Cadence Jones ermittelt: Drei sind zwei zu viel (German Edition)
»Pass auf, Emma Jan, es funktioniert folgendermaßen: Du kannst nicht einfach bestimmen, welche von uns dreien du sehen willst. Wir sind keine Arztpraxis. Du kannst keine Verabredung mit meinem Körper treffen und dann erwarten, dass die anderen einfach ...
50
»Guten Abend, Agent Thyme.«
Ihr Mundwinkel zuckte. »Hi, Shiro. Äh. Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist. Cadence scheint das nämlich gar nicht zu gefallen.«
»Cadence«, erwiderte ich, während ich ihren Mantel von der Stuhllehne nahm und in ihre Schuhe schlüpfte – sie hatte die irritierende Angewohnheit, ihre Kleidung abzulegen, wenn sie erschöpft war, »wird es überleben. Und ich bin viel zu aufgedreht, um nach Hause zu fahren. Außerdem habe ich kein Tier entführt, das mir nicht gehört.«
»Bist du nicht müde?« Sie beobachtete mich scharf. »Cadence war ziemlich müde, sie wollte nach Hause und sich ausruhen. Und außerdem nach Patrick sehen.«
»Unwichtig. Cadence ist ja gerade nicht da.« Ich schlüpfte in meinen Mantel und fand die Autoschlüssel. »Gehen wir?«
Ich atmete tief durch. Selbst mit verbundenen Augen würde ich erkennen, dass ich mich in der Schießhalle unter dem BOFFO -Gebäude befand. Schießpulver ist für mich wie Parfüm. Und hier, genau hier, würde Agent Thyme kapieren, dass ich ihr auf diese … eine Art überlegen war.
»Agent Thyme, das ist Dan Shepard, der Hohepriester des Schießstands.«
»Tag auch«, brummte er. Dan Shepard ist der am wenigsten bedrohlich aussehende Mann, den ich kenne. Er ist klein – kaum über eins fünfzig – und dicklich und hat dünnes blondes Haar, das sich bereits anschickt, das sinkende Schiff zu verlassen. Schlammbraune Augen blinzelten uns hinter dicken Brillengläsern an.
Dan ist einer der besten Schützen der Welt. Jawohl. Der Welt .Tatsächlich vermute ich, dass er in seiner Jugend Auftragskiller gewesen ist, der nach vielen erfolgreichen Regierungsaufträgen nun in BOFFO s Schießanlage eine Art Ruhestand genießt.
Das Langweiligste an Dan ist, dass er unter Angst vor Stille leidet. Darüber braucht er sich in diesem Schießkeller jedoch keine Sorgen zu machen.
Dan winkte mit seiner fetten Hand in meine Richtung und sagte mit einer Stimme, die nach einem zerstreuten, verrückten Wissenschaftler klang: »Die Hohlspitzgeschosse haben Sie aber schön zu Hause gelassen, ja? Shiro? Bringen Sie diesen Mist nie wieder in meine Schießhalle. Nehmen Sie die verdammten Wadcutter wie alle hier. Capisce? «
»Dan! Sie tun mir Unrecht!«, protestierte ich und hoffte, er würde nicht darauf bestehen, meinen Munitionsbeutel zu durchsuchen. »Nachdem Sie einmal Ihr Missfallen darüber bekundet hatten, würde es mir nicht mal mehr im Traum einfallen!«
Emma Jan grinste breit. »Will ich es wissen, Honey?«
»Nein, Agent Thyme. Wollen Sie nicht.« Es gefiel mir, Honey genannt zu werden. Agent Thyme musste nur begreifen, dass ich es ihr deswegen nicht leichter machen würde. Es war schön, eine neue Freundin zu haben. Falls man sie so bezeichnen konnte. Vielleicht hatte sie mich ja nur »Honey« genannt, um mich einzulullen …
Während ich darüber grübelte, begleitete uns Dan am Rand der Halle entlang zu unseren Plätzen, wobei er es sorgfältig vermied, auf die rote Linie zu treten. Er knetete seine bleichen, fetten Hände dergestalt, dass ich schon fürchtete, er könnte sich verletzen. Im Gehen rasselte er die dämlichen Regeln herunter, die er aufgestellt hatte, seit ich die Anlage nutzte.
»Keine Leute, die Sie nicht leiden können, zu Duellen herausfordern. Nicht Pinkmans Foto am Ziel aufstellen und darauf schießen. Keine anderen Agenten anstiften, es zu tun. Keine Schrotflinten ... «
»Nicht mal eine Zwanzig-Gauge?«
»Keine Schrotflinten!«
»Hmf.«
»Und keine KE -Geschosse.«
» KE s«, stöhnte Emma Jan hingerissen. Jetzt musste ich lachen.
»Würde ich doch nie tun.« KE -Penetratoren, die Panzerwände durchschlagen können, sind immer noch illegal, und das nicht ohne Grund. Ich hatte einmal einen Blick in einen Geheimbericht über diese Munition werfen können, die dreimal bei einem Einsatz benutzt worden war und dreimal eine verheerende Wirkung gezeigt hatte. Dass Agent Thyme über die Natur dieser Geschosse Bescheid wusste, ließ sie in meiner Achtung weiter steigen. Wenn ich ihr erst mal meinen Willen aufgezwungen hatte, könnten wir gute Freundinnen werden …
Aber zurück zu den KE -Pfeilwuchtgeschossen, und warum sie ein so großes Geheimnis
Weitere Kostenlose Bücher