Cadence Jones ermittelt - Davidson, M: Cadence Jones ermittelt
überhaupt eine FBI-Dienststelle?«
»Ja, in Seattle«, warf George bereitwillig ein. Der Wind frischte auf und wehte ihm die Krawatte übers Gesicht. Zerstreut kaute er einen Moment auf ihr herum, dann spuckte er sie aus.
»Okay«, sagte ich, wobei ich hoffte, dass meine Stimme nicht so verwirrt klang, wie ich mich fühlte. »Schließen Sie sich uns an. Die meisten Beweismittel haben wir schon gesichert, aber ich könnte mir durchaus vorstellen, dass Sie einen von Ihren Leuten bei der Begehung dabeihaben wollen.«
»Cadence muss die Begehung vor allen anderen Feds machen«, ermahnte ihn Clapp.
»Das wissen wir«, sagte die Hälfte der anwesenden Cops im Chor. Darin sind Cops irre gut: Sie wirken, als konzentrierten sie sich auf etwas völlig anderes, während sie in Wahrheit jedes Quäntchen Information aufsaugen, das sie hören. Was in diesem Fall bedeutete: Sie hatten jedes einzelne Wort unseres privaten Gesprächs mitangehört und wollten, dass die Feds nun endlich weitermachten. Und wer wollte ihnen das denn auch verdenken?
Papp lachte bloß. Gott sei Dank. Wie sollte ich ihm erklären, dass alles, was ich ansah, von drei Menschen beobachtet und analysiert werden würde? Die alle im gleichen Körper lebten? Was ich übersah, würde Shiro bemerken. Was sie aufnahm und als irrelevant abtat, würde unsere dritte Schwester verfolgen und so lange quälen, bis es die Wahrheit von sich gab. Was beide als unwesentlich einstuften, würde dann ich in das Puzzle einfügen.
Tut mir leid, dass alles so kompliziert ist.
5
Zwei Männer, eine Frau. Das Muster – drei Opfer – entsprach dem in Minot, in Des Moines und auch in Pierre. Alle drei waren erstochen worden – mit einem Filetiermesser, wie der Gerichtsmediziner vermutete, einem Messer, das scharf schneiden und überall geschärft worden sein konnte. Zudem ein Werkzeug, das in keiner gut sortierten Küche fehlte. (Wollen Sie den Spaß am Kochen verlieren? Besuchen Sie mal einen Tatort, der einem Schlachtfeld ähnelt. Ich versichere Ihnen, da reicht ein einziges Mal …) Ansonsten wiesen die Opfer keine Verletzungen auf, waren weder geschlagen noch geschleift worden. Sie waren einfach nur tot auf der Straße aufgetaucht.
Aus den Opfern auf ein Täterprofil zu schließen, hatte sich als enervierendes und letztlich auch nutzloses Unterfangen erwiesen. Sie waren unterschiedlich alt und auch von unterschiedlicher Rasse. Dreierpack hatte Hilfskellner und Ärzte ermordet, Männer und Frauen, einen Alkoholiker und einen Marathonläufer. Die toxikologischen Untersuchungen brachten keinerlei Ergebnisse, abgesehen von Blutalkohol, der jedoch auch unterschiedlich ausfiel. Manche Opfer hatten dem Stoff tüchtig zugesprochen, andere waren offenbar Abstinenzler gewesen. Die BAK ** reichte von 0,0 bis 0,11 Promille.
Da es völlig unmöglich war, Gemeinsamkeiten zwischen den Opfern festzustellen, kamen wir mit dem Täterprofil nicht voran. Bis wir mögliche Verbindungen zwischen Dreierpack und seinen Opfern fanden, mussten wir uns wohl auf weitere Leichen gefasst machen – und diese Vorstellung war, milde ausgedrückt, betrüblich.
Wir wussten ja noch nicht einmal, wann die Opfer eigentlich entführt worden waren. Der Todeszeitpunkt konnte zwar festgestellt werden, aber manche Opfer hatten vorher einen halben Tag mit dem Mörder verbracht – und andere waren noch nicht einmal als vermisst gemeldet worden! Das Einzige, was wir bis jetzt mit einiger Sicherheit wussten, war, dass Dreierpack immer ein Opfer entführte und ermordete und irgendwann später mit zwei anderen Opfern zusammen ablegte.
Die Leichen waren immer an belebten Orten aufgetaucht. Wie das Labor uns mitteilte, waren sie woanders getötet worden und wurden daraufhin an einen Ort gelegt, wo man sie mit Sicherheit finden und die Polizei rufen würde – und deshalb nie in einer Gegend, wo den Einwohnern eine Leiche vollkommen egal sein konnte. Das war bei den jüngsten Leichen nicht anders: Sie lagen gut sichtbar nur ein paar Schritte von der Hauptstraße entfernt. Wirklich, das Einzige, das wir mit Sicherheit wussten, war, dass die Opfer getötet worden waren und irgendwo anders mit einem dieser grässlichen Gedichte auftauchten.
Ach ja, die Gedichte! Noch so ein Rätsel, noch eine entmutigende Spur, aus der niemand schlau wurde. Dreierpack hinterließ an jedem Tatort einen Ausschnitt aus einem Shakespeare-Sonett.
In Pierre:
Wie Wellen eilen zu dem Kieselstrand,
So unsre Stunden ihrem Ende zu,
Und jede
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