Cachalot
nicht zu Hause sein. Er kann es nur versuchen.«
»Mit allem Respekt, Sir, ich fühle mich hier zu Hause.«
»Ich weiß.« Etwas an Hwoshiens Ausdruck veränderte sich, und er wirkte plötzlich ausgesprochen herzlich. »Ich weiß, wie müde Sie sein müssen. Würden Sie mir die Freude machen, mit mir heute zu Abend zu essen, bitte? Wir sind hier in solchen Dingen sehr formlos. Dann könnten wir uns weiter unterhalten. Sie werden Gelegenheit bekommen, die einzigartige Küche unseres Planeten kennenzulernen… manchmal benutzen wir sogar menschliche Küche, um unser Essen zuzubereiten. Ich bitte Sie noch einmal um Entschuldigung, daß ich Sie nach Ihrer langen Reise so abrupt zu diesem Gespräch gebeten habe, aber ich wollte, daß alles möglichst schnell gesagt wurde… und wollte Sie persönlich kennenlernen.«
»Wir kommen gerne«, sagte Cora. »Was auch immer Sie wünschen – wenn wir nur vorher duschen können.«
»Selbstverständlich. Die Feuchtigkeit ist doch sicher nicht schlimmer als Sie erwartet haben.«
»Ich glaube, wir alle sind auf alles vorbereitet, was uns begegnen wird«, sagte sie bedeutsam.
»Gut. Sagen wir neunzehn Uhr?« Und dann fügte er eine letzte Bemerkung hinzu, die so untypisch war, daß Cora sich vergewissern mußte, ob wirklich er es war, der es gesagt hatte. »Es wird mir ein besonderes Vergnügen sein, mit zwei so schönen Damen zusammenzuarbeiten.«
Der kantinenähnliche Speisesaal lag abseits von ihrem Wohnquartier. Sam mußte die drei Neuankömmlinge aus ihren Zimmern abholen. Er und die beiden Frauen warteten in der kleinen Lobby auf Merced, der sich verspätete, etwas schnaufte, und sich das Netzhemd in die Shorts stopfte.
Cora trug ein fließendes Etwas, das von ihrer rechten Schulter bis zur linken Wade reichte, ein Gewebe, in dem sich fluoreszierendes Rot und Gelb abwechselten, und das mit schwarzen Blumen betupft war. Vielleicht pflegte man sich auf diesem Planeten wirklich formlos zu kleiden, wenn man zusammen tafelte, aber sie hatte sich eine Anzahl zivilisierter Tugenden bewahrt. Außerdem würde dies wahrscheinlich das letztemal sein, daß sie sich anständig kleiden konnte, ehe sie aufbrachen.
Rachael hatte sich für ein scheinbar einfacheres Sommerkleid in einem blassen Grün entschieden. Die Einfachheit täuschte. Am Saum waren einige Fische in silberner Stickerei eingelassen. Sie atmeten Blasen, die am Kleid nach oben zu fließen schienen. Bei gewissen Wellenlängen, je nach Beleuchtung, waren die beachtlich großen Blasen durchsichtig. Der Gucklocheffekt, der daraus resultierte, ließ einige Köpfe herumfahren, als sie die Messe betraten.
Eine Ecke war verlassen, sah man von Hwoshien ab. Er trug den gleichen steifen, zweckmäßig wirkenden dunklen Anzug, den er vor ein paar Stunden getragen hatte. Cora blickte auf seine Brust und suchte das karminrote Rangabzeichen eines Kommissars. Doch es war nicht zu sehen. Seine Bescheidenheit ist das Menschlichste an ihm, sagte sie sich.
Es gab ein belangloses Gespräch und ein hervorragendes Essen. Mataroreva hatte sich geschickt auf dem Sessel neben Cora plaziert, Merced und Rachael saßen auf der anderen Seite. Merced lehnte sich einige Male zur Seite und flüsterte ihr zögernd etwas zu, worauf sie kicherte. Dann wandte er sich jedesmal schnell ab, als wäre ihm sein Wagemut, sie anzusprechen, peinlich. Und dann schaufelte er das Essen in sich hinein.
Cora störte das, aber sie war zu sehr damit beschäftigt, mit Hwoshien zu sprechen, daß sie sehr darauf geachtet hätte. Nicht, daß sie etwas dagegen hätte tun können.
»Was hätten Menschen denn zu gewinnen, wenn sie die Städte zerstörten?« fragte sie. »Sie haben doch ganz bestimmt jemanden in Verdacht?«
»Wenn es nur so wäre.« Hwoshien strich liebkosend über sein Trinkglas. »Die Ozeane Cachalots enthalten viele Reichtümer. Sie haben heute eine winzige Probe davon gesehen. Es gibt einige kleine, unabhängige Firmen, denen es eine Freude wäre, wenn ihre besser organisierte Konkurrenz ausgelöscht würde.
Da gibt es zum Beispiel die Leute auf den Schiffen. Sie leben und arbeiten auf altmodischen Booten. Nicht Tragflächenbooten, sondern richtigen Schiffen, so wie man sie früher hatte. Schwimmende Schiffe also. Die Schiffe sind ihr Eigentum, im Gegensatz zu den Besitzverhältnissen der Leute in den Städten, die ihre Häuser und ihre Geräte von den großen Gesellschaften mieten. Sie bearbeiten einige ihrer Produkte selbst an Bord.
Die Menge ist
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