C14-Crash
er erfahren, daß an dieser Front immer noch keine Ruhe eingekehrt war,
sondern daß im Gegenteil ein Buch zu dem Thema »C14-Kritik« erscheinen
soll und daß ein starkes publizistisches Interesse an der Mittelalterthese
herrscht.
Es wurde in dem erwähnten Brief folgender Einwand gegen die These von
dem künstlich verlängerten Mittelalter formuliert, der hier insoweit von Inter-
esse ist, als ein Mißverständnis über die Beziehung der unterschiedlichen
Chronologien – Historische Chronologie, Radiochronologie, Dendrochrono-
logie – deutlich wird: Unter Zugrundelegung besagter Mittelalterthese würden
diejenigen Ringsequenzen fehlen, die auf die fragliche historische Zeit (900-
600 AD) datiert werden müssen bzw. datiert wurden. Somit entstünde eine
Lücke in der Abfolge der radiometrischen Daten, bzw. ein Sprung in der Ka-
librierkurve (vergleiche dazu Bild 5.10 ), was dem radiometrischen und den-
drochronologischen Befund nicht entspreche – weswegen die These eben
auch unsinnig sei.
Tatsächlich unsinnig wäre es, gemessene C14-Alter (im Rahmen der aus-
gewiesenen Genauigkeit) zu leugnen: Es ist absolut realistisch, für jedes theo-
retisch mögliche C14-Alter auch einen Baumring zu finden, der dieses C14-
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C14-Crash
5.10 Lücken und Scheinlücken
Das Diagramm wurde uns von einem irischen Dendrochronologen mit der Frage
vorgelegt: »Woher sol en die Hölzer mit den Jahrringen entsprechend 600-900
AD kommen, wenn C14-Daten zwischen 1100-1400 BP gar nicht existieren?«
Es liegt ein Mißverständnis vor, wenn unterstel t wird, daß eine Kürzung der
historischen Chronologie auch eine Baumringchronologie entsprechend verkür-
zen müßte. Eine Änderung der historischen Chronologie wirft nur die Frage auf,
ob dadurch Widersprüche zu anderen, unabhängig davon laufenden Chronologi-
en entstehen. Die Dendrochronologie, die sich vor und nach dem fraglichen
Zeitraum an der historischen Chronologie orientiert hat, muß sich natürlich die
Frage nach einer Verdopplung gefal en lassen. Unter strenger Gültigkeit des Si-
multanitätsprinzips wäre durch diese Verdopplung ein gewaltiger »C14-wiggle«
in der entsprechenden Kalibrierkurve entstanden, der nunmehr »geheilt« wer-
den könnte. Da aber auch die C14-Daten gleichaltriger Hölzer streuen, muß ei-
ne dendrochronologische Verdopplung nicht notwendig einen solchen radiome-
trischen Niederschlag gefunden haben. Das Herausschneiden von 300 Jahren aus
der Baumringchronologie ist Unsinn und signalisiert lediglich die völlige Abhän-
gigkeit der Dendrochronologie von der historischen Chronologie.
5. Tagebuch einer Enthüllung
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Alter durch die in ihm meßbare Restaktivität repräsentiert. Auf diesem Wege
wird man auf Dauer immer eine Art lückenloser C14-Chronologie (was auch
immer sie bedeuten möge) erstellen können, indem Baumringsequenzen nach
dem von ihnen repräsentierten C14-Aktivitätsintervall geordnet werden (und
zwar ohne sonstigen, insbesondere ohne dendrochronologischen Bezug). Ihre
Abfolge zueinander wird dagegen in einer Baumringchronologie, die aus-
schließlich nach dendrochronologischen Gesichtspunkten erstellt wurde, mit
der radiometrisch begründeten Abfolge nicht unbedingt übereinstimmen. Und
die dendrochronologisch als signifikant erkannte Abfolge muß mit der richti-
gen historischen Chronologie auch nicht übereinstimmen. Jede Chronologie
muß grundsätzlich als eine Welt für sich betrachtet werden.
Da diese Chronologien (hypothetisch) nach je eigenen Maßstäben erstellt
wurden, berührt es einen Radiochronologen prinzipiell überhaupt nicht, wenn
der Dendrochronologe eine Umstellung – gleich welcher Art – in seiner zuvor
gefundenen Abfolge der Baumringsequenzen vornimmt. Genauso tangiert es
den Dendrochronologen nur peripher (hier sitzt der Spruch einmal richtig),
wenn der Historiker 300 Jahre aus seinem Kalender nimmt. Haben sich die
drei Chronologen allerdings irgendwann einmal auf ein interdisziplinäres
Synchronismus-Konzept geeinigt, dann kann keiner mehr etwas ändern, ohne
den anderen direkt zu treffen. Wenn mit einer Korrektur der zuvor gemein-
sam gefundene chronologische Konsens in Frage gestellt wird, dann ist zu-
gleich die methodische Zuverlässigkeit aller anderen Wissenschaften berührt
und eine Kritik erlaubt und auch wünschenswert. Wenn hingegen de facto ein
Supremat der sich zur Korrektur entscheidenden Disziplin vorliegt, dann
müssen die
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