Cäsar läßt grüssen
Verrücktwerden, wie man sich irren kann. War dies ein neuer Augustus, ein dicker?
Natürlich war er kein Augustus. Dazu war er zu unbedarft. Wahrscheinlich war er ein neuer Vespasian, dessen Jugend wir ja nicht kennen.
Die Römer waren so entzückt von der angenehmen Überraschung, daß sie ihn »amor et deliciae«, ihre Liebe und reine Freude nannten.
Seine Fürsorge zu erleben hatten sie sehr bald Gelegenheit. Er war genau zwei Monate an der Regierung, als sich die größte Naturkatastrophe der römischen Geschichte ereignete. Am 24. August 79 brach der Vesuv aus und verschüttete Pompeii, Herculaneum und Stabiae, drei blühende Städte, darunter den Stolz und das Kleinod der Römer: Pompeii.
Ein Ereignis, das inzwischen legendär geworden ist. Unendlich viele Geschichten ranken sich darum. Wie war es wirklich?
*
Der Vesuv, der schöne, friedliche, bis zum Gipfel begrünte und bewaldete Berg, gab nach tausendjähriger Ruhe die erste Vorwarnung im Jahre 62 mit eine plötzlichen starken Erdbeben. Die Geschichtsschreibung erwähnt es selten, in Wahrheit war bereits dieser Vorbote eine Katastrophe. Hilfe vom Staat war nicht zu erwarten, Nero hatte kein Geld. Die reichen Römer, die in dem bevorzugten, Luftkurort ihre Winterresidenzen hatten, ließen 'ihre eigenen Villen zunächst im Schutt liegen, um zuvor die Werkstätten und Läden aufbauen zu helfen. Es dauerte Jahre, bis die Spuren des Erdbebens beseitigt waren. Die Villen wurden jetzt prächtiger als zuvor restauriert, die damals schon berühmten Wandgemälde und Mosaiken ausgebessert, neue geschaffen. Dies alles vertrauend und dankbar, daß das Unheil, das man mit dem grünen Berg nicht in Zusammenhang brachte, vorüber war.
Der Ausbruch des tückischen Riesen am 24. August 79 n. Chr. überraschte Pompeii vollständig; überraschte die ganze Campania. Plinius minor (damals siebzehn Jahre alt, später berühmt durch seinen Briefwechsel mit Kaiser Trajan) hat in zwei Briefen an Tacitus den Hergang berichtet.
Der 24. August versprach, ein schöner Tag zu werden, sonnig und heiß wie die vorausgegangenen. Den ganzen Vormittag wehte ein leichter Wind aus Nordnordwest.
Herzlich uninteressant, nicht wahr? Ja. An diesem Tage aber von furchtbaren Folgen. Wäre der Wind von Osten gekommen, so würde die Katastrophe über dem Meer niedergegangen sein, und die Pompeianer hätten das grausige Schauspiel aus der Ferne von der Stadtmauer und von den Feldern beobachten können. Aber der Wind stand auf Pompeii.
Gegen ein Uhr mittags erschütterte ein leichter Erdstoß die Häuser, die Menschen liefen erschrocken auf die Straße und sahen zu ihrem Entsetzen, daß sich der Vesuv mit einer Feuergarbe geöffnet hatte und eine riesige Rauchsäule ausstieß, die in großer Höhe zu einem Atompilz explodierte. Neue Beben und ununterbrochene Ausbrüche schwefelgelber Qualmwolken riefen jetzt Panik hervor, es war wie der Weltuntergang. Der Rauchpilz bedeckte schon den ganzen Himmel und senkte sich langsam auf die Erde nieder. Es wurde dunkel wie bei einer Sonnenfinsternis, die Luft roch giftig und machte das Atmen zur Qual. Ein Staubregen begann niederzurieseln, und dann prasselten Bimssteine wie Hagel herunter, um wieder mit einem dicken Ascheregen abzuwechseln. Die Schichten zeichnen sich noch heute ab.
Die Menschen warfen sich auf die Pferde oder rissen die Wagen heraus zur Flucht. Andere rannten in die Häuser zurück, um sich vor dem heißen Ascheregen und der Pestluft zu schützen oder weil sie noch ihr Hab und Gut holen wollten. Sie haben es mit dem Leben bezahlt. Der tonnenschwere Steinhagel drückte die Dächer und Decken ein und begrub sie unter sich. Es werden etwa zweitausend Tote gewesen sein; andere Zahlen sind übertrieben. Bei den Ausgrabungen hat man viele von ihnen als Mumien in der sechs Meter hohen Asche wiedergefunden, so, wie sie erstickt oder verschüttet w r orden waren: die Arme schützend über den Kopf gehoben, unter eine Treppe gekauert, noch eine Preziose in der Hand.
Es wurde stockdunkle Nacht. Mit Fackeln bahnte man sich den Weg auf das freie Feld. Das gelang, denn kein einziger flüssiger Lavastrom hat die Stadt erreicht. Der Vulkanausbruch dauerte zwei Tage und zwei Nächte. Dann erst kam die Sonne wieder durch: Pom-peii und Herculaneum waren verschwunden. Ein ödes Steinfeld, kahl wie eine Wüste, zog sich bis zum Vesuv hin. Auch der Berg war nicht wiederzuerkennen. Kein Fleck Grün mehr, die Hänge zerklüftet, der riesige Kegel ein
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