Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cäsar Birotteau (German Edition)

Cäsar Birotteau (German Edition)

Titel: Cäsar Birotteau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
Vom Netzwerk:
Es war durchaus charakteristisch für seine Geistesgröße, daß er einem großen Bankhause als Sicherheit sein »Kephalol« (seinen letzten Spieleinsatz!) und die Firma Popinot vorschlug. Auf dem Irrwege seiner Hoffnung ließ er sich examinieren und sondieren. Der schlaue Bankier zog das Resümee: Dieser royalistische Hohlkopf steht vor der Pleite! Er hatte seine Freude daran, einen Günstling der Regierung, einen jüngst Dekorierten vor dem Bankerott zu sehen.
    Nunmehr sagte er ihm ins Gesicht, er könne ihm weder einen Kredit eröffnen noch ihn seinem Bruder empfehlen, schon allein aus politischen Rücksichten.
    Der erbitterte Parfümhändler war nahe daran, eine Bemerkung über die angebliche Menschenfreundlichkeit der Herren Keller zu machen, aber der Schmerz über sich selbst übermannte ihn derart, daß er nur die Worte »Bank von Frankreich« stammelte.
    »Ich glaube nicht«, bemerkte Adolf Keller kühl, »daß da, wo schon eine einfache Bank streikt, die Bank von Frankreich Kredit gewähren wird.«
    »Es ist mir schon immer so vorgekommen«, jammerte Birotteau, »daß die Einrichtung der Bank von Frankreich verfehlt ist. Sie sollte Pariser Kaufleuten ...«
    Der Bankier erhob sich mit der Gebärde des gelangweilten Menschen.
    »Wenn sich die Bank damit befassen wollte«, warf er hin, »auf dem kaufmännisch schlüpfrigsten Platze der Welt in Geldverlegenheit geratene Leute zu kommanditieren, dann würde sie binnen eines Jahres die Bude zumachen müssen. Sie hat schon so Mühe genug, sich gegen Wechselreiterei und faule Kunden zu schützen. Was würde aus ihr werden, wenn sie sich auch noch mit Firmen abgeben sollte, die sich durch sie über Wasser halten wollen?«
    Wo soll ich die zehntausend Francs hernehmen, die ich morgen, Sonnabend, den 30. Dezember, brauche und nicht habe? fragte sich Birotteau, als er das Bankhaus verließ.
    Der Gewohnheit gemäß zahlt man am dreißigsten, wenn der einunddreißigste ein Feiertag ist.
    Als Cäsar, die Augen voll Tränen, aus dem Portal trat, fiel sein Blick auf einen schönen englischen Vollblüter vor einem hübschen Kabriolett, das gerade vor dem Hause zum Halten kam. Am liebsten hätte sich der Parfümhändler von diesem Fahrzeug überfahren lassen. Dann wäre er just im rechten Augenblick gestorben und die Unordnung in seinem Geschäfte wäre mit auf die Rechnung des Unfalls geschrieben worden. In seiner innern Verwirrung erkannte er du Tillet gar nicht, der, geschniegelt und gebügelt, vom Wagen absprang, dem Diener die Zügel zuwarf und das warmgewordene Pferd mit einer Decke einhüllte.
    »Was führt Sie hierher?« fragte der Bankier seinen ehemaligen Prinzipal. Er kannte die Veranlassung sehr wohl. Die Gebrüder Keller hatten bei Claparon Erkundigungen eingezogen und dieser hatte, unter Bezugnahme auf du Tillet, den alten guten Ruf des Parfümhändlers zunichte gemacht.
    Die vergeblich unterdrückten Tränen des armen Kaufmannes gaben die deutlichste Antwort.
    »Sie waren doch nicht etwa hier bei diesen Halsabschneidern, diesen herzlosen Börsenjobbern ? Sie ahnen ja gar nicht, was das für Gauner sind! In Le Havre, Bordeaux und Marseille weiß man davon ein Lied zu singen. Aber ich ziehe den Kerlen die Hosen straff ... Gehen wir ein Stück zusammen, mein lieber Herr Birotteau! – Joseph, bewegen Sie den Gaul im Schritt! Er ist warm geworden... Ich sage Ihnen, Herr Birotteau, in dem Vollblüter stecken tausend Taler Kapital!«
    Sie gingen zusammen nach den Boulevards zu.
    »Hören Sie mal, verehrter Gönner – das waren Sie mir ja einmal! – brauchen Sie Geld? Die Schufte haben Garantien verlangt! Aber ich kenne Sie. Ich biete Ihnen Geld auf Ihren bloßen Wechsel an. Wissen Sie, wie ich mein Glück gemacht habe? Auf anständige Weise. Aber so einfach war die Sache nicht. Jetzt kann ich es Ihnen ja sagen! Ich habe in Deutschland Schuldtitel des Königs mit sechzig Prozent Verdienst aufgekauft. Die Kaution, die Sie damals für mich gestellt haben, war mir dabei sehr nützlich. Ich bin Ihnen auch dankbar. Also, wenn Sie zehntausend Francs brauchen, so stehen sie Ihnen zu Diensten!«
    »Was? Du Tillet!« rief Cäsar aus. »Ist das wahr? Ist das kein Scherz von Ihnen? Ich will's nur gestehen: ich bin ein wenig in der Klemme, aber es ist nicht schlimm.«
    »Weiß schon! Die Geschichte mit Roguin! Ich verliere auch zehntausend Francs, um die der alte Gauner mich auf Nimmerwiedersehen angepumpt hat. Seine Frau will sie mir zwar von ihrem Eingebrachten zurückzahlen.

Weitere Kostenlose Bücher