Caesar erwacht!
von oben bis unten musterte. Es schien, als wenn nicht nur Nicole von ihrem Gegenüber wie paralysiert war.
Nach einer Ewigkeit kam Leben in ihn. Sovrano führte Nicole an der Hand zu einem Diwan und drückte sie sanft hinein. Er selbst blieb stehen und füllte eine dunkelgelbe Flüssigkeit aus einer Glaskaraffe in zwei Gläser, die er noch mit Wasser vermischte. Eines reichte er ihr mit einem höflichen „Bitte sehr, Wein und Wasser“. Ein Mann großer Worte schien er nicht zu sein.
Dann setzte auch er sich gemütlich zurecht, indem er ein Bein über das andere hob. Eine Zeit lang sagte niemand ein Wort. Ihre Blicke verschmolzen und verglühten in einer nie enden wollenden Ewigkeit.
Nicole musste sich zusammenreißen und sich aus ihrer Erstarrung befreien. „Vielen Dank für Ihre Einladung, Signore Sovrano. Welchem Umstand habe ich diese Ehre zu verdanken? Suchen Sie gute Storys, wie alle Filmschaffenden?“, versuchte sie vergeblich, einen Scherz zu machen.
„Wer weiß!“ Sovrano starrte Nicole zunächst nur mit einem tiefen Blick an. Nach vielen Minuten lüftete er endlich das Geheimnis seiner Einladung: „Sie sind eine wunderschöne Frau. Ihr Bild im Magazin wird dem Original nicht annähernd gerecht.“
„Vielen Dank. Zu gütig!“ Hat er mich kommen lassen, um mir Komplimente zu machen? Das habe ich nun von dem blöden Artikel.
„Sie erinnern mich an eine Frau, die ich vor langer …, sehr langer Zeit einmal kannte. Als wäre auch sie auferstanden!“ Diese Worte richtete Sovrano fast träumerisch an Nicole.
„Die andere Dame ist auch über Ihren Teppich gestolpert?“, griff Nicole seinen Kommentar auf. Er meint sicher „aufgestanden“?
„Eben diese. Sie wurde mir allerdings darin eingerollt überbracht.“ Jetzt lächelte er wieder. Die Erinnerung schien ihn zu amüsieren. „Sie war eine grandiose Frau. Wie Sie!“ Sein Blick haftete die gesamte Zeit auf ihrem Gesicht.
Frauen haben ja oft etwas sehr Kreatives in der Art, sich einem Mann anzubieten. In der Filmwelt wohl besonders. Aber was meint er mit „auch auferstanden“? Nicole grübelte über den Sinn seiner Worte nach. War? Also ist sie nicht mehr?
Sie wollte nicht in einer eventuellen Wunde rühren und fragte daher nicht nach weiteren Hintergründen. Er würde schon Auskunft geben, wenn ihm danach war.
Stattdessen stellte Sovrano Nicole eine höchst merkwürdige Frage: „Haben Sie schon einmal Ahnenforschung betrieben?“
„Wissen Sie, ich bin ein vollkommen gemischtes Wesen. Etwas deutsches, französisches, irisches und griechisches Blut ist wohl in mir“, meinte Nicole lächelnd. „Genaue Forschung ist da schwierig.“
„Griechisches?“, sprang er sehr interessiert auf diese Aussage an.
„Ja, wenn meine Recherchen richtig sind, auch griechisches“, Nicole schüttelte zum Beweis ihre herrliche, dunkle Lockenpracht.
Sovrano sah sie wieder schweigend an und drehte seinen Kopf in Richtung Innenhof. Irgendetwas schien ihn sehr zu beschäftigen.
Nicole wollte seine Gedanken nicht unterbrechen. Also schwieg sie mit ihm. Was war bloß in ihn gefahren? Anscheinend wallten durch ihre Ähnlichkeit mit einer anderen Frau Erinnerungen in ihm hoch, die entweder schön oder schmerzhaft waren. War das der Grund seiner Einladung? Sie persönlich kennenzulernen? Aber warum die Frage nach ihrer Herkunft? Nicoles Fotos im Magazin hatten ihn anscheinend magisch angezogen.
Ist er überhaupt verheiratet? Oder ist er auf der Suche? Nicole sinnierte noch eine Zeit lang. Zu seinem Privatleben war bisher nichts nachzulesen gewesen. Magazine und andere Medien mied er wie die Pest. Nicole konnte das gut nachvollziehen.
Sovrano guckte sie nach unendlich langer Zeit wieder an, und ihr schien es, dass seine Erinnerungen eher schmerzhafter Natur waren. Er lächelte wehmütig und wechselte plötzlich das Thema: „Sie jagen laut Magazin einen britannischen Serienmörder? Äußerst interessant!“ Anstatt britisch sagte er britannisch. Sein römisches Englisch war sehr charmant.
Nicole musste auch lächeln.
Einige Minuten saßen sie sich wieder stumm gegenüber. Dabei bemerkte sie, dass sich in dem Mann schon wieder eine Änderung vollzog. Sovrano nahm die lauernde Haltung einer Katze kurz vor dem Sprung auf eine Maus an. Dann setzte er sich unangenehm nah an Nicole heran und verschlang sie mit einem stechenden Blick. Die kurze Distanz genügte, um wieder dieses bizarre energetische Knistern auszulösen, welches Nicole
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