Caesar erwacht!
abgekämpft aus. Was mochte er gesehen haben? Erst nach einer Verschnaufpause redete er. Seine Stimme klang geschwächt und seltsam brüchig: „Ich hatte eine grässliche Vision, die ich noch nicht deuten kann. Viele Menschen habe ich gesehen. Leblose Körper in einer Art Behälter. Trübe Flüssigkeit bedeckte sie. Nur einen Mann erkannte ich deutlich. Er starrte mich mit fast farblosen Augen an. In diesen Augen spiegelte sich das Bild blonder Frauen. Das könnte euer Mörder sein. Ich kann den Mann beschreiben. Ein Druidenschüler bringt dir das Bildnis morgen früh, Nicole. Einen Ort kann ich nicht genau bestimmen. Vielleicht ein Labor, südlich, Ausland. Entschuldige, aber etwas derart Entsetzliches habe ich noch nie gesehen. Ihr müsst das Puzzle selbst zusammensetzen. Ich bin sehr müde. Kommt gut heim!“, flüsterte er. Gowan übergab Nicole den Ring der letzten Toten und wankte aus dem Raum. So sehr hatten ihm seine Visionen zugesetzt.
Die drei schauten sich betroffen an. Bob hatte, seiner Meinung nach, eine Demonstration in weißer Magie erhalten. Er war ebenso wie Jo tief bewegt. Wortlos verließ das Trio das Haus und stieg ins Fahrzeug.
Die Rückfahrt war genau, wie die Privatdetektivin es vorausgeahnt hatte. Der Wind hatte enorm an Stärke zugelegt. Als hätte Gowan alle Himmelsmächte zum Kampf aufgefordert. Wirbelnde Windhosen erhoben sich dämonengleich und verlangten ein Opfer zur Besänftigung. Äste flogen auf die Straße, Dinge an den Straßenrändern, wie Zeitungsständer, die zuvor nicht festgezurrt worden waren, flogen auf die Motorhaube von Nicoles Fahrzeug. Menschen kämpften in Schräglage gegen den unbändigen Sturm an. Die Fahrt war ein reiner Höllentrip; sichtlich verkrampft, kamen sie nach vielen Stunden am Boot an. Auch in London wütete der Sturm und war mittlerweile zu einem ausgewachsenen Orkan aufgestiegen. Das schwere Boot schaukelte heftig an der Kaimauer; nur beschwerlich konnte man die Planken betreten. Es schien, als wollten sie einen wieder boshaft abwerfen.
Im Salon bot Nicole Jo einen Schlafplatz an Bord an. Es war zu gefährlich für einen Aufenthalt im Freien. Er nahm gerne an.
Beide Männer verabschiedeten sich sehr schnell und verschwanden in ihren Kojen.
Nicole blieb noch eine Weile wach, um das Gehörte zu verdauen. Schon oft hatte sie Gowan in Trance fallen sehen. In einigen Fällen sogar durch sie unterstützt. Sie wusste daher genau, welche Kräfte er freisetzen konnte und wie sehr auch ein Partner mit hineingesogen wurde. Ein Ungeübter konnte dabei arg in Mitleidenschaft gezogen werden. Nicole war jedoch auch im Kamasutra reichlich bewandert. Sehr praktische Erfahrungen, die aus ihr eine außergewöhnliche sexuelle Gespielin hervorgezaubert hatten. Sie sinnierte noch über die Bedeutung dieser Vision, konnte aber keinen Zusammenhang mit den Rippermorden erkennen.
Heute wirst du nichts mehr in Erfahrung bringen, sagte sie sich. Spare deine Kräfte für morgen!
Also legte auch sie sich ins Bett. Draußen heulte der Sturm, und das wankende Boot wiegte die drei Menschen, die nicht annähernd Ahnung davon hatten, welche großen Herausforderungen noch auf sie zukommen würden, in einen traumlosen, tiefen Schlaf.
Kapitel 4/IV – Der Gang nach Canossa
Nicole war am nächsten Morgen schon früh auf den Beinen. Die seltsamen Visionen von Gowan und die Sorge um Bob waren kein sanftes Ruhekissen gewesen. Nicole hatte äußerst schlecht geschlafen.
Fellington wird sich morgen Bob schnappen, wenn ich nichts vorzuweisen habe. Sie bemühte sich angestrengt, ihre kleinen grauen Zellen in Richtung einer Lösung zu aktivieren.
Du bist doch sonst so scharfsinnig. Was ist bei diesem verflixten Fall nur so anders?
In ihrem Kopf wechselten fortlaufend Bilder, wie auf einer Filmrolle. Riesenhafte Bottiche mit Flüssigkeiten, in denen weiße, seltsame Kreaturen schwebten. Ein humanoides Antlitz mit farblosen Augen wollte sich dabei nicht einschleichen. Nur dunkle, kreisförmige Sehorgane in dreieckigen, hellgrauen Schädeln.
Zu viele Science Fiction Filme, sinnierte sie und erinnerte sich an ihre Kinoerlebnisse des außerirdischen Genres.
Aber Gowan ist keinesfalls ein Kinogänger oder TV-Anhänger. Wie sollte er seinen Verstand mit so etwas verstopft haben?
Eine große Kanne mit Kaffee wartete auf dem Kombüsenherd, aus der Nicole sich schon drei Tassen in den nüchternen Magen geschüttet hatte. Entsprechend nervös schlich sie auf
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