Caesar erwacht!
konnte man überleben. Außerdem habe ich das Gefühl, dass die Gallier wohl die Quelle für etwas waren, was man heute ‚Stille Post?’ nennt. Aufgrund von Entfernungen und Übertreibungen wurde beim Übermitteln von Nachrichten sicher so manche Tatsache übersteigert dargestellt oder kam beim Empfänger sogar völlig verdreht an.“
„Du hast recht. So habe ich das noch nie gesehen!“
„Um noch mal auf Caesars Gene zurückzukommen: Es ist nicht ganz klar, inwieweit diese Gene und der Charakter sich auf sein zweites Ich übertragen haben. Zumal auch Menschen und Umwelt den Charakter prägen. 2000 Jahre später müsste er sich also anders entwickelt haben.“
Nach Jos Meinung eventuell zivilisierter! Aber Nicole war weit davon entfernt, das Jahr 2006 als zivilisierter zu bezeichnen. Jo war sichtlich verwirrt. Es fiel ihm schwer, sich in eine andere Person oder Zeit hineinzuversetzen. Schon gar nicht, über menschliches Verhalten zu philosophieren. Nicole war aus anderem Holz geschnitzt und grundsätzlich offen für viele Möglichkeiten, sie konnte über einen begrenzten Horizont hinausblicken. Und nur in wenigen Ausnahmen gelangte sie an die Grenzen ihrer Toleranz, die sie jedoch noch kennenlernen sollte!
Sie diskutierten zwei Stunden lang, wie sie es schon unzählige Male zuvor getan hatten.
Jo ging aus solchen Debatten immer mit Kopfschmerzen hervor, weil er wie ein Brummkreisel ohne festen Standpunkt rotierte. Deshalb beließ es Nicole erst einmal dabei, um Jos überdrehtes Gehirn nicht noch mehr zu überfordern. Dabei bemerkten sie erstmalig, wie spät es geworden war und dass ihnen die Mägen schon geraume Zeit knurrten. Sie schlichen hungrig hinaus in die römische Nacht, auf der zivilisierten Jagd nach Beute. Der morgige Tag würde neue Erkenntnisse bringen. Doch Nicole musste eine schwierige Hürde nehmen. Sich nicht Sovrano, sondern dem antiken Übermenschen Caesar zu erkennen geben!
Kapitel 13/XIII – Täuschungen
Am nächsten Morgen klopfte es gegen 10 Uhr an Nicoles Tür. Ein Bote stand davor und überbrachte ein Paket mit dem Pseudo-Absender von Gowan. Das nannte sie Express-Sendung, innerhalb von zwölf Stunden. Sie riss die Verpackung auf: Die kleine Bronzevase kam zum Vorschein. Nicole verpackte das geheimnisvolle Behältnis erneut in Papier und verstaute es in ihrem kleinen Rucksack, den sie mitzunehmen gedachte.
Jo war losgezogen, um einige Bücher zu Caesar zu besorgen. Vor allem war Nicole an Caesars eigenen Berichten gelegen, über seine gallischen Feldzüge. Wer sonst könnte besser einen Einblick in sein eigenes Ich gewähren, als er selbst?
Um 11 Uhr klopfte es erneut an der Tür: Ein strahlender Jean-Luc betrat in den Raum. „Ma Chérie. Dein Tuntenritter kommt, um dich zu retten!“ Jean-Luc überfiel sein Schwesterherz mit lauten Schmatzern.
„Igitt, Jean, sei doch nicht immer so feucht!“, Nicole musste sich das Ergebnis seines Liebesbeweises aus dem Gesicht wischen. Aber sie lachte immerhin und freute sich riesig, ihn zu sehen. „Wie konntest du dich denn loseisen?“
„Mit einer kleinen Notlüge. Ich habe verlauten lassen, dass es eine Spur in Rom gäbe. Also hat man mich mit den Ermittlungen betraut“, verkündete Jean-Luc stolz. „Nun, wo brennt es? Was kann es hier für herausragende Ereignisse geben, die meinem Fall den Rang ablaufen?“ Jean-Luc war immer fürchterlich fröhlich und aufgekratzt. Von seinem oft tuntigen Benehmen mal ganz abgesehen. Kaum vorstellbar, dass dieser Mensch einen Fall tatsächlich mit ernsthaften, professionellen Absichten verfolgen konnte. Wer Jean-Luc nicht kannte, würde daran zweifeln.
Nicht so Nicole.„Bruder, ich habe einen Klon gefunden!“
Jean-Luc war augenblicklich konzentriert. „Wo, in welcher Stadt?“
„Hier, in Roma.“
„Welcher von den Fünfen ist es?“
„Von den Fünfen keiner!“
„Mach es nicht so spannend! Die Mädchen?“
„Nein, Jean-Luc, nicht die Mädchen.“
„Wer bleibt denn noch übrig? Es waren fünf Männer und fünfundzwanzig Mädchen. Wenn die nicht, dann bleibt doch nur … Oh nein, sag nicht er, der Superklon von Tiberius?“ Jean-Luc war ehrlich geschockt und wartete in höchster Spannung, dass seine Schwester endlich das Geheimnis lüftete.
„Ja, Jean-Luc, der Superklon von Tiberius.“ Jetzt war es heraus.
Jean war noch nicht zufrieden mit dem Ergebnis. „Mon dieu, Kindchen. Muss man dir alles einzeln aus der Nase ziehen? Wer ist es? Komm schon, sag
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