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Cadence Jones ermittelt - Davidson, M: Cadence Jones ermittelt

Cadence Jones ermittelt - Davidson, M: Cadence Jones ermittelt

Titel: Cadence Jones ermittelt - Davidson, M: Cadence Jones ermittelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Janice Davidson
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Reinigung auf der Lake Street.

18
    Ein Wort zu Cathie, meiner besten Freundin (aber keins über ihren mysteriösen Bruder, der am Telefon so komisch war).
    Wir lernten uns in meinem Zuhause kennen – womit ich natürlich das MIMH meine (das sich auf NIMH reimt, wie in »Mrs Brisby und das Geheimnis von«) –, als wir junge Mädchen waren. Cathie hatte damals ein ziemlich großes Problem mit dem Ritzen. Ihre Familie missdeutete es als Selbstmordversuch und sie wurde gegen ihren Willen in Gruppentherapie gesteckt und musste industriell hergestellte Lebensmittel zu sich nehmen (bis zum heutigen Tag kann sie Jell-O nicht einmal ansehen ).
    Sie war ebenso fasziniert von meiner Art zu leben (»Du wohnst hier? Du hast schon immer hier gewohnt? Wer kümmert sich denn um dich?«) wie ich von der ihren (»Deine Eltern haben die Republikaner gewählt? Im Jahr 2004? Wie hast du’s geschafft, dich trotzdem erhobenen Hauptes zu halten?«). Cathie war witzig und nervös und kreativ und außerdem sehr launisch. Binnen eines Jahres hatte sie auch meine Schwestern kennengelernt … und wollte trotzdem mit mir befreundet bleiben! Nachdem sie diese Überzeugung geäußert hatte, wusste ich, dass das Schicksal sie mir zur besten Freundin auserkoren hatte.
    Und jetzt endlich sollte ich Patrick kennenlernen. Er war zehn Jahre älter als Cathie und sie hatte ihn in ihrer Jugend selten gesehen. Zu der Zeit, als sie begann, sich zu ritzen, war er auf dem College und besuchte die Familie nur wenige Male im Jahr, immer ausgerechnet dann, wenn ich arbeitsmäßig unterwegs war (oder nach neuen faszinierenden Therapiemöglichkeiten suchte). Cathies Eltern litten unter Alzheimer im Anfangsstadium; Patrick bezahlte das luxuriöse Pflegeheim, in dem sie ihre letzten sechs Jahre verbrachten – und ebenso Cathies Miete, wenn sie im Rückstand war.
    Man konnte wohl sagen, dass er seine Familie liebte, aber nicht, dass er sie gut kannte. Vielleicht würde er sich diesmal ein bisschen mehr Zeit nehmen.
    Ich fuhr von der Arbeit sogleich zu Cathie. Sie hatte ein wunderschönes Haus im Städtchen Hastings am Ufer des Mississippi. Es war während des Bürgerkriegs gebaut worden (das Haus, nicht das Städtchen), und manchmal ertappte ich mich dabei, wie ich auf das hölzerne Treppengeländer oder die Einbauschränke starrte und dachte: Dies wurde gebaut, als Lincoln Präsident war. Shiro würde wohl eher denken: Dieser Einbauschrank wurde im selben Jahr gefertigt, als Lincoln von einem jämmerlichen Schauspieler in den Kopf geschossen wurde. Und Adrienne würde Stücke des schönen blankpolierten Hartholzparketts im Esszimmer herausmeißeln. Jedem das Seine.
    Ich hielt vor Cathies gepflegtem Backsteinhäuschen und umrundete die dichte Hecke, um zur Haustür zu gelangen. Mir gefiel das Balkenwerk des Hauses, Cathie liebte ihre Hecke. Es kam ihr entgegen, dass sie vom Bürgersteig aus nicht zu sehen war. Also hätschelte sie ihre Hecke und ertränkte sie förmlich in Dünger. Nicht mehr lange, und das Grünzeug würde bis zum ersten Stock emporwuchern.
    Ich trat ein – meinen eigenen Schlüssel brauchte ich heute nicht zu benutzen, Cathie war in puncto Sicherheit des eigenen Zuhauses erschreckend nachlässig – und brüllte: »Cath? Wo steckst du?«
    Als Antwort hörte ich lediglich hektisches Schrubben. Aha! Tatort Küche.
    Ich eilte durchs Wohnzimmer in Cathies Küche, wo das Geräusch des Schrubbens an Intensität zunahm. Leider konnte ich dessen Urheberin nicht sehen, sondern nur hören, und das konnte nur bedeuten, dass … »Cathie, hör sofort auf damit!«
    »Womit?«, entgegnete sie mit der unschuldigen Stimme eines Neugeborenen. »Hast du heute wieder ein paar böse Jungs gefangen?«
    »Hör auf, die Kacheln mit der Zahnbürste zu putzen.« Hatte ich schon erwähnt, dass Cathie nicht nur manisch-depressiv ist, sondern auch eine Zwangsneurose hat? »Er ist dein Bruder, nicht der Papst.«
    »Für den Papst würde ich auch nicht putzen«, gab sie zurück. Cathie ist eine ganz normale, nicht praktizierende Katholikin. »Für diesen kahl werdenden Frauenhasser!«
    »Aber nicht doch, der neue hat doch noch jede Menge … Mensch, hör schon auf zu schrubben!«
    Cathie bearbeitete die Kachel noch ein paar Sekunden weiter, aber nach meiner Ermahnung nur noch mit halber Kraft. Dann stand sie auf und warf die Zahnbürste in das blitzblanke Spülbecken. Ihre Fingerknöchel waren gerötet und ebenso ihre Knie.
    Denn wir hatten zwar September, aber Cathie

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