Cäsar läßt grüssen
Sizilien und Sardinien anzuerkennen, er hat es unglaublicherweise bald darauf sogar wirklich getan. Das Volk verstand von all dem kein Wort; es atmete nur auf, daß der Albdruck des Bürgerkriegs von ihm genommen war.
Zu früh. Octavian verzieh nicht.
Während er Antonius betrachtete, kam ihm zunächst einmal ein ausgezeichneter Gedanke. Der Mann da vor ihm hatte gerade seine Frau verloren (Fulvia war, wie Indro Montanelli so schön schreibt, kurz zuvor vor Wut zerplatzt) — ein Witwer regte stets Octavians Gedanken an, er war ein leidenschaftlicher Ehevermittler. Zur Stunde lag allerdings nichts ferner, als Antonius zu verheiraten, und bei dem unerforschlichen Charakter Octavians bedeutete das, daß er im Gegenteil sofort daranging, ihm eine neue Frau zu besorgen, und zwar, um das Maß unserer Verwirrung voll zu machen: seine Schwester Octavia. Können Sie Mühle spielen? Wissen Sie, was eine Zwickmühle ist? Antonius wußte es nicht; er heiratete Octavia.
Dies alles passierte im Jahre 40.
Nun befand der edle junge Mann sich also wieder allein in Rom. Der nächste Schachzug war, Sextus Pompeius fertigzumachen. Das jüngste Stillhalteabkommen störte Octavian dabei nicht im geringsten, im Gegenteil, es gefiel ihm, den Pompeius-Sohn ahnungslos zu wissen. Weit schwieriger gestaltete sich die Frage, wie er fertig zu machen sei.
Durch Vermittlung seiner Schwester schwatzte er zunächst Antonius einen Teil der Orientflotte ab und versprach ihm im Austausch dafür drei Legionen, die Antonius nie zu sehen bekam. Dann stachelte er Lepidus auf, was nicht schwer war, denn Sextus und seine Piratenschiffe machten dem Alten in Afrika das Leben ziemlich einsam. Lepidus war Triumvir, darum war seine Stimme wichtig. Ansonsten hielt Octavian ihn bei Gott nicht für einen geeigneten Feldherrn. Nein, als Feldherrn gegen Sextus Pompeius setzte er auf einen ganz anderen Mann, auf einen Freund, so alt, so jung wie er selbst, das heißt, inzwischen sechsundzwanzig. Sechsundzwanzig! Unter Sulla hätte man da Regierungsrat werden können. Octavian hielt seinen Freund schlankweg für ein Militärgenie, so wie der Freund ihn für ein politisches hielt. Der junge Mann hieß Vipsanius Agrippa. Es lohnt sich, bei ihm einen Moment zu verweilen.
Wir kennen seine Büste, sie steht in den Uffizien in Florenz. Wenn man sie neben das Bild hält, das aller Wahrscheinlichkeit nach dem jungen Octavian am ähnlichsten ist, den Torso im Museum von Arles, dann glaubt man, die Unterschriften seien vertauscht. Agrippas Züge sind die des geborenen Herrschers. Alles, was der Volksmund als geballte Energie deutet, hat er: das »energische« Kinn (Fugger, Elisabeth I., Friedrich der Große, Briand, Goebbels, Mao, Chruschtschow hatten keines), die »kühne« Nase, den »herben« Mund und die »scharfen« Augen unter geraden Brauen. Er sah so ungemütlich aus, wie Octavian es war, und Octavian sah so gemütlich aus, wie Agrippa es in Wahrheit gewesen ist.
Mit keineswegs »kühner«, aber dafür untrüglicher Nase hatte Octavian die Fähigkeiten seines Kommilitonen frühzeitig gewittert, was eben deshalb so erstaunlich ist, weil er selbst nicht das geringste Urteil im Militärischen besaß. Im Jahre 40 bereits war es der damals zweiundzwanzigjährige Agrippa gewesen, der den Antoniusbruder im Auftrag Octavians besiegt und seinem Freund zu Füßen gelegt hatte. Jetzt stürzte Octavian ihn vertrauensselig in das Abenteuer eines ausgewachsenen Seekrieges. Der piratende Pompeiussohn war gewiß nicht von Pappe. Ein Jahr später wußte man, wovon Octavian schon immer überzeugt gewesen war: daß »nicht von Pappe sein« gegen einen Agrippa nicht genügte. In der Seeschlacht von Naulochos (bei Messina) im Jahre 36 schlug Agrippa den »Seekönig« vernichtend. Octavian war mit von der Partie, aber leider befiel ihn gerade, als der Kampf begann, eine solche Müdigkeit, daß er die Schlacht verschlief; dies nebenbei.
Das Schicksalsrad begann, in Schwung zu kommen. Lepidus beging die Unvorsichtigkeit, sich auch Sizilien in die Tasche stecken zu wollen. Octavian klagte ihn des Amtsmißbrauchs an und hatte keine Schwierigkeiten, ihn kaltzustellen. Danach zitierte er ihn nach Rom und überließ ihm die Planstelle des Pontifex maximus, das heißt, er schickte ihn in das Trappistenkloster. Der Senat setzte dem tüchtigen Octavian, dem Besieger des Piraten Sextus, dem Entlarver des gefährlichen Lepidus, dem Befreier von dem Gespenst der Hungersnot, eine goldene Statue. Die
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