Caesar erwacht!
Passfotos machen, Colonel Leary. Dann können Sie den Pass gleich mitnehmen. Und melden Sie sich bei nächster Gelegenheit einfach mal bei Ihrer alten Einheit! Die waren hocherfreut, zu hören, dass Sie noch unter den Lebenden weilen.“
Er stand wie vom Donner gerührt auf und folgte der Frau in den Fotoraum. Sein Bart störte eine zukünftige Identifikation, also entfernte er diesen sofort an Ort und Stelle. Das sollte keinen Hinderungsgrund darstellen. Bob wollte sein Glück nicht noch mehr herausfordern.
Das Foto war schnell gemacht, eingefügt, er erhielt in Minutenschnelle alle Privilegien zurück, die ein US-Bürger mit einem gültigen Pass weltweit genießen durfte. Obdachlos, staatenlos, würdelos, namenlos, nahrungslos, gnadenlos, sinnlos, lieblos waren passé. Er hätte die ganze Welt umarmen können!
Die Beamtin, Mrs. Betty Potter laut Namensschild, erhielt die erste Umarmung und ließ sich dies sogar lachend gefallen. Sie steckte ihm ein paar Pfundnoten zu, für ein Taxi. Bob war so gerührt, dass er sie jetzt küsste.
„Bring ich zurück! Sobald ich über Bargeld verfüge“, beteuerte er.
„Ach lassen Sie mal! Nicoles Freunde sind auch meine Freunde. Sie sind eingeladen.“ Noch lange winkend und Danke rufend, stieg er siegreich die Treppe hinab, die ihn vorher mit so viel Hohn empfangen hatte.
Er gestikulierte sich selbstsicher ein Taxi heran und ließ sich frohen Mutes zu Nicoles Hausboot zurückfahren.
Am Boot angekommen, empfing ihn eine wesentlich besser gelaunte Nicole, die längst durch Betty, die Freundin im US-Konsulat, informiert worden war.
Bob nahm sie stürmisch in die Arme, und zum ersten Mal tauschten sie einen zärtlichen Kuss aus. Nun salutierte Bob vor ihr mit geschwollener Brust und rief temperamentvoll: „Colonel Robert Duncan Leary ohne O meldet sich inoffiziell zum Dienst zurück, Madam. Hilfstrupp für Mördersuche bereit! Verfügen Sie über mich!“
„Rühren!“, kam von Nicole lachend zurück.
Bob nahm ihr Gesicht zwischen seine Hände und küsste ihr zärtlich die Lippen.
„Es ist fraglich, ob dein General dich sofort wieder freigibt für britische Jagdgesellschaften jeglicher Art. Nach einem Jahr wird er dich mit Haut und Haar sofort vereinnahmen wollen“, unterbrach Nicole Bobs neu erwachten Tatendrang.
„Nach einem Jahr wird es hoffentlich auf ein paar Tage nicht ankommen“, stellte Bob fest. „Hast du etwa mit ihm Kontakt aufgenommen?“, fragte er bestürzt.
„Das ist eine endlos lange Geschichte. Habe ich erledigt, als du geschlafen hast. Das erzähl ich dir mal bei Gelegenheit. Auf alle Fälle kommt ein Drache darin vor“, rief Nicole lachend, als sie den Salon in Richtung Kombüse verließ. Es war eine seltsame Angewohnheit von Nicole, einige Aussagen auf einen anderen Zeitpunkt zu verschieben und so eine gewisse Spannung zu erzeugen.
Bob folgte ihr und sah sie fragend an.
Sie ging nicht darauf ein und äußerte stattdessen: „Dein Gestrüpp ist ja weg!“ Nicole streichelte seine Kinnpartie. „Du bist ganz verändert!“
„Gefällt es dir wenigstens?“
„Vom ersten Blick an! Auch vorher.“
„Du hast so viel für mich getan!“
„Gerne geschehen, schöner Mann! Ich erkenne ein Juwel eben sofort.“
Kapitel 5/V – Grundkurs obdachlos
„Bob, es gibt unter Obdachlosen sicher auch eine Art Ehrenkodex, verschlüsselte Botschaften oder sonst was. Diese Gesetzmäßigkeiten treffen auf jede Gruppierung zu. Worauf müssen wir achten, wenn wir uns direkt vor Ort Informationen holen wollen, uns unter ihnen bewegen? Ich möchte gerne in Erfahrung bringen, ob die Mädels bekannt waren, ob sie etwas gemeinsam hatten, außer jung und blond zu sein.“
Bob nickte.
Das Trio war zu einer Art Brainstorming zusammengekommen und beleuchtete den Serienmordfall gemeinsam von allen Seiten.
„Ja die gibt es“, nickte Bob wider. „Gab es“, setzte er lächelnd hinterher.
Nicole verstand sofort. Sein Martyrium war vorbei.
„Zuerst einmal, jeder ist sich selbst der Nächste, wenn es um einen Schlafplatz, Nahrung oder Kleidung geht. Das Grundbedürfnis aller Outlaws. Eine Flasche Schnaps wird seltsamerweise geteilt. Ich habe nie gerne aus besabberten Flaschen von anderen getrunken. Überhaupt habe ich versucht, eine andere Wärmequelle zu finden. Zum Beispiel ein heißes Lüftungsrohr. Oder eben die Mission. Habe dort bei der Essensausgabe oft geholfen. Das brachte mir manchmal einen Schlafplatz ein …“,
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