C14-Crash
ist
allerdings idealisiert schön, »die Wirklichkeit (dagegen) deutlich rauher«
[Leuschner 1994, 124]. Durch Variation in Bodentyp, Hangneigung, Exposition
und Höhenlage können auch in ideal kleinen Regionen die Jahrringkurvenmu-
ster einzelner Bäume so unterschiedlich ausfallen, daß eine sichere Synchro-
nisation unmöglich wird.
Ein unmittelbarer zeitlicher Bezug ist nur zwischen lebenden (rezent jahr-
ringbildenden) Hölzern gegeben. Deshalb besteht eine wesentliche Aufgabe
der Dendrochronologie darin, Kriterien zu entwickeln, nach denen aus einan-
der mehr oder weniger ähnlichen Ringbreitenfolgen von Hölzern unbekannten
Alters die richtige, d.h. jahrgleiche Deckungslage zu bestimmen ist. Nicht je-
de Ähnlichkeit bedeutet Zeitgleichheit. Die Unterschiedlichkeit lokaler
»Baumschicksale« verhindert es, dieses Verfahren des Mustervergleichs zu
automatisieren bzw. auf eine rein statistische Auswertungen zu reduzieren.
Das Material müsse zusätzlich, darauf wird immer wieder hingewiesen, durch
erfahrene Dendrochronologen beurteilt werden [Leuschner 1994, 128]. Das Pro-
blem geringer Ähnlichkeit von Einzelkurven sei nämlich im Verein von Me-
1. Grundsätzliches – eine Einführung zum Gebrauch
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thode – durch die sogenannte »Mittelkurvenbildung« – und Tugend – durch
1.6 Die Verkettung
lokaler Master zu
Fleiß, Erfahrung und Vorsicht – durchaus lösbar
einer regionalen
[Leuschner 1994, 125].
Chronologie stellt
In Europa werden Jahrringfolgen einzelner Hölzer, die teilweise zeitgleich
den Dendrochro-
nologen vor spezi-
fische Schwierig-
und in räumlicher Nachbarschaft gewachsen sind, zu sogenannten »lokalen
keiten. Während
lokal die zeitliche
Mastern« zusammengefaßt. Diese Zusammenfassung möglichst vieler Einzel-
Zuordnung unter
Umständen aus
kurven zu einer »Mittelkurve« führt zur Darstellung eines »Gruppenschick-
stratigraphischer
Evidenz abgeleitet
sals«, in der ein statistisch gemittelter Verlauf unter gleichzeitiger Unterdrük-
werden kann, feh-
len diese Hilfen in
kung individueller Ausschläge erzielt wird. Während sich einzelne irische Ei-
regionaler Hin-
sicht. Aber was
chen bis zu einem Abstand der Fundorte von 70 Kilometern korrelieren las-
tun, wenn diese
Hilfen fehlen?
sen [Smith 1972, A92], erhöht sich dieser Abstand für den Vergleich von Stamm-
Überprüft man alle
theoretisch mögli-
lagen der Donau und des Oberen Mains um mehr als das Doppelte
chen Überlagerun-
gen auf Synchroni-
[Becker/Frenzel 1977, 46; auch Leuschner 1994, 129]. Lange und gut belegte »lokale
tät oder benutzt
man als Hilfsmittel
Master« lassen sich über eine Entfernung von bis zu 300 Kilometern synchro-
die Vordatierung?
nisieren [Hollstein 1977, 16] und stellen damit einen »regionalen Master« dar.
Überregionale Vergleiche wie etwa zwischen dem süd- und dem norddeut-
schen Raum zeigen jedoch, daß die verschiedenen Eichenholzchronologien
nicht übertragbar sind [Eckstein 1984, 40]. Es gibt allerdings Verfahren, die die
Auswirkung besonders markanter, überregionaler Klimaveränderungen (Wei-
serjahre) als Synchronismus auszuwerten versuchen [Leuschner 1994, 127].
Lokale Master sind also von den individuellen Merkmalen einzelner
Baumringfolgen bereinigt und damit regional typische Baumringchronolo-
gien, die in der Regel einen begrenzten Zeitraum von einigen hundert Jahren
umfassen. Sie sind die Bausteine der eigentlich zu erstellenden durchgehen-
den Baumringchronologie, die gleichwohl regional bleiben muß. Nicht um-
sonst werden diese mit »süddeutsch«, »westdeutsch«, »norddeutsch« etc. be-
zeichnet. Solange lokale Master nicht zueinander synchronisiert sind, bleiben
sie als »floating (schwimmende) chronologies« ohne absolutes Datum. Die
Verkettung lokaler Master zu einer regionalen Chronologie stellt den Dendro-
chronologen vor spezifische Schwierigkeiten. Während lokal die zeitliche Zu-
ordnung unter Umständen aus stratigraphischer Evidenz abgeleitet werden
kann, fehlen diese Hilfen in regionaler Hinsicht. Aber was tun, wenn diese
Hilfen fehlen? Überprüft man alle möglichen Überlagerungen auf Synchroni-
tät oder benutzt man als Hilfsmittel die Vordatierung?
1.7 Das Dilemma der Dendrochronologie
Eine Überprüfung aller theoretisch möglichen Synchronlagen zwischen zwei
Hölzern erbringt in der Regel eine viel zu große Zahl möglicher Synchronitä-
ten (von Dendrochronologen
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