ab. »Die größte Hilfe, die Ihr mir leisten könnt, ist, dass Ihr Eure Wunden versorgen lasst.« Dann rief er den Reitern etwas auf Ungarisch zu.
Im Zimmer des Fürsten wusch der Wundscher Alexios Angelos die zahlreichen Wunden, dann rieb er sie mit einer Arnika-Essenz ein und scherte ihm schließlich den Bart. Während die Wunden des Fürsten versorgt wurden, fiel ihm auf, dass eine Unruhe sich auf der Burg ausbreitete und auch die Diener erfasste. Johann Hunyadi wurde offenbar aufgehalten, jedenfalls ließ er sich nicht blicken. Auf seine Frage bekam Alexios vom Wundscher nur die vage Antwort, die Männer seien Kuriere des Königs.
Zum Abendessen erschien Alexios Angelos frisch rasiert und auch bandagiert. Er hatte ein paar Fleischwunden im Oberkörper, tiefe Risse in der Haut an Hals, Wangen und Stirn, aber nichts Lebensgefährliches, Blessuren, die alsbald verheilt sein würden. Dafür sah er verwegen aus. Die Königin und Johann Hunyadi erwarteten ihn bereits. Sie speisten in kleiner Runde. Man hatte kaltes Wildbret und einen Roten serviert, dazu Quellwasser und Brot. Alexios erkundigte sich nach den Kurieren, wurde aber mit der Antwort abgefunden, dass er später Auskunft erhielte, sich aber einstweilen noch gedulden möge. Die Unterhaltung beim Abendessen verlief unerwartet schleppend. Barbara und Hunyadi wirkten unkonzentriert.
Die Königin zog sich frühzeitig zurück. Alexios wunderte sich, dass sie weder gespottet noch provoziert hatte, wie es ihrer Art entsprach. Sie wirkte nachdenklich und betroffen. Auch Hunyadi hatte die Veränderung im Verhalten der Königin bemerkt, konnte oder wollte sich indes keinen Reim darauf machen.
»Glaubt mir, mein lieber Freund, die Königin ist ein Rätsel, das immer undurchdringlicher wird, wenn Ihr es
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