Caesar erwacht!
es!“, lockte er ungeduldig.
„Filmmogul Sovrano ist vermutlich Caesar!“
„ Der Caesar? Der Gallier dezimierende Caesar? Der unsere edlen Vorfahren zu Tausenden abschlachtete oder verschleppte? Na, dem werd ich was husten!“ Jean-Luc holte tief Luft. Er reagierte anders als Jo. Nicht so ehrfürchtig und euphorisch, sondern eher unbeeindruckt und pragmatisch.
Nicole müsste über seine Reaktion lachen. Leider war ihre schöne Dramatik, die sie eingebaut hatte, bei ihrem Bruder verpufft. Im Gegensatz zu Jo betrachtete Jean-Luc Caesar mehr aus einem nationalistischen Blickwinkel. Jo glorifizierte, während Jean-Luc kontrovers verdammte. Beides trübte den Blick auf tiefere Schichten. Jeans-Lucs vernebelter Blick jedoch war wie immer mit Humor gespickt, und er verkündete mit lautem Knall: „Wir werden einen neuen H’Astenix verfilmen müssen! H’Astenix und die Verschwörung der Antikerklone! Oder: Die späte Rache der neuzeitlichen Gallier. Druide Gowan als Orakeltrix.“ Jean-Luc deutete graziös einen langen, wallenden Bart und langes Haar an. „Jean! Hör auf! Mein Bauch tut mir schon weh!“, gluckste Nicole und schüttelte sich. Noch immer lachend, sagte sie: „Du scheinst den Ernst der Lage nicht zu begreifen. Wenn meine Vermutungen stimmen, ist der Mann kein künstliches Wesen wie die Hybriden. Er ist Caesar. Jede Zelle in ihm. Dann sieht er vermutlich aus wie er, und er denkt wie er. Er hat ein 2000 Jahre altes Vorleben.“
„Na hoffentlich nicht. Sonst versucht er wieder, sich bei uns zu bedienen. Ich möchte nicht versklavt werden. Soll nicht der Ausspruch von ihm stammen: Ich kam, sah und siegte? Veni, vidi, vici? ‚Vive la France!’ setze ich gerne dagegen”, Jean-Luc ballte temperamentvoll eine Hand zur Faust und streckte sie in die Höhe. „Er kann zur Abwechslung mal anderen europäischen Ländern auf die Nerven gehen. Oder Amerika! Wie wäre es mal dort? Die hatten außer Bürgerkriegen überhaupt noch kein inländisches Gemetzel durch ausländische Konquistadoren! Es wird Zeit …“
„Du vergisst Columbus!“
„Der hat Amerika entdeckt“, kam trocken von Jean-Luc.
„Und nach seinem Erscheinen wurden Tausende von Indianern abgeschlachtet. Ur-Amerikaner“, konterte Nicole. „Und doch wird er nicht als Schlächter bezeichnet. Oder ist mir in den Geschichtsbüchern etwas entgangen?“
„Touché! Ich gebe auf. Daran denkt ja niemand.“ Jean-Luc hob beide Hände und zeigte mit den Handflächen in Schulterhöhe seine Unterwerfung an.
„Wen immer du auch auf diesem Gebiet aufrufst, Jean, es kommt immer auf das Gleiche heraus. Den einen nennen sie einen großen Entdecker, den anderen einen blutrünstigen Eroberer. Das erinnert mich übrigens an einen sehr weisen Ausspruch von Bob.“
„Wie geht es ihm? Hat er von sich hören lassen?“
„Nein, Jean. Er weiß nicht mal, dass ich hier bin.“
Die Tür wurde aufgeschlossen: Jo kam hereingestürmt.
„Hallo, mein blonder, germanischer Engel“, wurde er von Jean-Luc freudig begrüßt.
Jo grüßte ebenfalls und lud dann seine gesammelten Schätze ab. Tatsächlich war es ihm gelungen, einige Bücher aufzutreiben, auch das Werk von Caesar, welchem Nicole einige persönliche Daten entnehmen wollte. Das war jedoch leichter gesagt als getan. Die meisten Bücher forderten exzellente Kenntnisse der italienischen Sprache. Und es handelte sich um ellenlange, historische Abhandlungen, die man nicht mal soeben schnell überfliegen konnte. Also hatte Nicole momentan keine Chance für eine effektive Vorbereitung. Der Zeitpunkt ihrer Abholung durch den Fahrer rückte näher. Sie musste Sovrano, oder wer immer er auch war, mit dem geringen Wissen, durch Jo eingepaukt, gegenübertreten.
Um halb zwölf Uhr fuhr das besagte schwarze Fahrzeug wieder vor.
Jo verblieb jetzt in Jeans Obhut. Beide erhielten von Nicole die Anweisung, die Bücher so gut wie möglich zu studieren. Dann entschwand Nicole aus dem Sichtfeld ihrer Männer, die sich große Sorgen machten.
Heute fuhr der Fahrer seltsamerweise eine andere Strecke. Am Ziel angekommen, wurde Nicole wie schon gestern von der Dienerschaft in einen Raum geführt. Ein festlich gedeckter Tisch war vorbereitet.
Sovrano ließ sie heute nicht lange warten. Aber von seinen Krankheitssymptomen keine Spur. Blendend aussehend, in ekstatischer Stimmung, kam er sehr eilig auf sie zugelaufen und begrüßte sie herzlich, indem er ihre Hand mit beiden Händen umfasste.
Nicole
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