Cadence Jones ermittelt - Davidson, M: Cadence Jones ermittelt
machen würde, indem sie Georges Gesicht neue und interessante Formen verpasste. Sei’s drum. Ein Mädchen darf ja mal träumen …
»Das ist jetzt vermutlich nicht die richtige Zeit oder der richtige Ort«, hörte ich Clapps fröhliche Stimme, »aber gilt unser Date für heute Abend noch?«
Ach ja! Heute Abend. Nachdem wir uns an einem Dutzend Tatorten über den Weg gelaufen waren, hatte Clapp gefragt, ob ich mal mit ihm ausgehen würde. Und ich hatte eingewilligt, was als Beweis dafür dienen kann, dass ich wohl verrückt sein muss. Denn Jim Clapp wusste gar nicht über meine Schwestern Bescheid. Er hielt mich schlicht für eine Agentin einer FBI-Eliteeinheit. Außerdem war er knuffig und Single. Wie ich. Na ja, Single jedenfalls. Mehr oder weniger.
Clapp hatte widerspenstiges rotes Haar, das wild vom Kopf abstand, egal, wie viel Gel er auch hineinklatschte. Für sein Gel war er berüchtigt … Er hortete drei Tuben im Streifenwagen und Gott weiß wie viele in seinem Spind. Er besaß das blasse Gesicht der Rothaarigen und unglaublich viele Sommersprossen. Er sah wie der Künstler Opie aus. Ein Opie allerdings, der mühelos 270 Pfund stemmen konnte. Deshalb musste Clapp seine Anzüge maßschneidern lassen, was natürlich gewaltige Löcher in sein Gehalt riss.
»Ja«, schloss sich George mit lüsternem Grinsen an. »Gilt es noch?«
Mit einiger Mühe ignorierte ich meinen Partner. »Na klar. Warum hole ich Sie nicht direkt am Cop Shop ab? Wer will sich schon durch die Rushhour quälen, um nach Burnsville zu kommen?« Ich habe eine Schwäche für Riesenportionen Pasta und Mojitos, deshalb hatte ich vorgestern festgelegt, dass es unbedingt das Buca di Beppo sein solle, sonst müsse er leider auf meine Gesellschaft verzichten.
»Vor dem Präsidium also … wäre neunzehn Uhr in Ordnung?«
»Klar«, erwiderte ich und hoffte nur, dass bis dahin keine meiner Schwestern auftauchen möge. Ich musste ja verrückt sein, mich zum Essen mit einem Mann zu verabreden, der keine Ahnung von der psychischen Störung hatte, die bei mir diagnostiziert worden war.
Aber ich war eben auch einsam. Das wog mindestens genauso schwer.
Lynn sagte gerade etwas, aber ich war abgelenkt und hörte nicht zu. Ich hatte mich gerade wieder dem Tatort zugewandt. Irgendetwas war hier … anders. Besonders. Na ja, jeder Tatort hat etwas Besonderes. Selbst an den durchschnittlichsten Tatorten, selbst an einem Tatort, wie ich
( wir )
ihn Dutzende Male gesehen hatte, sprach etwas zu mir und zupfte an mir
( uns ).
Dies geschah mir sogar an Tatorten häuslicher Gewalt, dem alltäglichsten aller Gewaltverbrechen. Auch da sprach etwas zu mir. Es gibt kaum einen Cop, der seit zwei Jahren Dienst tut und nicht Dutzende Fälle häuslicher Gewalt gesehen hat. Aber warum ist es gerade in dieser Nacht und in dieser Stadt geschehen? Warum nicht schon früher? Was hat den Ehemann so gefuchst an der Tatsache, dass seine Frau bis zum späten Abend bei McDonald’s herumgehangen hat?
Wie gesagt: Warum gerade jetzt? Warum gerade diese Menschen? Warum an diesem Ort? Warum wieder?
Aber im Gegensatz dazu hatte ich bei dem Dreierpack-Mörder ein ganz anderes Gefühl. Ich wusste, was es war. Es war wie ein Kitzeln in meinem Hirn, das mir keine Ruhe ließ. Ein Kitzeln? Ha! Es war wie ein Angelhaken in meinem Kopf, der keine Ruhe gab, der grub und weiterwühlte und kratzte und …
Tut mir leid. Ein widerlicher Vergleich, nicht wahr?
Konnte es sein … gab es vielleicht etwas fast … Vertrautes an dieser Art der Zurschaustellung? In Pierre, Des Moines und Minot? Etwas Vertrautes, das über das Offensichtliche hinausging?
Rätsel über Rätsel.
Oder vielleicht auch nicht. Vielleicht war gar nichts Rätselhaftes daran.
( oh, aber das ist doch unmöglich )
Es ist möglich, dass du schon alles weißt, was du brauchst, um dieses Verbrechen aufzuklären.
( es ist nicht wahr es ist nicht wahr )
Geh schlafen, Cadence.
»Wir haben …
»… wir haben das schon
** BAK: Blutalkoholkonzentration (Anm. d. Übers.)
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mal gesehn.«
Clapps Kopf kippte zur Seite: Diese trockene Stimme kannte er von mir nicht. George hingegen schon, und er schob sich mit gequälter Miene seitlich an mich heran.
»Was zum Teufel machst du denn hier, Shiro, du grässliche Furie?« Dabei lächelte er mich an. Und zeigte seine Zähne. Dieser abscheuliche Mensch.
»Wie ich schon sagte: Das haben wir schon mal gesehen. Irgendwas ist hier besonders.«
»Ach nee … irgendwas ist hier
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