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BZRK Reloaded (German Edition)

BZRK Reloaded (German Edition)

Titel: BZRK Reloaded (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Grant
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sieben teilbar. Es gab gute und schlechte Zahlen, und die Zahlen in Benjaminia schienen alle schlecht zu sein.
    Zehn Tage zuvor war Minako allein am Strand von Toguchi entlanggegangen. Toguchi war kein besonderer Ort, klein selbst für die Verhältnisse auf Okinawa. Nicht einmal mit dem Strand konnte man angeben. Es gab dort keine Hotels oder Promenaden, einzig sprießendes grünes Buschwerk und vom Wind gepeitschte Bäume drängten sich bis an den Rand des schmalen Strands.
    Minako hatte nachgedacht und dabei natürlich ihre Schritte gezählt – die Zahl, die es zu erreichen galt, war siebenhunderteins, eine Primzahl. Gelegentlich war sie stehen geblieben, um aufs Meer hinauszublicken und sich zu wünschen, die Wolken wären nicht so dicht und tief, damit man sehen könnte, wie die Sonne unterging. Ihre OCD – Obsessive Compulsive Disorder, eine Zwangsstörung – wurde im Herbst und Winter, wenn die Tage kürzer wurden, häufig schlimmer. Es war fast so, als verbanne die Sonne ihre Zwangshandlungen oder vermindere wenigstens den Drang, sodass sie sich auf diesem Strand ausstrecken konnte, ohne dass so viele Zahlen in ihrem Kopf herumschwirrten. Aber jetzt, wenn das Meer genauso grau wurde wie der Himmel, war die sorgenfreie Jahreszeit vorbei.
    Ein Boot war angelandet, ein Schlauchboot. Drei Männer saßen darin, alle in Regenmänteln. Zwei Europäer, einer war Asiate. Minako betrachtete sich als Asiatin, obwohl ihr Vater ein amerikanischer Marinesoldat und nur ihre Mutter Japanerin war.
    Die Männer entdeckten sie, starrten sie regelrecht an, und ihr wurde unbehaglich zumute. Dann aber waren zwei von ihnen – der Asiate und ein anderer – über den Strand in den Ort gegangen.
    Drei war eine gute Zahl. Eins, zwei, drei, fünf, sieben, elf und dreizehn, die ersten sieben Primzahlen. Der eine Mann, der zurückblieb, war okay. Die zwei Männer, die weggegangen waren, das war auch okay.
    Was nur beweisen sollte, dass Zahlen nicht alles waren.
    So spät im Jahr und an jenem Tag gäbe es für die beiden Männer in Toguchi nicht viel zu erleben – sie würden vielleicht eine Schüssel Nudeln bekommen und etwas Tee, aber Nachtleben gab es hier nicht. Sie waren weit weg von den Lichtern in Naha.
    Minako fragte sich, wieso sie davon ausging, dass die Männer Hunger hatten. Sie sahen wie Leute aus, die etwas wollten. Und was sollten sie sonst wollen?
    Sie ging weiter am Strand entlang, näherte sich dem Boot und dem Mann, der es bewachte. Er rauchte eine Zigarette und vermied es, sie anzuschauen. Er wirkte nervös. War er ein Schmuggler? Ein Drogenschmuggler? Wenn ja, dann sollte sie wegrennen.
    Aber wegzurennen kam ihr ziemlich übertrieben vor. In Toguchi gab es keine Kriminalität. Wenn die Polizei mal einen einsackte, weil er in der Öffentlichkeit betrunken war, war das in Toguchi schon eine Welle von Schwerverbrechen. Minako wusste: Ihre Mutter war die einzige Polizistin in der Gegend.
    Minako lenkte ihre Schritte vom Strand und vom Boot weg. Das würde womöglich eine sehr schwere Korrektur ihrer Zählung bedeuten. Ihre Routine erforderte, dass sie vom südlichen Pfad den Strand entlang bis zur Hochwassermarke ging, wo sich das Treibholz sammelte. Die Schritte von den Bäumen bis hinunter zu der Hochwasserlinie mussten nicht mitgezählt werden. Aber sobald sie einmal umkehrte und Richtung Norden lief, mussten es exakt siebenhunderteins Schritte sein. Dann, wenn sie alles richtig gemacht hatte, konnte sie sich wieder zur Stadt umdrehen und den Weg nach Hause angehen. Kurven zu gehen oder auszuweichen machte es schwieriger. Am Ende musste sie manchmal lächerliche Trippelschritte machen, um die richtige Zahl zu erreichen. Das ging zwar irgendwie, ja, aber es war unbefriedigend.
    Draußen auf See war ein Schiff. Das Licht war schwach, und man erkannte es kaum, aber es sah seltsam aus, wie eine weiße Erbsenschote mit vier weißen Kuppeln, die halb über das Deck hinausragten. Vier unangenehme Kuppeln.
    Wären es drei gewesen, wäre es besser gewesen.
    Von dort kamen die Männer, von diesem Schiff. So musste es sein. In diesem Fall waren sie wohl kaum Drogenschmuggler. Trotzdem dachte Minako einen Moment daran, ihre Mutter anzurufen. Es war nicht Minakos Aufgabe, die Zuträgerin ihrer Mutter zu spielen – wie sie den älteren Brüdern und Schwestern ihrer Freunde wiederholt erklären musste, wenn sie sie beim Gras rauchen erwischte.
    Trotzdem …
    Sie schrieb als Kompromiss eine SMS. Ein Schlauchboot mit drei Männern

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