Cademar-Günstling der Magie
Brücke kam ohne Pfeiler aus und beschrieb einen hohen Bogen. Malkom glaubte, dass Magie half, sie zu halten, und vielleicht waren hier deswegen immerzu Magier stationiert.
Diese wohnten in einem dreistöckigen Wachhaus, das direkt neben dem Brückenaufgang errichtet worden war. Es schien nicht hoch genug zu sein, um selbst vom Dach aus über den Wall zu blicken, doch Malkom spürte in sich das Verlangen, zum höchsten Fenster hinaufzusteigen, um es trotzdem zu versuchen.
Malkom sah Cademar, der aus der Kutsche ganz vorne ausgestiegen war und das Heer vor sich begutachtete. Seine Generalsuniform blitzte im Sonnenlicht, und er wirkte, als habe er sein Leben lang nichts anderes getragen. Die Soldaten schienen von seinem Nahen nichts gewusst zu haben, denn sie standen nicht etwa stramm, sondern liefen durcheinander. Es hatten die Wachen offenbar nicht ihre Ankunft verkündet.
Cademar schien aber auch keinen Appell halten zu wollen, sondern ging zu dem steinernen Wachhaus, und die Magier, die mit den Kutschen angekommen waren, folgten ihm. Auch einige Magier, die schon bei den Garden gewesen waren, strömten herbei. Malkom erinnerte sich, dass Cademar ihm befohlen hatte, immer in seiner Nähe zu bleiben, so bedeutete er Flana, ebenso in die Hütte zu gehen.
Das Wachhaus war sehr geräumig. Im Erdgeschoss stand ein riesiger Tisch, an dessen Stühlen die Magier Platz nahmen. Hastig tranken sie aus den mit Wasser gefüllten Kelchen, die aufgetischt waren. Malkom und Flana wagten es nicht, sich auf die freien Stühle zu setzen, sondern ließen sich in der Ecke auf einer schmalen Holzbank neben dem Kamin nieder. Beim Anblick der Kelche fühlte Malkom, wie ausgedörrt seine Kehle war. Er beugte sich vor, um durch das große Fenster zur Schlucht hinauszublicken, doch sah von seinem Platz aus nur die gegenüberliegende Felswand aufragen. Es waren etwa dreißig schwarzgewandete Magier, die gespannt darauf warteten, was der Famulus des Bewahrers zu verkünden hatte.
Cademar erhob sich. »Mein Auftrag ist es, einen vernichtenden Schlag gegen die Verdunkelten zu führen«, sagte er, und die Magier, die an dem Tisch saßen, erstarrten, als wage keiner von ihnen mehr zu atmen.
Die Tür wurde aufgestoßen und ein weiterer Magier kam herein. »Verzeiht, dass ich zu spät komme«, sagte er, doch während die Worte Vergebung heischen wollten, sprach aus dem Tonfall unverhohlener Hass.
Es war Purko.
Er warf die Tür hinter sich zu und wartete nicht ab, dass Cademar seine Entschuldigung annahm, sondern setzte sich auf einen der freien Stühle und blickte in die Runde.
»Dir ist verziehen«, sagte Cademar erst jetzt mit einer gütigen Stimme, die Purkos Wut noch anzufachen schien, dann fuhr er an alle gewandt fort: »Wir werden gemeinsam die mächtigste Feuermagie entfesseln, die Asugol je gesehen hat. Das Land der Verdunkelten jenseits der Dämmerschlucht wird in einem Feuersturm untergehen. Dann rücken wir mit unseren Heeren vor und vernichten, was übrig ist.«
Es waren Worte, wie sie der Bewahrer sagte, dachte Malkom.
»Es werden alle mächtigen Magier von Asugol hier versammelt sein. Füllt euch mit Magie und macht euch bereit. Wenn wir alle stark genug sind, werden wir zuschlagen … in wenigen Tagen.«
Malkom musste Cademar töten.
Es war die einzige Möglichkeit, diesen verrückten Plan zu verhindern – oder wenigstens zu verzögern. Sicher spielte Cademars Macht bei dem bevorstehenden Angriff eine wichtige Rolle, und ohne ihn würde vielleicht sogar alles nicht funktionieren. Malkom war es egal, ob er dafür hingerichtet wurde. Womöglich konnte er Cademar gar nicht töten, doch sein Versuch würde dazu führen, dass die Menschen in den Garden den Plan hinterfragten und den Wahnsinn erkannten.
Doch es musste ihm allein gelingen. Nicht einmal Flana konnte er einweihen.
Nach der Sitzung, bei der niemand außer Cademar die Stimme erhoben hatte, war dieser an Malkom und Flana herangetreten, hatte ihnen erklärt, dass sie im obersten Stockwerk des Wachhauses in einer Kammer neben seinem Raum schlafen sollten. Es war schon spät am Tage, also richteten sich die beiden in der Kammer ein. Diese war auf der anderen Seite des Wachhauses, sodass Malkom vom Fenster aus nur das Heerlager überblicken konnte, statt in die Dämmerschlucht zu sehen.
Später brachte ihnen ein junger Soldat, dem die Gegenwart von Magiern sichtlich unangenehm war, ein Tablett mit Brot und Schinken und einen großen Krug frisches Wasser.
Schweigend
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