Caesar erwacht!
ihrem Schiff umher. Den Männern gewährte sie noch die Chance tiefen Schlafes. Vor allem Bob sollte die weiche, saubere Bettwäsche genießen und einen sicheren Bereich ganz für sich alleine. Diesen Genuss wollte sie ihm zurzeit nicht nehmen.
„Hallo! Ist jemand an Bord?“ Draußen machte sich ein Unbekannter bemerkbar und rief diese Worte die Stufen hinab.
Nicole entriss sich ihrer Tagträume und stieg die Treppe aufs Vorderdeck hoch. Oben begrüßte sie ein junger Mann mit einem großen Umschlag in der Hand.
„Ja, kommen Sie herein!“, forderte Nicole den Mann auf, ihr zu folgen.
„Oh, ich muss leider weiter. Bin sehr in Eile. Sind Sie Nicole Bouvier?“
„Ja, bin ich.“
„Der Umschlag ist für Sie, von Gowan. Bitte sehr.“ Er übergab ihn höflich und wollte sofort wieder verschwinden.
„Warten Sie, bitte, hier!“ Nicole wollte dem Mann eine Zehn-Pfundnote reichen, aber dieser wehrte freundlich ab.
„Nein, nein, ich wurde bereits entlohnt. Vielen Dank und schönen Tag noch!“ Dann balancierte er zurück über die schwankenden Planken auf die feste Mole.
Nicole sah ihm verwundert nach. Nanu? Trinkgelder verschmähen seine Jungs doch sonst nicht?
Sie begab sich wieder unter Deck und öffnete den Umschlag. Eine Zeichnung, die wie ein Foto wirkte, fesselte ihre gesamte Aufmerksamkeit. Gowan hatte von seiner Vision eine genaue Wiedergabe anfertigen lassen. Diese war so komplett und detailgetreu, dass sie glaubte, dem Ripper direkt in die Augen zu schauen.
Deshalb schützte sie ihre Quelle auch ganz besonders. Wüsste dieser perverse Mörder, dass ein Medium ihn aufspürt, wäre Gowans Leben keinen Pfifferling mehr wert. Jo und Bob waren gestern von Nicole deshalb schon zur absoluten Diskretion verpflichtet worden. Nicht mal die Fahrtstrecke und der Wohnort von Gowan durften preisgegeben werden. Auch nicht der Polizei. Nicole war immer sehr wachsam und schaute sich ständig nach Verfolgern um, wenn sie ihren langen Weg nach Wales an die Westküste startete. Vor allem die Presse war eine lästige Klette, die ohne Rücksicht auf Verluste Sensationsnachrichten aufspürte. Nicole wurde oft verfolgt. Sie war über die Landesgrenzen hinaus bekannt, sogar bei Europol beliebt, und wurde häufig von geheimen Ereignissen magisch angezogen. In ihrem Fahrwasser gab es immer etwas zu entdecken und angeblich für die Bürger aufzuklären. Die hätten ja schließlich ein Recht auf Information und die Wahrheit. Immer die alte Geschichte … Der Zeichnung lag eine kurze Note von Gowan bei.
Meine Liebe. Sorry für euren plötzlichen Rauswurf, gestern. Aber mir war schwindelig, und die Visionen waren grässlich. Ich hatte die gesamte Nacht Albträume. Gestern habe ich dir nicht alle Informationen gegeben. Ich habe tatsächlich ein Labor gesehen, in Südafrika. Und einen Namen: Tiberius. Falls dir das weiterhilft … Ruf mich unter meiner Geheimnummer an, wenn du noch Fragen hast! Ich wünsche dir viel Erfolg, und pass auf dich auf, meine Liebe! Herzliche Grüße, G.
Gowan hatte nicht mit seinem vollen Namen unterschrieben. Aus Sicherheitsgründen, wie den vorgenannten. Nicole erkannte natürlich die Echtheit an seiner Handschrift. Auf seine Kuriere konnte Gowan sich immer verlassen. Meistens waren es junge Druiden in der Ausbildung, die ihm treu ergeben waren. Während sie das Bild betrachtete, summte ihr Mobiltelefon leise.
„Ja, bitte?“ Sie meldete sich nie mit Namen. Nicht aus Unhöflichkeit, sondern auch aus Vorsicht.
Inspector Dick Fellington war am Rohr. „Hallo Nicole. Guten Morgen. Ist dieser Amerikaner noch in deinem Gewahrsam?“
„Ja, warum?“
„War er die gesamte Zeit bei dir?“
„Ja, war er. 24 Stunden rund um die Uhr. Willst du wissen, ob ich mit ihm schlafe? Oder was soll das?“, schnappte Nicole wütend.
„Dann kann ich ihn vom Haken lassen, Süße. Ganz ruhig! Schau mal in die neue Ausgabe der Post! Neuer Leichenfund in London. Laut Leichenbeschauer gestern circa zwischen 24 Uhr bis 2 Uhr ermordet und ausgeweidet. Derselbe Täter! Ich konnte dich nicht erreichen, du hattest dein Mobiltelefon abgeschaltet, wo hast du denn gest…“
Diese Nachricht schlug bei Nicole ein wie eine Bombe. Verwirrt packte sie ihr Telefon weg, ohne Dick zu verabschieden. So sehr nahm sie die Mitteilung mit. Einen positiven Aspekt hatte diese weitere grausame Tat leider. Das Ultimatum der 48 Stunden war außer Kraft gesetzt. Ihr wurde mehr Zeit gegeben: Bob war in die Freiheit
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