Cadence Jones ermittelt - Davidson, M: Cadence Jones ermittelt
Stunden im Leichenschauhaus. »Agent Jones.«
» Agent Jones? Das ist ja cool!«
»Oh. Sie schon wieder.«
»Ich schon wieder«, echote der Fremde mit widerlicher Heiterkeit. »Hab Sie mit der Wahlwiederholung drangekriegt, na, war das nicht clever? Also: Wer sind Sie und warum haben Sie meine Schwester angerufen?«
»Wenn Sie nicht zufällig Patrick Flannery sind, dann stecken Sie jetzt in gewaltigen Schwierigkeiten.«
»Obwohl ich tatsächlich Patrick Flannery bin, stecke ich auch in Schwierigkeiten. Ich habe vergessen, dass es verboten ist, Flüssigkeiten ins Flugzeug mitzunehmen, und deshalb musste ich mein Gatorade wegwerfen, nachdem die Security mir befohlen hatte, meine Schuhe auszuziehen.«
Es war durchaus möglich, dass ich da mit jemandem redete, der einen an der Waffel hatte.
»Und das war noch nicht alles«, fuhr er mit dieser widerlich fröhlichen Stimme fort. »Ich hab das Ladegerät für mein Handy vergessen, das derzeit in meiner Aktenmappe liegt und sich für einen Stein ausgibt.«
»Tja, wenn Sie meinen … « Tina winkte mir vom anderen Ende des Großraumbüros zu. Verdammt, verdammt, verdammt! Sie wollte immer noch dieses Geflügelsalatrezept für ihre blöde Party. Und ich war so gefangen wie ein Käfer im Schaukasten, aufgehalten von diesem dämlichen Telefonat.
Niemals! Ich würde sofort den Abflug machen. Ich musste einen Mörder finden, anstatt Rezepte auszutauschen … wie eine geschäftige Hausfrau in den Fünfzigern.
O Gott, jetzt kam sie auch noch auf mich zu …
17
»Hallo? Hallo? Hallo?«
»Hallooo? Wer sind Sie denn?« Ich telefonierte gerade mit … wem auch immer. Oh! Und Tina kam gerade auf mich zu. Ich wühlte in der obersten Schreibtischschublade, bis ich die Karteikarte mit meinem Rezept für Geflügelsalat gefunden hatte (das Geheimnis war, Olivenöl statt Mayonnaise zu nehmen, und dazu milde Salatgurken). Im Vorbeigehen reichte ich Tina die Karte.
»Wir unterhalten uns ja jetzt schon seit einer ganzen Weile«, sagte eine Stimme an meinem Ohr, während ich Tina und meinem kostbaren Salatrezept nachwinkte. »Ich weiß wirklich nicht, ob ich fasziniert oder genervt sein soll.«
»Ich war fasziniert und genervt«, entgegnete ich. Offenbar hatte Shiro für eine oder zwei Minuten übernommen. »Aber jetzt muss ich los. Ich habe den Rest des Tages – oh, stimmt!« Jetzt fiel es mir schlagartig wieder ein.
»Warum ich eigentlich anrufe … «
»Ich lausche voller Spannung.«
»Ist Cathie da?«
»Sie sind also Cadence!«
»Wenn Sie wissen, wer ich bin, dann müssen Sie Cathies großer Bruder Patrick sein.«
»Schuldig«, sagte er bescheiden. »Aber nennen Sie mich doch einfach Patrick.«
»Ist ja komisch, dass wir uns nie über den Weg gelaufen sind … «
»Ach ja?«, fragte er, dann gähnte er in den Hörer. »Ich könnte mir für diese Situation ja viele Bezeichnungen vorstellen … «
»Welche Situation?«
»… aber komisch ist nicht darunter.«
»Hören Sie«, ich versuchte mich in Geduld zu fassen, »wenn Sie Cathie sehen, richten Sie ihr bitte aus, dass ich den Rest des Tages freihabe, deshalb komme ich etwas früher.«
»Eigentlich habe ich schon vor fünf Minuten das Haus verlassen.«
»Vor fünf Minuten?«
»Ich hatte ein sehr seltsames Gespräch mit einer Person, die vielleicht Cadence Jones ist, vielleicht aber auch nicht, und das ist der Grund, warum ich vor fünf Minuten doch nicht aus dem Haus gegangen bin.«
»Und?«
»Deshalb bin ich immer noch hier anstatt bei meinem Lunch-Meeting. Aber wenn ich beim Brüten über Tabellen und Bilanzen altbackene Bagels hinunterwürgen müsste, würde ich vermutlich ersticken.«
»Aha.« Ich war etwas verwirrt. »Dann haben Sie also lieber weiter mit mir telefoniert, um das Ersticken zu vermeiden?«
»Hört sich herzlos an, so wie Sie es darstellen«, gestand er. »Außerdem komme ich jetzt zu spät. Wie dem auch sei – in einer Stunde bin ich wieder da. Ich lasse Cathie eine Nachricht da.«
»Ja, gut. Danke.«
»Ist doch das Mindeste, was ich tun kann. Was übrigens nicht stimmt. Ich hasse es, wenn die Leute das sagen, Sie nicht auch?«
»Also … «
»Das Mindeste zu tun ist gar nichts. Also lasse ich ihr eine Nachricht da. Das ist das Zweitmindeste, was ich tun kann.«
»Super. Na dann … bye.«
»Bye, Agent Jones.«
Ich legte auf und wünschte sagen zu können, dies sei das verrückteste Telefonat, das ich jemals geführt hatte. Aber der erste Platz gebührte immer noch dem Kampf mit der
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