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Cäsar Birotteau (German Edition)

Cäsar Birotteau (German Edition)

Titel: Cäsar Birotteau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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doppelzüngigen Phrasen, mit denen er ihnen ihre eigenen Ideen pries. Unten entschuldigte Adolf seinen Bruder damit, daß ihm seine politische Betätigung ein genaues Eingehen auf die Sache unmöglich mache, und klopfte selber tüchtig auf den Busch. Mit ihm war nicht gut Kirschen essen. Er nannte alle Dinge beim rechten Namen und nahm kein Blatt vor den Mund. Man mußte selber eine Doppelnatur sein, um mit diesem perfiden Bankhaus etwas erreichen zu können. Häufig wurde dem honigsüßen »Ja« im Prunkkabinett von Franz ein trockenes »Nein« in der Kanzleistube von Adolf entgegengesetzt. Dieses hinhaltende Verfahren gewährte dem Hause Zeit zu Überlegungen und war sehr oft ein Mittel, ungeschickten Konkurrenten eins auszuwischen.
    Als Birotteau seine Sache vorgebracht hatte, warf Adolf, ein richtiger schlauer Fuchs, den Kopf senkend einen Blick über seine Brille hinweg auf den Sprecher und sah ihn mit seinen scharfen Augen an. Cäsar kam dieser Blick wie der eines Geiers vor: gierig und herzlos, funkelnd und finster.
    »Schicken Sie mir, bitte, Unterlagen, die einen Überblick über Ihre Terrainspekulation gewähren«, sagte er. »Wir müssen zunächst die Grundlage prüfen, ehe wir Ihnen den Kredit eröffnen und über den Zinsfuß konferieren. Ist die Sache gut, dann würden wir uns unter Umständen statt des Diskonts mit einer Dividende am Reingewinn begnügen.«
    Ich sehe schon, wie der Hase läuft, sagte sich Birotteau, als er heimging. Wie der verfolgte Biber muß ich ein Stück von meiner Haut fahren lassen... Aber, es ist immerhin besser, ein Schaf zu sein, das geschoren, als eins, das gebraten wird!
    Er kam höchst vergnügt nach Hause.
    »Ich bin gerettet!« frohlockte er vor Cäsarine. »Ich werde bei Kellers einen Kredit bekommen!«
    Erst am 29. Dezember gelang es Birotteau, abermals mit Adolf Keller zu sprechen. Als es Birotteau das erstemal versuchte, war der Bankier ausgefahren, um sechs Stunden vor Paris ein Landgut zu besichtigen, das sein Bruder kaufen wollte. Das zweitemal waren beide Brüder geschäftlich verhindert, Audienzen zu erteilen; man beriet über die Übernahme einer in der Kammer debattierten Staatsanleihe. Birotteau wurde ersucht, am kommenden Freitag wieder vorzusprechen. Verzögerungen, die Cäsar zu Boden drückten.
    Endlich war es Freitag. Abermals saß Birotteau in Adolfs kahlem Kabinett. Das volle Tageslicht fiel durch das Fenster auf ihn. Der Bankier begann zu fragen:
    »Die Papiere sind in Ordnung, Herr Birotteau. Was haben Sie aber auf den Kaufpreis der Grundstücke angezahlt?«
    »Hundertvierzigtausend Francs!«
    »Bar?«
    »In Wechseln!«
    »Sind sie bezahlt?«
    »Der Fälligkeitstag ist nahe.«
    »Sagen Sie mal, wo bleibt für uns eine Sicherheit, wenn Sie die Grundstücke zu teuer gekauft hätten? Sie haben sie zum Zeitwert erworben. Wir hätten im Grunde keine andere Garantie als die Ihres guten Namens. Aber mit Gefühlen lassen sich keine Geschäfte machen! Wenn Sie zweihunderttausend Francs bezahlt hätten, könnten Sie ruhig hunderttausend zuviel für die Grundstücke bezahlt haben: wir würden Ihnen hunderttausend geben können, ohne dabei etwas zu riskieren. Übrigens ist es noch gar nicht gesagt, daß die ganze Sache gut ist. Man muß einfach fünf Jahre warten. Vielleicht verdoppelt sich der Wert bis dahin. Aber in dieser Zeit können wir mit dem Gelde in andern Geschäften viel machen. Es bietet sich alle Tage was. Klar gesagt: sollen wir zunächst Ihre bald fälligen Wechsel bezahlen! Das ist eine faule Geschichte. Das Geschäft ist nichts für Sie!«
    Birotteau war sprachlos. Er verlor den Kopf.
    »Wir wollen mal sehen!« fuhr Adolf fort. »Mein Bruder interessiert sich lebhaft für Sie. Er hat mir das extra gesagt. Erzählen Sie mir noch was von der Sache!«
    Birotteau fiel auf diesen grausamen Scherz hinein. Er berichtete dem Bankier alle seine Geschäftsgeheimnisse. Er schwatzte von »Sultaninnen-Creme« und »Venus-Wasser«, von Roguins Flucht, von seinem Prozeß um die Hypothek, für die er kein Geld bekommen hatte, und so fort.
    Adolf Keller machte eine nachdenkliche Miene und lächelte vor sich hin, Cäsar bildete sich ein, er interessiere sich für alles das. Ich bekomme meinen Kredit! frohlockte er. In Wirklichkeit hatte der Bankier seinen Spaß an dem einfältigen Kaufmann. Fortgerissen durch seine eigene Geschwätzigkeit – im Banne des Unglücks reden sich Leute seines Schlages in eine Art Rausch hinein – verriet Cäsar den wahren Birotteau.

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